Prioritäten setzen im Leben entlastet

Kind zur Kita, arbeiten, Auto in die Werkstatt bringen, Bauchworkout, Abendbrot kochen, Feiertage planen, Geschenke verpacken, putzen, backen, Regenrinne sauber machen, Oma zum Friseur fahren, Rasen mähen oder Balkon bepflanzen, Steuererklärung machen und Wäsche aufhängen. 

Wir haben alle wahnsinnig viel zu tun. Viele Menschen rennen den ganzen Tag von Termin zu Termin und arbeiten ihr Leben ab wie eine To-Do-Liste. Und wenn dann irgendein Schlaumeier um die Ecke kommt und fragt, was denn eigentlich der Sinn dieses Lebens sei, dann wird man schnell mal wütend. »Für so einen philosophischen Firlefanz habe ich keine Zeit!«, will man dann schreien. »Ich habe schmutzige Wäsche. Keine Ahnung, was der Sinn des Lebens ist und es ist mir auch egal!«

 

Warum es notwendig ist, Prioritäten zu setzen

Tatsächlich wird genau andersherum ein Schuh draus. Denn wenn wir uns regelmäßig ein paar Minuten Zeit dafür nehmen und uns fragen, was wir wozu, für wen und mit welchem Zweck tun, werden wir am Ende weniger zu tun haben.

Denn viele der Dinge, die wir täglich tun, müssen wir tatsächlich gar nicht tun. Wir denken nur, wir müssten sie tun, oder: wir müssten sie SO tun. Aber wer hat das eigentlich gesagt? »Naja, das macht man halt so.« Wir laufen oft im sogenannten Autopilot-Modus durch unser Leben und tun Dinge, ohne sie je in Frage zu stellen.

Der Neurowissenschaftler Tobias Esch hat in seinem Buch »Der Selbstheilungscode« geschrieben, dass wir rund 50 bis 60 Tausend Gedanken pro Tag haben. Und von diesen vielen Gedanken sind auch noch 98 Prozent Wiederholungen von Gedanken, die wir in der Vergangenheit schon einmal hatten. Rund 80 Prozent sind negative Gedanken über Ereignisse, die wir nicht mehr ändern können.

Mit all diesen alten und schlechten Gedanken hetzen wir durch den Tag und denken, wir hätten keine Zeit, innezuhalten und mal zu reflektieren: Was tu ich hier eigentlich?
 

Wie du in 3 Schritten Prioritäten im Leben setzt


Schritt 1: Mit Meditation die Gedanken beobachten

Eine Methode, sich selbst zu »deautomatisieren«, also aus diesem Modus herauszukommen, ist die Meditation. Professor Dr. Peter Sedlmeier beschäftigt sich seit gut 20 Jahren mit dem Thema Meditation, denn er ist an der technischen Universität Chemnitz Professor am Institut für Psychologie und Autor des Buches »Die Kraft der Meditation«. Eines Tages erzählte er mir, dass es bei Meditation vor allem darum geht, den Geist zu beruhigen.

»Das Ziel ist schon, den Gedankenfluss zu verlangsamen oder das Gedankenkarussell sogar zu stoppen« sagt Professor Dr. Sedlmeier. »Aber es gibt auch andere Techniken, bei denen man sich einfach selbst beim Denken zuschauen kann. Es geht da also nicht darum, das Denken zu stoppen, sondern darum zu erkennen, was man denkt.«

Und damit werden wir bewusster und achtsamer. Bereits zehn Minuten am Tag reichen für den Anfang, um still zu werden, den Wahnsinn zu stoppen und zu beobachten, was kommt. Jeder Gedanke darf da sein, ganz nach dem Motto »Kommen und Gehen«.

Damit hast du bereits den ersten Schritt getan, um dir selbst nicht mehr alles zu glauben. Denn unsere Gedanken kommen und gehen – wir sind nicht unsere Gedanken wie diese hier: 

  • »Ich muss die Küche immer sauber halten!«
  • »Ohne frisch gebackene Muffins beim Kuchenbasar in der Schule geht's nicht!«
  • »Ich bin zu dick!«
  • »Mein Kind liest zu schlecht / rechnet zu langsam / ist zu feige!«
  • »Ich habe eine Pause nicht verdient!«
  • »Das schaffe ich nie!«

All das sind nur Gedanken, es ist nicht die Wahrheit.

 

Schritt 2: Finde deinen Sinn im Leben und deine Werte

Im nächsten Schritt kannst du dir dann Gedanken darüber machen, was du eigentlich willst, was »dein Sinn« ist, nach welchen Werten du wirklich leben willst. Du kannst dir beispielsweise aufschreiben, welches deine zehn wichtigsten Werte sind und was das für dich bedeutet.
Meine sind zum Beispiel:

  • Kreativität: Ich will Dinge erschaffen, schreiben, malen oder mir ein leckeres Gericht ausdenken.

Dafür brauche ich Zeit und kann andere Dinge nicht tun, denn der Tag hat für uns alle nur 24 Stunden. Mein Wert ist es beispielsweise nicht, die besten Muffins der Schule zu backen, weswegen ich einfach welche kaufen kann und mehr Zeit habe, diesen Artikel hier zu schreiben.

  • Oder: Ich möchte meine Kinder zur Selbständigkeit erziehen. Das heißt, dass es tatsächlich gar nicht mein Ansinnen ist, ihnen jedes Ungemach aus dem Weg zu räumen. Sie nehmen selbst ihre Wäsche von der Leine, machen sich ein Sandwich, bringen den Müll raus und der 11-Jährige fährt allein mit dem Bus zum Sport. Wieder Zeit für mich, um die eigenen Werte zu leben, die mir wirklich wichtig sind.
     
