Soziale Phobien überwinden mit 5 Übungen

Was ist eine soziale Phobie?

Menschen mit sozialen Phobien haben Angst, dass sie von anderen als lächerlich, peinlich oder merkwürdig empfunden werden, dass sie sich vor anderen blamieren oder die Erwartungen anderer nicht erfüllen können. Oft äußert sich diese Angst in Form von Erröten, Schwitzen oder Stottern. Weil Betroffene sich sorgen, dass andere diese Symptome bemerken könnten, verstärkt das die soziale Phobie meist sogar noch. 

Eine soziale Phobie gehört zu den Angststörungen. Grundsätzlich ist Angst ja ein Gefühl, das uns vor gefährlichen Situationen warnen soll. Was für die Steinzeitmenschen noch (über-)lebenswichtig war, kann heute ganz schön einschränkend sein. Menschen haben vor den unterschiedlichsten Dingen Angst, etwa vor Wasser, vor Höhen oder vor langen Wörtern. 

Wie alle Phobien können auch soziale Phobien unterschiedlich ausgeprägt sein: Während die einen einfach nervös sind, bevor sie einen Raum mit mehreren Menschen betreten, bringen andere beim Gespräch mit Autoritätspersonen kein Wort heraus.

Alltägliche soziale Situationen, die anderen Menschen sogar Vergnügen bereiten, erzeugen in sozialphobischen Menschen größte Angst.
Franca Cerutti

Soziale Phobien gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen – 15 bis 20 Prozent aller Menschen sind irgendwann im Leben einmal davon betroffen, Frauen noch häufiger als Männer. Meist treten soziale Phobien das erste Mal im Jugendalter auf. Wahrscheinlich können wir uns alle an Phasen in der Jugend erinnern, während der wir uns nicht so richtig wohlfühlen konnten in unserer Haut und deshalb eher schüchtern waren.

Solche Phasen der Unsicherheit gehören zum Leben dazu und werden normalerweise mit dem nächsten Entwicklungsschritt überwunden: Irgendwann schaffen es die meisten Jugendlichen wieder, unbefangen auf andere Menschen zuzugehen und mit ihnen zu interagieren.

Manche Menschen aber bewältigen diese Entwicklungsaufgabe nicht und fühlen sich auch im Erwachsenenalter unwohl in der Gegenwart anderer. Die Ursachen einer sozialen Phobie sind vielfältig: Bei der Entstehung spielen vermutlich die Gene eine Rolle. Aber auch Erziehung und Sozialisation haben einen starken Einfluss darauf, wie wir uns im Sozialleben verhalten.

Eine soziale Phobie kann ebenso durch bestimmte, traumatische Erlebnisse ausgelöst werden: Wenn wir uns einmal in einer bestimmten Situation tatsächlich blamiert haben, können uns in Zukunft Ängste vor ähnlichen Momenten quälen.

Menschen mit einer sozialen Angststörung empfinden einen außerordentlichen Druck, wenn sie in zwischenmenschlichen Kontexten funktionieren sollen.
Franca Cerutti

Woran erkenne ich eine soziale Phobie?

Gewisse Unsicherheiten kennen wir wahrscheinlich alle: vor der großen Präsentation für die Geschäftsleitung sind wir alle zumindest ein bisschen nervös, und auch im Privatleben gibt es viele Menschen, die einfach nicht gerne im Mittelpunkt stehen und eher introvertiert sind – von einer sozialen Phobie würde hier noch niemand sprechen. 

Wenn sich allerdings erwachsene Personen am liebsten verkriechen würden und die Wohnung nicht verlassen wollen, aus Angst, dass Menschen auf der Straße über sie lachen könnten, dann wirkt sich die soziale Phobie stark einschränkend aus. Letzten Endes ziehen sich Betroffene immer stärker aus dem sozialen Leben zurück und haben kaum noch Kontakte. Das kann soweit gehen, dass ihre soziale Phobie sie arbeitsunfähig macht. 

Wenn sich Betroffene dieser Phobie immer mehr isolieren, hat das häufig zur Folge, dass sie vereinsamen, und das kann möglicherweise auch eine Depression oder andere psychische Erkrankungen nach sich ziehen. 

Machst du dir Sorgen, dass du oder jemand in deinem Umfeld eine soziale Phobie entwickelt hat? Diese Verhaltensweisen können darauf hinweisen: 


1. Situationen, die große Angst hervorrufen

Die betroffene Person hat oft große Angst davor, im Mittelpunkt einer Gruppe zu stehen. Alle Situationen, wo das passieren könnte, werden aktiv vermieden: 

  • Vorträge und Präsentationen
  • Partys oder Essengehen
  • Sprechen in größeren Gruppen oder in der Öffentlichkeit

2. Körperliche Symptome bei der Angst, sich zu blamieren

Menschen mit einer sozialen Phobie haben dann Angst, dass andere diese Symptome bemerken und sich über sie noch lustiger machen könnten. Sie führt oft auch zu körperlichen Symptomen: 

  • Erröten
  • Zittern oder Schweißausbrüche 
  • starkes Stottern
  • starker Harn- oder Stuhldrang
  • Panikgefühle

 

Selbsthilfe bei sozialer Phobie

Grundsätzlich ist es vollkommen in Ordnung, sich vor sozialen Situationen unwohl zu fühlen. Wenn du aber wirklich eine soziale Phobie entwickelt hast, kann es schwierig sein, ein normales Leben zu führen. Wenn du den Verdacht hast, dass du dich selbst stark einschränkst, solltest du dich an deinen Hausarzt oder deine Hausärztin wenden. Sie können dich zu therapeutischen Möglichkeiten beraten und an entsprechende Stellen weiter verweisen. 

