Kinesiologie-Selbsttest: Seelische Blockaden lösen mit einem Muskeltest?

Was ist Kinesiologie?

Ein leises Zwicken hier, ein kurzes Zucken da, vielleicht aber auch langanhaltende Schmerzen – in den Augen der Kinesiologie können das alles Signale deines Körpers sein, dass etwas nicht stimmt. Denn die Kinesiologie geht davon aus, dass unser Körper mit uns kommuniziert. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und heißt so viel wie Bewegungslehre: kinesis bedeutet Bewegung, logos ist die Lehre. 

Väter der Angewandten Kinesiologie sind die amerikanischen Chiropraktiker George Goodheart und John Thie. Sie stellten in den 1960er Jahren einen Zusammenhang zwischen Muskulatur und dem Zustand bestimmter Organe her, indem sie Elemente der Chiropraktik, der Osteopathie und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verbanden: 

Sie gingen davon aus, dass sich eine Störung im Energiefluss in Form einer schmerzhaften Blockade niederschlägt und so direkten Einfluss auf Bewegung und Beweglichkeit hat. Negative Emotionen wie Stress, Angst oder Trauer beeinträchtigen die Energiebahnen im Körper und verursachen beispielsweise Muskelverspannungen oder Schmerzen, stören die Durchblutung oder den Hormonhaushalt. Durch die folgenden oder andere therapeutische Ansätze werden die Blockaden aufgelöst und die Energie im Körper kann wieder gesund fließen:

• Berührungen
• Bewegungen
• Tapping
• Atemtechniken
• Akupressur

Wie funktioniert der Muskeltest?

Um die Signale des Körpers zu deuten und den Sitz der inneren Blockaden zu finden, bedient sich die Kinesiologie des sogenannten Muskeltests. Dieser teilt sich in drei Phasen auf:

1. Vorbereitung

Ein bestimmter Muskel wird für den Test ausgewählt. Oft wird ein Muskel im Arm verwendet, aber es können auch andere Muskeln getestet werden – je nachdem, was untersucht wird und nach Vorlieben der behandelnden Person. Der Patient oder die Patientin bringt den Muskel dann stabil in eine spezifische Position, streckt den Arm beispielsweise aus. Dann übt der Praktiker oder die Praktikerin einen leichten, gleichmäßigen Druck auf den Muskel aus, um die Grundreaktion zu überprüfen.

2. Testung

Während des eigentlichen Muskeltests fordert der Kinesiologe oder die Kinesiologin den Patienten oder die Patientin auf, an ein bestimmtes Thema zu denken, ein Wort zu sagen oder ein bestimmtes Lebensmittel zu halten. Gleichzeitig wird erneut ein Druck auf den Muskel ausgeübt. Ein starker Muskel, der sich dem Druck widersetzt, wird als »positiv« oder »ja« interpretiert, während ein schwacher Muskel, der dem Druck nachgibt, als »negativ« oder »nein« interpretiert wird.

3. Interpretation

Die Reaktion des Muskels soll Hinweise auf Stress, Unausgewogenheiten oder Blockaden im Zusammenhang mit dem getesteten Thema geben. Ein schwacher Muskel kann beispielsweise darauf hinweisen, dass ein Lebensmittel nicht gut für den Körper ist oder dass ein bestimmter Gedanke oder ein Gefühl Stress auslöst. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird über die weitere Behandlung entschieden.

Anwendungsgebiete der Kinesiologie

Kinesiologie, insbesondere in ihrer Form als angewandte Kinesiologie, hat verschiedene Anwendungsgebiete. Folgende Fragestellungen könntest du mithilfe der Kinesiologie bearbeiten: 

• Ernährung: Verträgst du ein bestimmtes Lebensmittel? Welche Lebensmittel stärken dich? Welche rauben dir Energie? Was ist gesund für dich? 
   
• Emotionales Wohlbefinden: Wo liegen deine emotionalen Blockaden? Was sind die tief sitzende Ängste oder Traumata, die dein tägliches Leben beeinflussen? Wie kannst du alte, negative Emotionen loslassen?
   
