Schwere Zeiten überstehen: So lassen sie uns wachsen
Wie wir Lebenskrisen bewältigen und neue Orientierung finden
Was ist eine Lebenskrise – und wie zeigt sie sich?
Vielleicht bist du eine:r der Glücklichen, die sich nichts unter einer Lebenskrise vorstellen können – weil sie noch keinen Kontakt damit hatten oder sie nicht als solche wahrgenommen haben. Vielleicht bist du aber auch jemand, der schon mehrere Krisen durchleben musste und sich immer wieder fragt: »Wie schaffe ich es da raus?«
Eine Lebenskrise kann plötzlich oder schleichend in unser Leben treten und uns tief erschüttern. Beispiele dafür sind:
- der Tod oder Verlust eines geliebten Menschen
- eine Trennung oder Scheidung
- eine toxische Beziehung
- finanzielle Probleme
- ein Jobverlust
Wir fühlen uns dann häufig ohnmächtig, hilflos, voller Kummer und haben das Gefühl, unser Leben gleitet uns aus den Händen. Je nachdem, wie viele Krisen du parallel durchläufst, steigt die Belastung. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Umgang mit Lebenskrisen lernen und uns von schweren Zeiten erholen können.
Warum schwere Zeiten uns auch wachsen lassen können
Vielleicht ist in dir der Gedanke vertraut: »Ich will keine schwierige Zeit und ich will keine Krisen. Ich will nur Glück und Freude in meinem Leben.« Der Gedanke ist nachvollziehbar. Jedoch gibt es nicht ohne Grund das Sprichwort »Ohne Schatten kein Licht.« Doch was bedeutet das überhaupt?
Es bedeutet, dass wir – so hart es auch erscheinen mag – die schlechten Zeiten im Leben brauchen, um die guten schätzen zu können. Um dankbar sein zu können, aber auch um zu wachsen. In jedem Ende liegt ein neuer Anfang, und wir erkennen oft erst die Bedeutung, wenn wir aus unseren Erfahrungen lernen und dadurch:
- in Kontakt mit unseren wahren Bedürfnissen kommen,
- lernen, Grenzen zu setzen,
- herausfinden, welche Beziehungen und Strukturen uns wirklich guttun und
- unseren geistigen Horizont erweitern.
Kennst du jemanden, der gesagt hat: »Ohne diese schlimme Erfahrung hätte ich heute nicht XY«? Das ist jemand, der oder die genau diese Erfahrung gemacht und eine schwierige Zeit überstanden und daraus gelernt hat.
Doch wie kann es auch dir gelingen, einfacher mit Lebenskrisen umzugehen?
5 Strategien zur Bewältigung von Lebenskrisen
Den Umgang mit Krisen zu lernen ist wichtig, da sie uns ansonsten überfordern und belasten können. Daher haben wir hier fünf Strategien für dich, angelehnt aus dem Buch »Coming Home«. Autor Lars Amend beschreibt darin seine persönliche Lebenskrise: Die Beziehung zu seiner erkrankten Mutter und wie diese selbst am Sterbebett ihrem alten Schutzmuster – sich vor ihm zu verschließen – treu geblieben ist. Er erzählt, wie er einen gesunden Umgang mit diesem Schmerz gelernt hat.
1. Strategie: Gib den Gedanken auf, andere »retten« zu können
Wenn Menschen, die wir lieben, schwere Zeiten durchmachen, haben wir unsere ganz eigenen Gedanken und Gefühle und interpretieren oft eigene Erfahrungen hinein. Wir denken dann über unser Gegenüber so etwas wie:
- »Wenn er doch nur XY machen würde, dann könnte er …«
- »Ich muss ihr das unbedingt deutlicher machen, dann sieht sie ganz sicher, dass sie falsch liegt.«
- »Wenn ich ihm genug zeige, dass es möglich ist, dann wird es auch für ihn möglich.«
Die Wahrheit ist: Dem ist nicht so. Selbst als Lars Amend seine Mutter am Sterbebett unter Tränen und in einem Brief gebeten hat, sich zu öffnen – weil er überzeugt davon war, so könne sie sich frei machen und beide ihre Heilung finden –, konnte sie es nicht.
Und es ist auch nicht unsere Aufgabe, andere zu retten und darauf hinzuweisen, was sie tun sollten, selbst wenn wir meinen, es besser zu wissen. So hart es auch sein kann: Hier darfst du einen liebevollen Umgang mit dir selbst lernen und die Entscheidung deines Gegenübers akzeptieren. Du musst niemanden retten, du darfst dich frei davon machen.
