Wie mit unerfülltem Kinderwunsch umgehen? 5 Tipps für die Psyche

Es ist bemerkenswert, wie sich Perspektiven unseres Lebens mit der Zeit ändern. Als junge Person hast du unzählige Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um eine Schwangerschaft zu vermeiden. Jetzt, in einer stabilen Beziehung, hat sich das, was du einmal als »Unfall« betrachtet hast, in deinen innigsten Traum verwandelt. Aber jeden Monat, wenn deine Menstruation beginnt, fühlst du eine Enttäuschung... es hat wieder nicht geklappt.

Der Kinderwunsch ist eine Achterbahn der Gefühle und ganz sicher nicht immer einfach.
Anna Wilken in »Wann ist es denn so weit?«

Nicht selten kommt es vor, dass Angehörige, Freund:innen oder Arbeitskolleg:innen aus reiner Neugier und ohne die Absicht, ihr Gegenüber zu verletzen, die Frage stellen: »Na wann ist es so weit?«. Dass dies den Druck bei Paaren mit bisher unerfülltem Kinderwunsch immens erhöht, bedenken viele bei dieser Frage oft nicht. Aber auch gut gemeinte Ratschläge, wie »Entspannt euch einfach mal!« oder »Dann adoptiert ihr eben.« begleiten beinahe jede Kinderwunschzeit.

Die Frage nach der Kinderplanung ist ein sehr sensibles Thema und man sollte sich dessen bewusst machen, dass der Kinderwunsch die Psyche von Betroffenen sehr belasten kann.

 

Was der unerfüllte Kinderwunsch mit der Psyche macht

Das Warten auf das lang ersehnte Baby ist eine Herausforderung, denn neben den medizinischen Aspekten kommt noch eine andere Dimension hinzu: die emotionale Belastung. Die Ungewissheit und das Warten auf Ergebnisse, das ständige Nachdenken und die Fragen nach dem Warum – das alles kann unglaublich zermürbend sein. 

Nicht wenige Betroffene fühlen sich oft verloren in einer Welt voller glücklicher Familien. Die unausweichliche Frage, warum es nicht klappt. Ständig kreisen die Gedanken um deinen unerfüllten Kinderwunsch und das konstante Hoffen und Bangen lässt kaum Platz für anderes. 

Wer einen unerfüllten Kinderwunsch hat, stellt oft den eigenen Selbstwert in Frage: »Alle werden schwanger, nur ich nicht«, … der emotionale Stress führt bei manchen sogar zu Ohnmachtsgefühlen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen und Depressionen.

Ständig die Frage: »Warum werde ich nicht schwanger?«. Vielleicht scheint alles in bester Ordnung zu sein und die Ärzte bestätigen dir, dass gesundheitlich alles im grünen Bereich ist. Vielleicht habt ihr auch bereits eine Diagnose erhalten und steht nun vor einem Berg von Informationen und Behandlungsmöglichkeiten.

Wenn sich ein sehnlicher Wunsch (...) nicht erfüllt oder nur sehr schwer, dann ist das schmerzhaft.
Anna Wilken in »Wann ist es denn so weit?«

Trotz dieser emotionalen Herausforderungen ist es wichtig, dass du hoffnungsvoll und geduldig bleibst, denn das Leben hat eine Art, uns positiv zu überraschen, wenn wir es am wenigsten erwarten.

Im Folgenden haben wir 5 ganz konkrete Tipps und Übungen für dich, die dir helfen sollen, deine Psyche zu stärken

 

5 konkrete Tipps für die Zeit des Kinderwunsches 

Doch es gibt Hilfe und Unterstützung da draußen, in professionellen Beratungsstellen und in der Gemeinschaft von Menschen, die sich in der gleichen Situation befinden. Du bist nicht allein, auch wenn es manchmal so scheint. Wir haben 5 Tipps, die dir helfen sollen, mit deiner ungewollten Kinderlosigkeit umzugehen.

1. Lass dich begleiten

Kinderwunschtherapie betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Seele. Das musst du nicht alleine schaffen! Such dir eine Therapeutin oder einen Therapeuten, der sich auf die Problematik spezialisiert hat.

Eine kurze Netzrecherche mit den Stichworten »Kinderwunschcoach« oder »Kinderwunschbegleitung« führen dich zu den richtigen Adressen. Eine solche Begleitung kann dir helfen, deine Gefühle zu verarbeiten und Wege zu finden, mit dem Druck und der Enttäuschung umzugehen. 

2. Tausch dich aus

Kinderwunsch kann einsam machen – gerade, wenn in deinem Freundeskreis die Bäuche nur so ploppen, kannst du schnell das Gefühl haben, dass du die Einzige bist, bei der nicht alles rund läuft. Such dir deshalb gezielt den Austausch mit anderen Betroffenen.

Der schnellste Weg führt hier über das Internet: Auf Instagram findest du unter #kiwu, #kiwumädels oder #kiwucommunity entsprechende Beiträge. Außerdem sind lokale Facebook-Gruppen sehr hilfreich – vor allem, wenn du schon eine genauere Diagnose hast und dich konkret hierzu austauschen möchtest. 

3. Pflege deine Partnerschaft

Im Kinderwunsch werden wir mit Gefühlen konfrontiert, die wahrscheinlich in der Partnerschaft nicht Thema waren – Enttäuschung, Wut, Trauer oder Schuld werden zu euren Begleitern.

