Achtsam essen und kochen: Tipps für eine achtsame Ernährungsweise
Wer kennt es nicht? Man kommt von der Arbeit nach Hause, schmiert sich in der Küche schnell ein Brot oder wirft ein paar Dinge zusammen. Dann wird sich aufs Sofa gesetzt, die Lieblingsserie angemacht und oft ist das Essen in den ersten 10 Minuten schon verschlungen. Vielleicht ist man währenddessen noch in Gedanken auf der Arbeit, bei der eigenen To-do-Liste oder in der Urlaubsplanung.
Das Essen, das wir zu uns nehmen, ist die Grundlage für unseren Körper. Und für viele von uns ist gutes Essen eines der schönsten Dinge der Welt. Doch oft geben wir dem Essen nicht den Stellenwert, den es verdient. Wenn wir aber darauf achten, Achtsamkeit beim Kochen und Essen walten zu lassen und bewusst mit allen Sinnen dabei zu sein, können wir lernen wertzuschätzen, was wir zu uns nehmen.
Achtsames Essen und Kochen: Bedeutung
Achtsames Essen, auch bekannt als »Mindful Eating«, ist eine Praxis, die auf der Idee der Achtsamkeit basiert. Es geht darum, eine bewusste Verbindung mit dem Essen zu schaffen, die weit über die körperliche Ernährung hinausgeht. Es geht darum, jeden Bissen vollständig zu schmecken, das Essen wirklich zu erleben und Dankbarkeit zu empfinden. Ebenso ist achtsames Kochen nicht nur die Vorbereitung einer Mahlzeit, sondern auch die Wertschätzung der verwendeten Lebensmittel und der Prozesse, die diese vom Feld bis in unsere Küche gebracht haben.
Achtsamkeit beim Essen hilft uns dabei, eine gesunde Beziehung zu unserer Nahrung zu entwickeln, sie besser zu schätzen, uns satter zu fühlen und letztendlich ein besseres und gesünderes Essverhalten zu entwickeln.
Achtsam kochen in der Praxis: 6 Tipps
Kochen ist eine wunderbare Möglichkeit, um Achtsamkeit zu üben. Das wusste bereits der Buddha, und in seinem Sinne besonders die Köche in Zenklöstern. Sie übten sich darin, mit allen Sinnen achtsam bei dem zu sein, was sie in der Küche dachten und taten.
Auch die Bewegung und gleichnamige Organisation Slow Food setzt sich für ein bewusstes, genussvolles Essen aus bevorzugt regionalen Zutaten ein. Ihren Ursprung hat sie in Italien, einem der Länder der Erde, die weltbekannt für ihre Gaumenfreuden sind. Wir geben dir ein paar hilfreiche Tipps an die Hand, wie dir achtsames Kochen – von Einkauf bis Zubereitung – im Alltag gelingt.
1. Wähle Wohltuendes für Körper und Seele
In der Achtsamkeitsküche sind keine Lebensmittel verboten. Wichtig ist nur: Du bereitest dir Dinge zu, die dir guttun, und widmest dich schon der Zubereitung mit Aufmerksamkeit und Hingabe. Keine Hetze, sondern eine gelassene Vorbereitung mit Genuss und Vorfreude. Wähle dein Essen so, dass du dich nach der Mahlzeit fit und energiegeladen fühlst.
Mache dir bewusst, dass das Essen nicht nur als Nahrung dient, sondern dass es auch die Verkörperung von Lebensfreude und Genuss ist. Eine gute und gesunde Küche zeichnet sich durch Gerichte aus, die nicht nur dem Körper guttun, sondern auch Herz und Seele befriedigen.
2. Verwende gute Qualität
Beim achtsamen Kochen ist die Auswahl der Lebensmittel von entscheidender Bedeutung. Hochwertige, möglichst regionale Lebensmittel machen nicht nur einen Unterschied im Geschmack, sondern enthalten auch mehr Nährstoffe. Durch das Kochen mit saisonalen Produkten, die frei von Massenproduktion und Gentechnik sind, respektieren wir unsere Gesundheit und die Umwelt. Hier findest du eine Übersicht über heimisches Obst und Gemüse.
