Authentisch sein: Einzigartig ist viel besser als perfekt

Hand auf’s Herz: Wie oft verhältst du dich nach Maßstäben, die in Betracht ziehen, was andere von dir erwarten? Als soziale Wesen sind wir so sehr darauf getrimmt, dass wir eher nach dem leben, was wir für vermeintlich gesellschaftlich richtig halten, als danach zu handeln, was unserer Persönlichkeit entspricht. Doch wie findet man sich eigentlich selbst und wie bleibt man sich treu, sobald man weiß, wofür man steht? 

 

Wie authentisch bin ich? 

Eigentlich sollte es doch leicht sein, sich so zu zeigen, wie man wirklich ist: Immerhin darf man dafür einfach seiner Persönlichkeit folgen, anstatt ständig verschiedene gesellschaftliche Faktoren miteinzubeziehen. Doch authentisch sein, das müssen viele von uns erst lernen. Denn schon kulturell neigen die Deutschen dazu, sich selbst nicht so zu präsentieren, wie es zum Beispiel in den USA Gang und Gäbe ist. Hier stellt man tendenziell sein Licht eher unter den Scheffel und handelt so, »wie es sich gehört«  – was auch immer das heißt. 

Dabei ist jeder Mensch einzigartig und genau diese Einzigartigkeit trägt zu der Vielfalt unserer Gesellschaft bei. Kein Mensch hat dieselben Erfahrungen gemacht wie du, selbst wenn ihr das Gleiche erlebt habt. Wir müssen uns also nur bewusst machen, wie man seine Authentizität findet und lebt. 
 

 

Was bedeutet es, authentisch zu sein? 

Bei Authentizität geht es darum, eine gesunde Balance zwischen individuellem, authentischem Verhalten und der Anpassung an deine Umwelt zu finden. Dabei ist es wichtig, sich nicht auf vermeintliche Schwächen zu konzentrieren, die dich klein halten können, sondern dir deine Prioritäten und Kompetenzen zurecht zu legen. Ein Beispiel

Du findest dich in einer Situation wieder, in der du etwas nicht weißt, lenkst aber schnell von deiner Wissenslücke ab, weil sie dir unangenehm ist. Du hast das Gefühl, dich besser auskennen zu müssen und bist peinlich berührt, dass du nicht besser Bescheid weißt. Du empfindest deine Unwissenheit als Schwäche. 

Aber: Diese vermeintliche Wissenslücke zeigt nur, dass dir in der Vergangenheit andere Dinge wichtiger waren. Authentizität hieße: zugeben, dass du nicht mitreden kannst, weil du nicht informiert bist. Vielleicht tut dir das ständige Verfolgen der Nachrichten auch nicht gut, weil es dich stresst und du deine Zeit stattdessen lieber mit Romanen, Meditation oder Spaziergängen verbringst. 

Wie bleibt man sich also selbst treu? Authentisch sein würde bedeuten, dass du den Mut hast, deine vermeintliche Schwäche zuzugeben. Dass du dir erlaubst, unvollkommen zu sein. Wenn du zu dir stehst, zu deinem Wissen und deinen Fähigkeiten, lebst du authentisch. Das Schöne daran ist: je authentischer du lebst, desto weniger Maßstäbe zum Vergleichen hast du. Denn das ständige Vergleichen mit anderen schadet der eigenen Einzigartigkeit und lenkt den Blick von dir selbst weg zu den anderen. 

Der Fokus liegt dann auf einmal nicht mehr auf deinen eigenen Stärken, sondern auf deinen Schwächen, die dir der Vergleich mit den anderen aufzeigt. Wenn du dir selbst treu bleibst, kannst du andere jedoch bewundern, ohne dich selbst infrage zu stellen. So kannst du dich unverstellt und authentisch geben und zeigst dich damit auch den anderen genau so, wie du bist – mit allem, was dazugehört. 

Erst, wer sich in Gänze zeigt, kann wirklich authentisch sein.
Maja Günther

Wie wird man authentisch? 

Das Wissen darüber, dass wir alle unterschiedlich sind, gibt uns letztendlich die Freiheit, unser Leben selbst zu schreiben. Wir alle haben die Freiheit, unsere Interessen selbst zu definieren. Dazu gehört etwas Mut, denn nicht jedes Interesse entspricht dem, was wir von außen als mehrheitlich »richtig« wahrnehmen. Wer einzigartig sein möchte, muss mutig sein, seinen eigenen Weg über die Meinungen anderer zu stellen.

