Kopf frei bekommen: 6 Übungen für mehr Konzentration

Hast du nach einem langen Arbeitstag im Büro oder einer Woche mit vollem Terminkalender auch manchmal das Gefühl, dass dein Kopf sprichwörtlich raucht? Kein Wunder – die gesellschaftlichen Erwartungen, der Druck in der Arbeit und das Vergleichen mit Anderen legen die Messlatte immer höher. Bei vielen kann das den eigenen Perfektionismus immer weiter vorantreiben. 

Das kann im schlimmsten Fall soweit gehen, dass sich die anfänglich steigende Leistung und das Ansehen in der Gesellschaft ins Gegenteil umkehren, und man im dauerhaften Burn-On gefangen ist und nur noch funktioniert. Aber auch wenn du »nur« von Grübelattacken und nächtlichen Gedankenkarussellen geplagt wirst, kann das deine kognitiven Fähigkeiten im Alltag schon deutlich einschränken. 

Um sich von den Sorgen abzulenken und den Alltagsstress zu kompensieren, konsumieren viele Betroffene nur noch oberflächlich und vor allem am Bildschirm. Sei es durch spontane Shoppingtouren im Internet, Netflix schauen oder Daddeln am Handy – Hauptsache, das Gehirn bekommt eine schnelle Belohnung und der Kopf kann abschalten. Dieses vermeintliche »Abschalten am Handy« gemütlich auf dem Sofa ist aber gar nicht so erholsam, wie man häufig denkt.

Das Zu-viel und Alles-auf-einmal verursacht nämlich nicht nur Stress, sondern bewirkt mittel- bis langfristig auch teils gravierende Leistungsverluste.
Dr. Volker Busch

Wie der Medienkonsum deine Konzentration und Erschöpfung beeinflusst

Laut einer im Februar 2021 veröffentlichten landesweiten Befragung der Techniker Krankenkasse mit dem Titel »Schalt mal ab« zeigte, dass 76 % nahezu ständig online waren, bei den jüngeren Personen sogar 92 %. Die Ergebnisse belegten zudem einen statistischen Zusammenhang zwischen einem hohen Medienkonsum und einer schlechteren Gesundheit durch Effekte wie Nervosität, Konzentrationsstörungen und Depressivität. 

Je stärker die Probanden ihre Aufmerksamkeit im Internet oder TV teilen mussten, desto höher war außerdem der Grad der subjektiven Erschöpfung. Auch wenn es nur unbewusst geschieht, die Menge an Informationen, die wir täglich konsumieren, ist wirklich enorm. Hättest du gedacht, dass der Großteil der Bevölkerung laut einer Studie der University of California durchschnittlich 11 Stunden pro Tag vor dem Bildschirm verbringt?

Kein Wunder, dass unser Kopf manchmal einfach voll ist – er ist eben mental verstopft.

 

Das Phänomen der mentalen Verstopfung (»cognitive constipation«)

Unser Konsumverhalten ist oftmals so oberflächlich, dass größere Zusammenhänge gar nicht mehr richtig erfasst werden. Wenn alles schnell gehen muss, bleibt eben keine Zeit mehr für großes Nachdenken oder Reflektieren. Aber wenn nur noch das Ungefähre reichen muss, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass man Fehler übersieht oder auf Tricks hereinfällt, wie einige lustige Experimente beweisen.

Kennst du das Experiment auf dem Campus der Western Washington University, bei dem ein Clown auf einem Einrad über das Gelände fuhr? Während immerhin jede:r Zweite ohne digitale Nutzung den Clown wahrgenommen hatte, lag der Anteil der Musik-Hörenden bei 35% und bei den Handynutzer:innen nur bei 8%. Was meinst du, hättest du den Clown wahrgenommen? 

An diesen Wahrnehmungs-Experimenten wird deutlich, dass unser Gehirn nur dann Objekte oder Situationen enkodiert, wenn unser Scheinwerfer direkt den Fokus darauf legt. Denn erst dann wird uns der Reiz bewusst und kann vom Gehirn verarbeitet und zumindest kurzfristig gespeichert werden. 