3. Lerne Wertschätzung
Die meisten von uns nehmen mit einer großen Selbstverständlichkeit hin, dass wir alle Lebensmittel jederzeit bekommen können. Aber ist das wirklich so selbstverständlich? Wenn du dir bewusst machst, wie gut es uns hier geht und wie groß die Auswahl an unterschiedlichsten Nahrungsmitteln ist, dass dies aber bei Weitem keine Selbstverständlichkeit ist, wirst du das, was du kochst und isst, viel mehr wertschätzen.
Von Bauern und Bäuerinnen, die das Essen anbauen, über die Arbeiter:innen, die die Straßen bauen, um den Transport zu ermöglichen, bis hin zu den Geschäften, die das Essen verkaufen – bei der Zubereitung einer Mahlzeit sollten wir uns dieser Bemühungen bewusst sein und Dankbarkeit für die harte Arbeit all dieser Menschen empfinden. So schmeckt das Essen auch gleich viel besser!
4. Achte auf Hygiene und Ordnung
Achte darauf, dass deine Küche sauber ist und alles an seinem Platz liegt. Im Geiste des Buddha – und auch im Zen, in dem Kochen als eine Art spirituelle Praxis betrachtet wird – spielen Reinlichkeit und Ordnung eine wichtige Rolle. Eine unaufgeräumte Küche steht im Zen für einen unaufmerksamen und überfrachteten Geist. Folgende Tipps können dir dabei helfen:
- Reinige und ordne zwischen den einzelnen Arbeitsschritten immer wieder die Arbeitsfläche und deine Arbeitsgeräte.
- Bereite alle Lebensmittel schon vor, bevor das eigentliche Kochen beginnt.
- Öffne all deine Sinne während des Kochens und lasse deine Gedanken nicht abschweifen.
5. Lasse dir Zeit
Die Zubereitung deines Essens muss kein Sprint werden. Lass dir beim Zubereiten der Mahlzeiten so viel Zeit wie möglich. So kannst du die Zutaten und die einzelnen Arbeitsschritte viel bewusster wahrnehmen und dich während des Prozesses von den Aromen, Farben und Texturen der Lebensmittel inspirieren lassen. Vielleicht merkst du auch zwischendurch, dass du mal was Neues ausprobieren möchtest – ein neues Gewürz oder eine andere Technik. Nimm dir bewusst Zeit dafür, wahrzunehmen und zu schätzen, was du gerade mit deinen Händen erschaffst.
6. Koche zusammen mit dem Freundeskreis oder der Familie
Zusammen am Herd zu stehen, verbindet ungemein. Du kannst daraus ein Ritual mit Freund:innen und Familie machen. Alle bringen Ideen ein und zusammen wird sich auf das Kochergebnis gefreut. So hast du die Möglichkeit, persönliche Beziehungen zu stärken und auszubauen.
Achtsam essen: Übungen und Tipps für bewusstes Essen
Achtsam zu essen, bedeutet nicht nur, gesund zu essen, sondern auch, der Erfahrung der Mahlzeit unsere volle Aufmerksamkeit zu widmen. Dabei lernen wir, unser Essen zu genießen, wertzuschätzen und vollständig wahrzunehmen. Bewusstes Essen lehrt uns auch, auf unseren Körper und seine Signale zu hören. Wir spüren intuitiv, wann wir satt sind und fühlen uns nach dem Essen erfüllt und zufrieden.
Die folgenden Tipps können dir dabei helfen, eine achtsame Ernährungsweise in deinen Alltag zu integrieren.
1. Vergiss das Atmen nicht
Atme ein bis zwei Atemzüge lang bewusst ein und aus, bevor du zu essen oder zu trinken beginnst. Beobachte dabei das Heben und Senken der Bauchdecke, ohne aktiv ins Atemgeschehen einzugreifen.
Danke dabei im Stillen – oder auch laut – jenen Menschen, die das Essen zubereitet haben, aber auch allen anderen, die dazu beigetragen haben, dass das, was da nun vor dir auf dem Teller liegt, zu dir gelangen konnte. Genauso ist es mit Getränken: Mache dir beispielsweise bewusst, wie viele Hände und wie viel Arbeit es braucht, damit letztlich das köstliche Aroma eines frisch aufgebrühten Kaffees in deine Nase steigen kann.