Es ist wichtig, offen über diese Gefühle und Ängste zu sprechen und gemeinsam als Team zu handeln. Ob gemeinsame Therapiesitzungen, bewusste Dates oder einfache regelmäßige Gesprächsabende – für eure Beziehung ist wichtig, den emotionalen Abstand, der durch diese Gefühle entstehen kann, zu überbrücken.  

4. Setze Grenzen

Wenn es schmerzhaft ist, Baby-Partys oder Familientreffen mit vielen Kindern zu besuchen, dann ist es in Ordnung, auch mal »Nein« zu sagen. Du musst es nicht allen Recht machen. Setz deine eigene emotionale Gesundheit an erste Stelle – besonders in Zeiten, die dich sehr verletzlich machen oder anstrengend sind.

Wenn möglich, versteck dich nicht hinter Ausreden, sondern sei ehrlich zu deinen Mitmenschen. Ein einfaches »Es ist für mich gerade eine emotionale Zeit und ich schaffe es einfach nicht, zu kommen.« wird Verständnis und Unterstützung hervorrufen.

5. Lenk dich ab

Die Kinderwunschzeit ist eine herausfordernde Episode in deinem Leben und niemand kann dir sagen, wie sie ausgehen wird. Und auch, wenn es vollkommen normal ist, dass deine Gedanken ständig um dieses Thema kreisen – vergiss nicht, dass das Leben noch andere Facetten hat.

Kümmere dich um deine mentale Gesundheit. Dabei können dir Techniken wie Meditation oder Yoga helfen, aber auch andere Freizeitaktivitäten wie ein Kinoabend mit Freundinnen oder ein Konzertbesuch werden dir immer gut tun. 

Dies sind effektive Tipps, um dir die Zeit des Wartens zu erleichtern und deine Psyche zu stärken. Sobald du dich emotional wieder stabiler fühlst, kannst du dich wieder intensiver mit der Ursachenforschung und alternativen Behandlungsmöglichkeiten auseinandersetzen:

 

Mögliche Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches

Wenn ein Baby auf sich warten lässt, ist die erste Anlaufstelle deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt. In der Praxis wird zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch stattfinden, das deine Rahmenbedingungen klärt und potenzielle Ursachen für das Ausbleiben der Schwangerschaft eruiert. Das ähnelt ein bisschen der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn es gibt eine Reihe von Gründen, warum du nicht schwanger wirst: 

  • PCO (polyzystisches Ovarialsyndrom)
  • Endometriose
  • hormonelle Störungen
  • Anomalien in Uterus oder Eileiter
  • die Spermienqualität des Partners 
  • ein ungesunder Lebensstil uvm. 

Oft reicht es schon, an kleinen Schrauben zu drehen, damit sich eine Schwangerschaft einstellt. Manchmal ist aber auch eine aufwendigere medizinische Behandlung notwendig, um schwanger zu werden.

Abhängig von der Diagnose kannst du und dein:e Partner:in verschiedene Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen, von medikamentösen Therapien über operative Eingriffe bis hin zu assistierten Reproduktionstechniken wie IVF (In-vitro-Fertilisation) oder ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion). 

 

Unerfüllter Kinderwunsch – wie damit leben?

Eine Frage hängt wie ein Damoklesschwert über jeder Kinderwunschbehandlung: Was, wenn es gar nicht klappt? Werden wir glücklich trotz unerfülltem Kinderwunsch? Und wenn ja, wie?!

Obwohl es das Wort »Familienplanung« vorgibt, haben wir doch relativ wenig Einfluss darauf. Das anzunehmen, ist ein wichtiger und notwendiger Schritt, um mit dem unerfüllten Kinderwunsch umzugehen. Es kommt nicht automatisch so, wie wir es uns wünschen. Das zu akzeptieren bedeutet nicht, die Hoffnung aufzugeben, sondern sich der Realität zu stellen und auf verschiedene Szenarien vorzubereiten. 

Einige Paare entscheiden sich dafür, alternative Wege zur Elternschaft zu prüfen, wie Adoption, Leihmutterschaft oder Pflegschaft. Andere bleiben ihr Leben lang ungewollt kinderlos, binden sich aber eng an Nichten, Neffen oder Patenkinder. Nicht jede Möglichkeit ist für dich das Richtige, aber eine davon kann eine Möglichkeit sein, dir den Wunsch nach einer Familie zu erfüllen.

Insgesamt – und ganz unabhängig davon, ob sich dein Wunsch nach einem Kind erfüllt oder nicht – solltest du trotzdem darüber nachdenken, was Glück im Leben für dich wirklich ausmacht. Finde eine positive Einstellung zum Leben und stell dir selbst ernsthaft die Frage, worin du noch Erfüllung und Freude und Sinn im Leben finden kannst.

Das kann deine Karriere sein, ein Haustier, Reisen, Hobbys oder eine tiefe Beziehung zu anderen Menschen. Es ist möglich, dass dich etwas glücklich macht, mit dem du niemals gerechnet hättest. 

 

Fazit: Leben mit unerfülltem Kinderwunsch

Ein unerfüllter Kinderwunsch ist für jedes Paar eine große Herausforderung. Von den ersten negativen Schwangerschaftstest bis hin zu einer möglichen Diagnose oder therapeutischen Maßnahme – der Weg ist oft von Emotionen, Enttäuschungen und ständiger Hoffnung geprägt. Das ist sehr anstrengend. Mit Unterstützung, offener Kommunikation und der Bereitschaft, verschiedene Pfade in Betracht zu ziehen, können Paare aber Wege finden, trotz des unerfüllten Kinderwunsches ein erfülltes Leben zu führen.
 

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