• Körperliche Gesundheit: Welche körperlichen Beschwerden sind möglicherweise mit energetischen oder emotionalen Ungleichgewichten verbunden? Wie kannst du deinen Körper unterstützen, um Beschwerden zu lindern und dein allgemeines Wohlbefinden zu steigern?
   
• Lern- und Konzentrationsfähigkeit: Was hindert dich daran, effektiv zu lernen oder dich zu konzentrieren? Was kann dir helfen, dein Potenzial im Studium, in der Arbeit oder im Alltag voll auszuschöpfen? Hier kommt die sogenannte »Pädagogische Kinesiologie« (oder »Brain Gym«) zum Zuge. Sie wurde entwickelt, um insbesondere bei Kindern die Lernfähigkeiten zu verbessern und kann bei Konzentrationsproblemen, Dyslexie und anderen Lernschwierigkeiten unterstützen.
   
• Beziehungen: Gibt es wiederkehrende Muster in deinen Beziehungen, die auf innere Blockaden zurückzuführen sind? Blockieren dich bestimmte Denkmuster? Wie kannst du diese destruktiven Muster erkennen und verändern?
   
• Beruf und Karriere: Stehst du vor einer beruflichen Entscheidung oder fühlst dich in deinem Job unerfüllt? Könnten dahinter unbewusste Überzeugungen stehen? Wie kannst du diese erkennen und bearbeiten, um klare berufliche Entscheidungen zu treffen?

Die Bedeutung von Selbsttests in der Kinesiologie

Neben der Behandlung durch geschultes Personal spielen in der Kinesiologie Selbsttests eine wichtige Rolle. Mit ihnen können Patientinnen und Patienten jederzeit und selbstständig feststellen, welche Emotionen und Gedankenmuster sich auf ihren Körper auswirken. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden: 

• Ringtest: Forme mit den Daumen und Zeigefingern beider Hände jeweils einen Rind und »verkette« diese ineinander. Dann gib etwas Spannung auf die Kette und stell dir dann eine Frage bzw. denk an etwas Konkretes. Ein starker O-Ring (d.h. der Finger gibt nicht nach) wird oft als »ja« interpretiert, und ein schwacher O-Ring (der Finger gibt nach) als »nein«.
   
• Schnabeltest: Rechtshänder bilden mit Daumen und kleinem Finger der linken Hand einen Ring. Daumen und Zeigefinger der rechten Hand formen eine Art Schnabel. Dieser Schnabel wird nun benutzt, um den Ring der linken Hand auseinanderzudrücken. Hält der Ring, wird dies als »ja« gewertet, öffnet sich der Ring, steht das für »nein«. 
   
• Pendeltest: Einige Menschen verwenden ein Pendel, um energetische Reaktionen des Körpers zu testen. Dies wird zwar nicht direkt durch Muskelkraft gesteuert, basiert aber auf demselben Prinzip der energetischen Reaktion. Halte ein Pendel still über eine Substanz oder während du an ein bestimmtes Thema denkst und beobachte die Bewegungsrichtung des Pendels.

Wichtig ist, dass die Kinesiologie-Selbsttests keine eigenständige Behandlungsmethode sind, sondern ein Hilfsmittel im Alltag. Sie eignen sich eher für spezifische Fragestellungen, etwa: 

• Ist es eine kluge Entscheidung, wenn ich mir diesen teuren Pullover kaufe? 
• Welches Gericht möchte ich im Restaurant bestellen? 
• Sollte ich dieses VHS-Seminar besuchen oder nicht? 
• Ist mir heute eher nach gemütlichem Fernsehabend oder einem lustigen Treffen mit Freundinnen und Freunden? 
• Möchte ich heute Yoga oder Zumba machen? 

Richtig ausgeführt und interpretiert kann dir eine Selbsttest-Methode dabei helfen, dich selbst, deinen Körper und deine Bedürfnisse besser kennenzulernen. Wenn du nach einem Werkzeug suchst, um besser mit alltäglichem Stress umzugehen oder einfach nur eine neue Methode ausprobieren möchtest, um deine Selbstwahrnehmung zu verbessern, können kinesiologische Selbsttests ein interessanter Ansatz sein. Für medizinische und psychotherapeutische Fragestellungen solltest du dich aber in professionelle Behandlung begeben.