  • Begeisterung: Ich will jeden Tag etwas tun, das mich begeistert, egal, wie klein oder groß es ist.

Erst wenn du dir die Zeit nimmst, um aufzuschreiben, nach welchen Werten du wirklich leben willst, können wir aussortieren: Was ist eigentlich wichtig und was tue ich nur, weil andere der Meinung sind, es wäre wichtig?

Es liegt an uns. Wenn wir einen inneren Kompass haben, können wir mit Freude und aus völliger Überzeugung Dinge aussortieren und NICHT machen, weil sie für uns eben einfach nicht wichtig sind.
Diane Hielscher

Online-Werte-Test

In diesem Selbsttest findest du heraus, welche Werte dir wirklich wichtig sind und wie du sie am besten in deinem Alltag lebst. Den Test kannst du hier für nur 0,99€ kaufen.

Schritt 3: Akzeptiere die Konsequenzen deiner Priorisierung

Einen perfekt durchtrainierten Körper? Das kostet eben Zeit und dadurch müssen wir auf anderes verzichten. Wenn wir sagen, der perfekte Körper ist eigentlich nicht so wichtig, können wir beim nächsten Werbeplakat mit den Schultern zucken und denken: Das ist nicht meine Priorität, das muss nicht sein, ich habe dafür andere Dinge auf meiner Liste: Zeit mit der Familie, tiefe Beziehungen zu den Menschen in meinem Umfeld, Spaß, Mut, Ehrgeiz, Genuss, Geld, Kreativität oder Umweltschutz? 

Es liegt an uns. Wenn wir einen inneren Kompass haben, können wir mit Freude und aus völliger Überzeugung Dinge aussortieren und NICHT machen, weil sie für uns eben einfach nicht wichtig sind.

Mir ist es nicht so wichtig, immer eine saubere Küche zu haben, weil ich mit meinen Jungs UNO spielen will. Dafür liebe ich es, ihnen bunte Brotdosen zusammenzustellen. Meine Klamotten sind in Schubladen gestopft, dafür koche ich vegetarische Lasagne. Ich hab Cellulite, aber viel Zeit für meine Freundinnen. Ich lerne Spanisch, weil meine Kinder ihre Hausaufgaben mit der Oma machen. Wir müssen nicht alles selber machen.

Und es geht auch nicht darum, immer »happy« zu sein, wenn wir nach unseren Werten leben. Denn macht es uns glücklich, uns um unseren dementen Vater zu kümmern oder unser krankes Kind im Krankenhaus zu besuchen? Wahrscheinlich nicht. Aber: Wenn wir das Leben nach unseren Werten leben und ihm einen Sinn verleihen, ist das auch nicht wichtig. Denn die Werte dahinter wie tiefe Beziehungen und Liebe sind wichtiger und größer als »Anstrengungslosigkeit« und daher lohnt es sich.

 

 

Warum Beziehungen hohe Priorität haben sollten

Die Forschungsergebnisse der »Grant Glueck Study« der Harvard University belegen das sogar. Wissenschaftler:innen haben über einen Zeitraum von 75 Jahren das Leben von 724 Männern untersucht. Jedes Jahr haben sie gefragt: Wie geht es dir? Was macht die Gesundheit? Die Arbeit? Das Privatleben? Fühlst du dich wohl in deiner Beziehung? Dabei wurden regelmäßig die Gehirnaktivitäten der Teilnehmer gescannt, ihre Gesundheit überprüft und Gespräche mit Verwandten und Partner:innen auf Video aufgenommen.

Was nach 75 Jahren Forschung herausgekommen ist, erzähle ich dir im Folgenden:  

  1. Gute Beziehungen zu anderen Menschen machen uns glücklich und gesund: Wer bessere Beziehungen zu Familie, Freund:innen, Nachbar:innen, Bekannten und Kolleg:innen hat, ist gesünder und lebt länger als einsame Menschen.
     
  2. Es geht nicht darum, möglichst viele Menschen um sich zu haben. Wichtig ist die Qualität der Beziehungen. Ehen zum Beispiel, in denen viel gestritten wird oder in denen die Partner:innen aneinander vorbeileben, schweigen oder in Konkurrenz miteinander stehen, sind schlecht für unsere Gesundheit. Schlechter als sich zu trennen.
     
  3. Beziehungen, in denen wir das Gefühl haben, uns auf den anderen verlassen zu können, geborgen und gehalten zu sein, schützen auch unser Gehirn. Menschen, die im Alter von 50 Jahren von engen und gesunden Beziehungen berichtet haben, hatten mit 80 ein besseres Gedächtnis und waren geistig fitter.

Sich für gesunde und gute Beziehungen einzusetzen und Zeit in andere Menschen zu investieren, ist der größte »Rock'n'Roll«, den es gibt auf der Welt.

 

Prioritäten setzen, um glücklich zu werden?

Wenn du zuerst über deine Werte nachdenkst, bevor du in den Tag hetzt und irgendwelche Checklisten abhakst, wirst du auch automatisch weniger To-Dos haben, weil du dann nämlich weißt, welche wirklich wichtig für dich sind. 

Vielleicht musst du gar nicht 23 Geschenke an Weihnachten verpacken, das perfekte Osteressen kredenzen oder den Rasen auf drei Zentimeter Höhe halten. Vielleicht steht auch »Selbstfürsorge« auf deiner Liste, und du kümmerst dich einfach mal um dich selbst, weil du sonst nämlich nicht für andere da sein kannst. Und das Kind geht derweil Muffins kaufen. 

Du wirst sehen, dass Prioritäten zu setzen, dein Leben immens erleichtern wird und du dich auf das fokussieren kannst, was du wirklich willst und dir guttut.

Weitere Artikel von Diane Hielscher: 

Mehr für dich