2. Strategie: Sieh die Zeit nicht gegen, sondern für dich
In schwierigen Zeiten denken wir im ersten Moment häufig, uns läuft die Zeit davon oder wir haben keine Zeit mehr. Manchmal wünschen wir uns auch, dass die Zeit schneller vergeht, damit es nicht mehr so weh tut. Damit machen wir die Zeit jedoch zu unserem Gegner.
Besser ist: zu verstehen, dass die Zeit auf unserer Seite ist. Sie heilt nicht alle Wunden, aber sie öffnet uns den Raum für Heilung und Vergebung. Du lernst – gemeinsam – mit der Zeit, Hilflosigkeit und Kontrollverlust loszulassen.
Wichtig: Lass dich auch von außen niemals unter Druck setzen. Niemand hat darüber zu entscheiden, in welchem Tempo du heilst. Dafür hast du alle Zeit der Welt und die darfst du dir auch nehmen.
3. Strategie: Nicht alles muss einen tieferen Sinn haben
Oft hören wir in schweren Krisen: »Wer weiß, wofür es gut ist. Das hat bestimmt einen tieferen Sinn.« Aber nicht alles muss einen tieferen Sinn haben. Insbesondere Schicksalsschläge sind für unseren Verstand nur sehr schwer zu begreifen – und das darf auch so sein.
Der Prozess des Schmerzes wird dich formen und einen stärkeren Menschen aus dir machen. Dafür braucht es aber keinen tieferen Sinn, sondern deine Bereitschaft, dich auch an das Unbequeme zu gewöhnen und jeden Tag einen neuen Schritt zu gehen.
Wenn dir der Gedanke Kraft gibt, dann darfst du natürlich nach einem tieferen Sinn suchen, aber genauso darfst du den Schmerz ohne tieferen Sinn dahinter fühlen.
4. Strategie: Sei immer offen, Neues zu lernen
Oft glauben wir, wir wüssten schon alles. Das ist ein riesengroßer Trugschluss, denn wir lernen unser Leben lang. Das Schlimmste, was wir in Lebenskrisen machen können, ist uns zu verschließen und zu denken: »Mir kann niemand helfen« oder »Ich weiß doch schon, was passiert.«
Bleib offen für andere Erfahrungen, andere Meinungen und dafür, dich weiterzuentwickeln. Es geht auch nicht darum, nur Wissen anzuhäufen. Vielmehr geht es darum, unser Wissen immer wieder im Leben anzuwenden und es dadurch zu vertiefen.
So kannst du dir aktiv neue Möglichkeiten erschaffen und musst nicht länger auf bessere Zeiten hoffen.
5. Strategie: Denke nicht, du kennst jemanden wirklich
Das bedeutet: Nur weil du denkst zu wissen, was für ein Mensch dir gegenübersteht, heißt es nicht, dass du das tatsächlich weißt. Oft übersehen wir die »guten Seiten«, weil die »schlechten« alles überdecken und umgekehrt.
Es gibt auch selten die »eine Wahrheit«, sondern es kommt immer auf den Blickwinkel an. Jeder Mensch bringt seine ganz eigene Geschichte mit und teilt nur das mit dir, was er oder sie bereit ist zu teilen. Es ist wichtig, dass wir uns dessen immer bewusst werden, statt zu verurteilen oder überzeugt zu sein, dass wir wissen, wie unser Gegenüber tickt.
Bleibe also offen, auch die andere Perspektive einzunehmen und zu hinterfragen: »Warum handelt mein Gegenüber so, wie er oder sie handelt?« Durch das Verständnis für den anderen lassen sich manchmal Brücken bauen und du kommst aus der ungewollten »Opferrolle« heraus und wirst wieder handlungsfähig. Du nimmst so die Dinge weniger persönlich und kannst dich von deinem Gegenüber und dessen Handlungen frei machen.
Fazit: Du kannst Lebenskrisen bewältigen und schwere Zeiten überstehen lernen
Auch wenn es manchmal ausweglos scheint oder du das Gefühl hast, von einer Krise förmlich aufgefressen zu werden: Mach dir bewusst, dass diese Phase zwar schmerzhaft ist, dich aber stärker werden lässt.
Es geht im Leben nicht darum, dass immer alles gut läuft und perfekt ist, sondern darum, die schwere Zeit bestmöglich zu überstehen und die Lebenskrise zu bewältigen. Genau diese schweren Zeiten machen uns erst bewusst, was es zu schätzen und zu schützen gibt in unserem Leben.
Mit unseren fünf Strategien wollen wir dir helfen, den Umgang mit Krisen zu lernen und schwierige Zeiten zu überstehen:
- Gib den Gedanken auf, andere »retten« zu können.
- Sieh die Zeit nicht gegen, sondern für dich.
- Nicht alles muss einen tieferen Sinn haben.
- Sei immer offen, Neues zu lernen.
- Denke nicht, du kennst jemanden wirklich.