 

In einer reizdurchfluteten Welt wird die kluge Auswahl von Informationen zunehmend wichtiger, um das Wichtige nicht zu übersehen, das Relevante im Gedächtnis zu behalten und das Gute zu genießen.
Dr. Volker Busch
Kopf frei bekommen für bessere Konzentration

Konzentrationsprobleme? Mit diesen 7 Tipps bekommst du den Kopf frei

Wahrscheinlich kennst du das auch: man ist so darauf fokussiert, möglichst alle Informationen gleichzeitig aufzusaugen, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Es ist dabei aber völlig normal, dass man eine große Anzahl der aufgenommenen Sinneseindrücke ausblendet. Es geht nämlich weniger um das »Wie viel« als vielmehr um das »Was«.

Wie dir das gelingt und du dich wieder auf das Wesentliche im Hier und Jetzt konzentrieren kannst, zeigen wir dir im Folgenden:


1. Gedächtnistraining: hab kleine Datenpakete im Kopf

Genau wie du deinen Körper trainieren musst, um fit und agil zu bleiben, solltest du auch dein Gehirn trainieren, z.B. mit Neuroplastizitäts-Übungen, um dein Erinnerungsvermögen und deine Konzentrationsfähigkeit zu trainieren. 

Auch wenn wir heutzutage sehr verwöhnt sind durch Passwortmanager, Taschenrechner und Online-Kalender – versuche, dein Gedächtnis auf Trab zu halten, indem du dir Telefon- und PIN-Nummern, Geburtstage oder Einkaufslisten einfach im Kopf merkst. Oder du spielst beim Wandern oder Spazierengehen das aus kindheitstagen bekannte Spiel »ich packe meinen Koffer« oder »ich kaufe ein«. 

 

2. Digital Detox: Kopf abschalten beim Buchlesen

Metaanalysen haben gezeigt, dass das Textverständnis beim Lesen von digital aufbereiteten Texten via Bildschirm deutlich geringer ausfällt als bei der Lektüre eines Buches. Der Grund dafür liegt darin, dass man online tendenziell schneller über den Text scrollt und von Werbeanzeigen oder aufploppenden E-Mails oder Textnachrichten abgelenkt wird. 

Beides fördert die geistige Ungenauigkeit bei der Enkodierung und kann dazu führen, dass du dich viel lückenhafter an den Inhalt erinnerst. Zudem kannst du in einem Buch viel tiefer in das Geschehen eintauchen, alles um dich herum vergessen. Probiere es für den Anfang mit einem Digital Detox Abend in der Woche oder nutze den Urlaub dafür, um den Kopf freizubekommen.
 

Stay focused

3. Vergiss Multitasking und sei präsent und achtsam bei allem, was du tust

Wir alle kennen es: der Partner oder die Partnerin erzählt einem eine Geschichte seines Tages und man selbst ist beim zweiten Satz schon ausgestiegen und mit den Gedanken bereits bei den Aufgaben des nächsten Tages. Dass dabei wenig Informationen hängen bleiben und einem so potenziell Chancen entgehen oder Fehler passieren, ist vorprogrammiert. 

Versuche daher, dich in solchen Momenten ganz bewusst auf dein Gegenüber zu konzentrieren und präsent zu sein. Das gleiche gilt auch für alle anderen geistigen Tätigkeiten, die du ausübst, wie z. B. Bücher lesen, Filme schauen, Texte schreiben, planen etc. Diese Präzision deiner Wahrnehmung erhöht nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass deutlich mehr hängen bleibt, sondern auch dass du die einzelnen Momente mehr genießen kannst. 

 

4. Bewusste Wahrnehmung: achte auf die kleinen Dinge im Alltag 

Wie die Experimente zuvor gezeigt haben, sind es häufig die großen und auffälligen Dinge, die einem im Kopf bleiben, während die kleinen Details oft übersehen werden. Dabei sind es manchmal gerade die kleinen Dinge und Momente, die einem den Tag versüßen und die Sicht auf die Welt verändern können. 