Wenn du dir unsicher bist, wie du authentisch sein und dich in bestimmten Situationen gemäß deiner Persönlichkeit verhalten solltest, ohne anzuecken, führe im Geiste diese einfache Übung durch: 

Stell dir vor, du bist dein eigener Experte. Ihn kannst du jederzeit fragen und er weiß, was für dich das Beste ist, womit du dich gut fühlst und was dich zufrieden stimmt. Du gibst dir den einzig wichtigen Rat, der wertvoller ist als das, was andere sagen. Stelle dir das Verhalten vor, das du am liebsten zeigen würdest. Welche Konsequenzen hat es für dein soziales Umfeld? Was könnte im schlimmsten Fall passieren? 

Es geht bei dieser Übung nicht darum, egoistisch zu sein. Die Grenze zwischen Authentizität und Egoismus ist eine haarfeine. Mit jeder Entscheidung kommst du deiner eigenen Wahrheit aber näher. Sich in seiner Echtheit zu zeigen, heißt aber nicht automatisch, rücksichtslos zu leben. Es bedeutet allerdings, sich weniger anzupassen.

Einzigartigkeit bedeutet, unvergleichlich zu sein. Und das macht dich als Person so richtig spannend. Wenn du dir deiner Einzigartigkeit bewusst wirst, beginnst du, dein Leben aktiv zu leben. Mit allen Macken, Defiziten und Schwächen, aber auch mit deinen Interessen, Stärken und Kompetenzen. Du lebst so, wie du bist. Und nicht so, wie du solltest oder könntest. 

 

Und wie findet man sich selbst?

Kommen wir noch einmal zurück zum Thema Stärken: Wer sich seiner Stärken bewusst ist, kann seine Wahrnehmung ganz anders lenken. Weg vom ständigen Vergleichen mit anderen, hin zu einem In-sich-selbst-ruhen. Deswegen solltest du dir auf dem Weg zur Authentizität deine Stärken bewusst machen: Was zeichnet dich aus? Was bewundern andere an dir? Du kannst die Personen, die dir nahestehen, entweder direkt danach fragen oder aber du nimmst dir verschiedene Blätter, stellvertretend für diese Personen, und überlegst für dich selbst, was diese Personen über dich sagen würden.

Hier sind ein paar Beispielfragen für die Übung:

  • Was für ein Mensch bin ich? 
  • Was sind meine Fähigkeiten? 
  • Was sind meine Stärken? 
  • Was macht mich besonders liebenswert? 

Die Dinge, die du mehrfach aufgeschrieben hast, sind deine Kompetenzen. Sich dieser bewusst zu sein, hilft dir, selbstsicher durchs Leben zu gehen und auch in schwierigen Situationen einen klaren Kopf zu behalten. Du kannst weiterhin authentisch sein, anstatt in Verhaltensmuster zu rutschen, mit denen du dich im Nachhinein nicht identifizieren kannst. Hast du schon einmal eine Krise, klein oder groß, überstanden? Was hat dich stark aus dieser Situation herausgehen lassen?
 

Wie finde ich meine Kernkompetenzen?

Und noch eine Übung kann helfen, zu dir selbst zu finden und dir zu zeigen: Ich bin einzigartig. Diese Übung besteht aus einer Mindmap an Stationen, Tätigkeiten und Fähigkeiten. Nimm dir ein großes Blatt Papier (am besten A3) und schreibe deinen Namen in die Mitte. Um ihn herum kannst du nun alle Stationen aufschreiben, die dich geprägt haben und in denen du etwas gelernt hast: 

  • Stationen: Schule, Ausbildung, Auslandsaufenthalte, Familie, Klinikaufenthalte. 
     
  • Zu diesen Stationen schreibst du jeweils die Tätigkeiten hinzu, die du dort gelernt hast: Organisieren, Zuhören, Kommunizieren, Streiten, für eine Sache kämpfen. 
     
  • Von diesen Tätigkeiten geht es weiter zu Fähigkeiten – was hast du aus diesen jeweils gelernt? Kommunikation, Durchsetzungsvermögen, Kreativität etc. 

 

Diese Fähigkeiten sind deine Kompetenzen – unterstreiche diejenigen, die öfter vorkommen und du hast deine Kernkompetenzen

 

Deine Fähigkeiten, zusammen mit deinen Schwächen, bilden dein authentisches Selbst. Wer auch seine vermeintlich »schlechten« Seiten präsentiert, kann sich anderen als einzigartige Person zeigen. Das ist der Schlüssel zur Authentizität: sich ganz zu zeigen und nicht darauf zu achten, was andere an diesem Sein stören könnte. 

Denn das ist im Grunde das eine, was uns in unserer persönlichen Einzigartigkeit mit dem Rest der Menschheit vereint: unsere absolute (Un)vollkommenheit. Und die ist etwas, worauf wir stolz sein können. Denn einzigartig ist viel besser als perfekt. 
 

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