Wenn du das Gefühl hast, du könntest deine soziale Phobie selbst in den Griff bekommen – etwa, weil sie nur bestimmte Bereiche deines Lebens betrifft oder dich nicht stark einschränkt –, dann können dir auch folgende Übungen helfen, deine Angst in den Griff zu bekommen. Zu Beginn kann es schwierig sein, sich auf diese Übungen einzulassen. Sei geduldig mit dir und gib dir selbst die Zeit, die du brauchst. 


1. Erstelle eine Liste 

Notiere hier deine größten Ängste in deinem Journal. Dies können Verhaltensweisen sein, die du vermeiden möchtest, oder Situationen, die du meidest. Nachdem du deine Ängste aufgeschrieben hast, ist es zunächst wichtig, sie zu akzeptieren.

Kämpfe nicht dagegen an, sondern nimm sie als Teil deiner Persönlichkeit wahr. Versuche dann, dich immer wieder bewusst aus deiner Komfortzone herauszuwagen – am besten in einem sicheren Umfeld. 
 

2. Pflege ein positives Mindset 

Statt dir Sorgen zu machen, dass etwas schiefgehen könnte, denke über die positiven Aspekte einer Situation nach. Du kannst auch die Methode des Reframings ausprobieren. Auch wenn du vielleicht nicht das Ergebnis erhältst, das du erhofft hast, kannst du deinen Mut und deine Fähigkeiten schätzen, die Situation bewältigt zu haben.

Wenn du dich während eines Treffens unbehaglich fühlst, versuche, dich zu entspannen und die Situation zu nutzen, um deine sozialen Fähigkeiten zu verbessern.
 

3. Mach dir bewusst, dass du nicht alleine bist

Wenn du das Gefühl hast, dass du nicht gut genug bist, oder dir nicht zutraust, soziale Situationen zu meistern, ist es wichtig, dass du dich selbst annimmst und liebst. Es gibt viele Menschen, die mit sozialen Ängsten zu kämpfen haben – in jeder Gruppe, die du kennst, fühlen sich bis zu 20 Prozent der Menschen in bestimmten sozialen Situationen unwohl.

Du kannst also aufhören, dich mit anderen zu vergleichen. Stattdessen kann es nützlich sein, dich mit anderen in ähnlichen Situationen auszutauschen. Ihr könnt euch gegenseitig unterstützen und eure Ängste gemeinsam überwinden.

Soziale Angst Frau versteckt ihr Gesicht vor Spiegel

4. Nutze Imaginationsübungen

Diese Übungen funktionieren ähnlich wie Hypnose: Übe ganz bewusst, in sozialen Situationen locker zu bleiben. Atme dazu tief ein und aus und stelle dir dann eine Situation vor, in der du normalerweise Angst hättest. Erinnere dich nun daran, wie du dich bei anderen sozialen Ereignissen in der Vergangenheit entspannt und voller Selbstvertrauen gefühlt hast. 

Konzentriere dich darauf, wie sich dein Körper anfühlt und wie sich deine Ängste reduzieren. Je öfter du diese Übung durchführst und dir bestimmte Situationen positiv visualisiert, desto mehr geht dir diese Entspannung in Fleisch und Blut über.
 

5. Stärke dein Selbstvertrauen

Versuche, dich positiv zu sehen und deine Einzigartigkeit zu feiern. Fange an, dir selbst positives Feedback zu geben und stärke damit dein Selbstvertrauen. Erstelle zum Beispiel eine Liste von Dingen, die du an dir magst, und überwinde so deine Selbstzweifel. Vergiss nicht, dass du wertvoll bist und es wert bist, geliebt und akzeptiert zu werden. 

Vermeide es, negative Gedanken über dich selbst zu haben oder versuche, deine negativen Glaubenssätze in positive zu verwandeln. Finde ein Hobby oder eine Aktivität, bei der du dich wohl fühlst.

 

Fazit: Überwinde deine sozialen Phobien

Menschen mit sozialer Phobie haben im alltäglichen Leben oft erhebliche Einschränkungen zu bewältigen. Wenn du sehr nervös bist, bevor du eine Präsentation halten musst oder auf die nächste Party gehen willst, dann kämpfe nicht dagegen an, sondern akzeptiere die Angst als Teil deiner Persönlichkeit

Erinnere dich immer daran, dass du kein perfekter Mensch bist, wir aber alle die Chance haben, etwas dazuzulernen. Schrittweise kannst du deine soziale Phobie überwinden, etwa indem du Imaginationsübungen machst und dein Selbstvertrauen stärkst.

 

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