Bist du süchtig nach Anerkennung? So kannst du mit dem Lob-Bedürfnis umgehen

Deine Chefin lobt dich vor versammelter Mannschaft, weil du ein Projekt gut abgeschlossen hast. Dein Freundeskreis spricht noch Wochen später über das tolle Essen, zu dem du neulich eingeladen hast. Es fühlt sich wunderbar an, wenn dein Umfeld dich schätzt und dich das auch noch wissen lässt, oder? Lob und Anerkennung halten das Selbstvertrauen intakt. Wenn andere uns loben, fühlen wir uns in der Gemeinschaft angenommen. Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen: Soziale Anerkennung ist ein Grundbedürfnis. 

 

Anerkennung ist Wertschätzung

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Beinahe alles, was wir tun, ist darauf ausgelegt, unseren Artgenossen zu gefallen. Schon kleine Kinder wollen von ihren Eltern und Bezugspersonen gelobt werden und sie stolz machen. Nur im Austausch mit anderen können wir eine eigene Identität und Persönlichkeit entwickeln.

Diese Orientierung an der Gruppe war in der Frühzeit der Menschheit unsere Überlebensgarantie: Sie konnten nur in größeren Zusammenschlüssen überleben, indem sie sich gegenseitig versorgten. Soziale Ausgrenzung kam beinahe einem Todesurteil gleich, denn allein und auf sich gestellt konnte niemand überleben. 

Damals wie heute ist unser Verhalten also darauf ausgerichtet, mit anderen zusammenzuleben und gut klarzukommen. Anerkennung ist also ein wichtiges Element unseres sozialen Zusammenlebens. Sie ist wie ein sozialer Kompass, gibt uns Selbstbestätigung und ist deshalb eng mit unserem Selbstvertrauen verknüpft. 

Um unseren eigenen Fortbestand zu sichern, hat die Natur folgenden Mechanismus entwickelt: Lob, manchmal auch schon ein freundlicher Blick oder ein Lächeln – all das lässt unser Gehirn jubeln. Glückshormone werden ausgeschüttet, körpereigene Opiate sowie das Bindungshormon Oxytocin und wir werden entspannt, locker und fröhlich. Klingt nach einem schönen Zustand, oder? Genau deswegen gieren wir förmlich nach der nächsten Anerkennung, der nächsten Bestätigung. 

Wer als Kind vor allem für gute Leistungen Anerkennung erhalten hat, definiert sich auch als erwachsene Person meist ausschließlich über Erfolg.
Redaktion

Wenn Anerkennung fehlt

Wenn nun genau diese Anerkennung fehlt, dann werden viele Menschen unsicher, fühlen sich unsichtbar. Das liegt daran, dass der Dopaminhaushalt gestört wird, manche rutschen ohne soziale Anerkennung sogar in eine Depression

Wie genau wir darauf reagieren, hängt auch davon ab, welche Erfahrungen wir in der Kindheit mit Anerkennung und Lob gemacht haben. Wer als Kind vor allem für gute Leistungen Anerkennung erhalten hat, definiert sich auch als erwachsene Person meist ausschließlich über Erfolg. Ähnliche Verknüpfungen können auch in Bezug auf Schönheit und Aussehen oder soziales Verhalten entstehen. 

Soziale Anerkennung und Social Media

Auf sozialen Netzwerken hat Anerkennung und Aufmerksamkeit in den letzten Jahren noch eine ganz neue Bedeutung bekommen: Noch nie war es so einfach, sich seine tägliche Dosis Anerkennung zu holen – Likes und Kommentaren sei Dank.

Problematisch kann das sein, wenn das ganze Tun nur auf Likes und Herzen ausgerichtet ist. Denn die Anerkennung, die wir über Social Media erhalten, ist flüchtig und nicht nachhaltig.

Soziale Interaktion über Bildschirme kann das echte Leben mit realen Menschen nicht ersetzen. Hinzu kommt, dass Aufmerksamkeit und Präsenz über Social Media stark vom Algorithmus und damit programmierter Technik abhängt – dahinter steckt ein Geschäftsmodell und viel Geld. Trotzdem verwechseln viele von uns Likes & Co. mit echter Anerkennung und richten ihr ganzes Leben danach aus. Wenn du dich hier wiederfindest, versuche, dich für einige Zeit digital abzugrenzen.
 

Klatschende Hände und Beifall im Meeting

Die Sucht nach Anerkennung

Ob im digitalen oder im realen Leben, bei manchen wird das Lob-Bedürfnis so stark, dass man es als Sucht bezeichnen könnte. Wer sich nur über die Anerkennung durch andere definiert, ist ständigem Stress ausgesetzt, seinem Umfeld zu gefallen. Folgendes könnten mögliche Anzeichen für eine Sucht nach Anerkennung sein: 

  • Du stellst deine eigenen Bedürfnisse hinten an
  • Dein Tun und Verhalten ist nur darauf ausgerichtet, anderen zu gefallen. 
  • Du setzt dich selbst stark unter Druck, um anderen zu gefallen. 
  • Deine Gedanken kreisen meist oder häufig darum, wie du anderen Menschen gefallen könntest. 
  • Auf Ablehnung oder Kritik reagierst du empfindlich, enttäuscht oder sogar wütend. 