Wenn du das nächste Mal in einem Café sitzt oder auf die Bahn wartest, versuche, dich ganz gezielt auf Bereiche zu konzentrieren, denen du sonst weniger Aufmerksamkeit schenkst. Das können z. B. ein dampfender Tee oder duftender Kaffee sein, der Wind beim Einfahren der U-Bahn oder der Regentropfen in der Pfütze. Du wirst sehen, dass dein Kopf danach freier ist. Und wenn du geduldig bist, kannst du auch nachhaltig deine Wahrnehmung erweitern.

 

5. Fokuszeit: steigere deine Leistung und vermeide Fehler 

Der Neurowissenschaftler, Arzt und Autor Dr. Volker Busch bat in einem Experiment seine Teilnehmer:innen Zahlen von 1 bis 26 und anschließend die Buchstaben A bis Z jeweils untereinander auf einem Zettel zu notieren. Im Anschluss sollten die Teilnehmer:innen immer abwechselnd Zahlen und Buchstaben also 1 A, 2 B usw. notieren. Die Seminarteilnehmer:innen benötigten für den zweiten Teil der Aufgabe ca. 20-30 % mehr Zeit und ihre Fehlerrate verdoppelte sich, obwohl die Tätigkeit bzw. das Ergebnis das exakt gleiche war. 

Mit diesem Experiment konnte Volker Busch zeigen, dass man durch ständiges Hin- und Herwechseln von verschiedenen Aufgaben, sowohl zeitlich ineffektiv arbeitet, also auch mehr Fehler macht. Er rät dir für besonders wichtige Aufgaben, die deine völlige Konzentration benötigen, vormittags eine Stunde Fokuszeit zu nehmen, in der du dich von nichts ablenken lässt, bis du die Aufgabe erledigt hast. Gegen Nachmittag kannst du dich dann eher den kreativen Aufgaben widmen, die auch durch kurze Ablenkungen weniger fehleranfällig sind.

 

6. Mut zur Lücke: Aufmerksamkeitsrückstand mit Atempausen mindern

Bereits relativ kurze Unterbrechungen einer Aufgabe oder Tätigkeit, können eine große Wirkung auf deine Konzentration haben. In einem Experiment der Michigan University wurden 300 Probanden während einer Konzentrationsaufgabe mit ständigen kurzen Störungen geärgert. Dabei stieg ihre Fehlerrate bereits bei einer 2,8 Sekunden dauernden Störung auf das Doppelte. 

Wenn du auch Schwierigkeiten dabei hast, nach einer kurzen Unterbrechung durch eine E-Mail oder einen Anruf zurück zu deiner Tätigkeit zu finden, mache aktiv eine Pause, bevor du zurück zur ursprünglichen Aufgabe wechselst. Nutze sie für eine kurze Ziva-Meditation, schaue aus dem Fenster oder gehe ein paar Schritte. Fokussiere dich auf deinen Atem und du wirst sehen, dass du dich bereits nach 4-5 tiefen Atemzügen besser konzentrieren kannst. Siehe die Unterbrechung als Chance, um den Kopf freizubekommen und deine Kreativität zu steigern. 

 

Fazit: Wie kriege ich meinen Kopf frei?

Richtig frei im Kopf wirst du wahrscheinlich erst, wenn du dir wirklich bewusst wirst im Umgang mit Technologien und Informationen. Stelle dir dafür am besten immer mal wieder folgende Fragen: 

  • Was lasse ich in meinen Kopf? 
  • Wie viel Konsum tut mir gut? 
  • Welche Informationen brauche ich überhaupt, und was stelle ich mit ihnen an? 
  • Wo übe ich ganz bewusst Verzicht? 
  • Und wann komme ich in Kontakt mit mir selbst?

Wenn dein Kopf nach dem Lesen dieses Artikels wieder mal voll ist von neuen Informationen, versuche es doch noch mit einem unserer Tipps für klares und fokussiertes Denken

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