2. Nutze deine Sinne
Wenn wir mit Genuss essen wollen, klappt das am besten, wenn wir dafür all unsere Sinne benutzen. Auf deiner Zunge sitzen etliche Geschmacksrezeptoren, die bis zu hundert Sinneszellen aufweisen. Dank dieser Sinneszellen kannst du die fünf Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami voneinander unterscheiden:
- Süßes wird von der Zungenspitze erkannt.
- Bitteres liegt am hinteren Zungenbereich.
- Saures schmeckst du am mittleren Zungenrand.
- Salziges nimmst du größtenteils am vorderen Zungenrand war.
- Umami wird durch die Aminosäure Glutaminsäure vermittelt. Mithilfe von ihr erkennst du insbesondere proteinhaltige Nahrungsmittel.
»Ertaste« dein Essen zunächst mit all deinen Sinnen: Wie sieht es aus und welche Farben hat es? Wie hört sich das Essen an? Nahrungsmittel bewusst zu hören, kann eine ganz neue Erfahrung sein. Das Knacken der Karotte und das Knistern von Salatblättern verraten dir, ob das Gemüse noch frisch ist.
Wie riecht die frisch gekochte Suppe? Was macht der Geruch mit dir? Deine Rezeptoren des Geruchssinns liegen im hinteren Nasenbereich und werden durch den Geruch der Lebensmittel aktiviert. Diese Reize gelangen zum limbischen System im Gehirn, in dem Gefühle und Triebe verarbeitet werden. So stimmt uns duftender Lebkuchen beispielsweise auf Weihnachten ein, während Grillgut an laue Sommerabende im Freien erinnert.
Beginne jetzt zu essen. Welche Geschmacksrichtungen kannst du herausschmecken? Welche Konsistenzen erfährst du in deinem Mund? Wie fühlt sich das Essen generell auf der Zunge, am Gaumen und in der kompletten Mundhöhle an? Spüre, wie weich der Joghurt ist oder wie dir langsam ein Stück Zartbitterschokolade im Mund zergeht.
3. Nimm dir Zeit
Achtsames Essen bedeutet vor allem eins: Sich Zeit zu nehmen und ganz beim Essen zu sein. Lass einmal den Fernseher und das Handy aus und widme deine volle Aufmerksamkeit dem Akt des Essens. Kaue langsam, sorgfältig, bewusst und ohne über andere Dinge nachzudenken, zu grübeln oder gedanklich abzuschweifen. Kaue also während des Essens nicht auch noch buchstäblich auf deinen Sorgen und Gedanken über die Zukunft, die Vergangenheit oder die Arbeit herum. Um uns vollständig genährt zu fühlen, braucht es gar nicht viel; wenn du bei jedem Bissen mit deiner ganzen Aufmerksamkeit dabei bist, dann fühlst du dich sehr viel schneller satt, glücklich und zufrieden.
4. Mache Pausen
Lege oder stelle immer wieder mal das Besteck, das Glas oder die Tasse beiseite und spüre jedem einzelnen Bissen oder Schluck nach, nachdem er deinen Mund in Richtung Magen verlassen hat. Welche Aromen entfalten sich in der jetzt leeren Mundhöhle? Aus welchem Impuls heraus greifst du erneut zu Löffel oder Gabel: Ist es die Gier nach mehr, die Lust am Geschmack oder weil du noch nicht satt bist? Höre auf deinen Körper, er signalisiert dir auf ganz natürliche Weise, wann es genug ist.
In folgendem Video zeigt dir unsere Expertin Katja Sterzenbach noch einmal, wie du deinem Körper hilfst, ganz bewusst zu essen und zu genießen.
Fazit: Die Kraft des achtsamen Essens
Bewusstes Essen und Kochen ist kein Ziel, sondern eine lebenslange Reise voller Entdeckungen, Freude und tiefer Wertschätzung für die Nahrung, die wir zu uns nehmen. Sie fordert uns nicht nur dazu heraus, gesünder zu essen, sondern verändert auch grundlegend, wie wir das Essen und seine Rolle in unserem Leben betrachten. Von der achtsamen Auswahl unserer Lebensmittel über den meditativen Prozess des Kochens bis hin zur Aufmerksamkeit und Dankbarkeit bei jeder Mahlzeit bietet das achtsame Essen einen Pfad zu einer tieferen Verbindung mit unserem inneren Selbst und der Welt um uns herum.