 

Was kann ich gegen meine Sucht nach Anerkennung tun? 

Wenn du feststellst, dass du immer nach dem berauschenden Gefühl der Anerkennung strebst und dabei deine eigenen Bedürfnisse hinten anstellst, dann solltest du dich zuerst nach dem WARUM fragen

Wem willst du gefallen und warum? Deine Sucht nach Anerkennung macht dich abhängig und unfrei. Deshalb ist das oberste Ziel, dich daraus zu lösen, damit du frei und selbstbestimmt leben kannst. 
 

1. Stärke dein Selbstwertgefühl

Ein erster Schritt kann dann sein, dein Selbstwertgefühl zu stärken. Denn du bist es wert, um deiner selbst Willen geliebt und gemocht zu werden – die Zuneigung anderer hängt nicht von deiner Leistung, deinem Aussehen oder deiner Aufopferung ab. Nimm dir Zeit für dich selbst und lerne deine eigene Persönlichkeit kennen.

Wenn du genau weißt, wer du selbst bist, was dir wichtig ist und wo deine ganz persönlichen Prioritäten liegen, kannst du dich selbst als Person wahrnehmen und dich selbst wertschätzen. 

Auch Selbstliebe ist wichtig für dein Wohlbefinden. Wenn du zu hohe Anforderungen an dich selbst stellst und zu hart mit dir ins Gericht gehst, setzt du dich unnötig stark unter Druck. Behandle dich stattdessen wie einen guten Freund, verwöhne dich selbst mit Geborgenheit und sei gut zu dir, dann kannst du bei dir selbst ankommen. 

 

2. Söhne dich mit dir selbst aus

Sollte dir das schwerfallen, kann es dir helfen, dein inneres Kind zu heilen. Gerade dein Umgang mit Anerkennung und Lob kann mit Erfahrungen in deiner Kindheit zusammenhängen – vor allem dann, wenn du keine glückliche Kindheit hattest und um die Gunst und Aufmerksamkeit deiner Eltern kämpfen musstest. Versöhne dich mit diesem Teil deiner Seele und lass alte Wunden heilen. 

Stelle dich deiner Vergangenheit, lass alte Glaubenssätze los und entdecke deine Bedürfnisse. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, sondern kann ein längerer Prozess sein. Trotzdem kannst du auch im Erwachsenenalter noch mit deiner Kindheit, deinen Eltern und Bezugspersonen ins Reine kommen. 

Wenn du süchtig bist nach Anerkennung, kann es auch sein, dass du überangepasst bist. Das bedeutet, dass du deine eigenen Bedürfnisse meist hinten anstellst, um anderen zu gefallen. Du willst es allen recht machen und möglichst nur positiv auffallen. Konflikte mit anderen sind dir ein Graus, meist gewinnt dein Harmoniebestreben. Für dein Seelenleben aber ist es wichtig, dass du dich aus dieser Überanpassung löst und für dich selbst einstehst. 

 

3. Lobe dich selbst

Entgegen aller Sprichwörter und Vorurteile: Eigenlob stinkt ganz und gar nicht! Wer die eigenen Errungenschaften positiv hervorhebt, wird gern als eingebildet oder überheblich bezeichnet. Aber warum eigentlich? Wenn du eine Präsentation besonders gut gehalten oder dir ein Gericht besonders gut gelungen ist, dann darfst du dir auch selbst auf die Schulter klopfen und sagen: »Gut gemacht!«

Eigenlob und Selbstwertschätzung ist nämlich eigentlich ein besonders wertvolles Instrument, um dein Selbstwertgefühl zu pampern: Nur du selbst kannst einschätzen, wie anstrengend eine Leistung wirklich war. Außerdem macht dich Eigenlob unabhängig von der Anerkennung anderer und löst dich vom Urteil anderer

 

Fazit: Du bist auch ohne Leistung wertvoll

Ein gesundes Bedürfnis nach Lob und Anerkennung ist ganz natürlich und Teil unseres Mensch-Seins – erst durch Anerkennung fühlen wir uns gesehen. 

  • Wenn du dich zu stark abhängig machst vom Urteil anderer, schränkst du dich selbst stark ein und machst dich unfrei. 
     
  • Ein erster Schritt, um die aus deiner Sucht nach Anerkennung zu lösen, wäre, dein Selbstbewusstsein zu stärken.
     
  • Mach dir bewusst, dass du auch ohne Leistung wertvoll bist. Dann wirst du lernen, auch mit Ablehnung umgehen zu können. 

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