Beziehung stärken – Wie rette ich meine Beziehung?

6 Beziehungsretter-Tipps, um deine Beziehung zu stärken

Die sechs Beziehungsretter habe ich aus meinen Erfahrungen als Psychologin und auf Basis wissenschaftlicher Studien zusammengestellt. Sie helfen dir, deine Beziehungen schnell zu verbessern oder sogar von Grund auf anders zu gestalten. Das geht nach meiner Erfahrung sogar auch, wenn man sich nicht in einen tieferen Entwicklungsprozess begeben will. 

1. Wertschätzung vermitteln

Wertschätzung ist der Kitt jeder guten Beziehung. Sie sollte in beide Richtungen stattfinden: Natürlich möchtest du dich geschätzt fühlen, dein Gegenüber aber auch. Wenn hier das Gleichgewicht aus den Fugen gerät, kommen oft schwierige Emotionen und Gedanken auf. Das kennen wir alle: 

  • Man fühlt sich gekränkt, verletzt, enttäuscht, wütend. 
  • Man hadert und die Gedanken kreisen. 
  • Vielleicht fragst du dich: »Bin ich ihm/ihr überhaupt noch wichtig?« 

Niemand möchte übergangen, für selbstverständlich gehalten oder negativ betrachtet werden. Das tut weh. Doch manchmal geht es beiden so. Deshalb lohnt es sich, in Vorleistung zu gehen, auch wenn du das Gefühl hast, dass dein Stolz dadurch verletzt würde.

Schon eine Textnachricht könnte helfen und ein wertschätzender Dank geht eigentlich immer, zur Not mit etwas weiter Zurückliegendem: »Danke, dass du mir damals geholfen hast, ich habe mich gerade nochmal daran erinnert.« Nun wird es der anderen Person leichter fallen auch wieder wertschätzend auf dich zuzugehen. 

Verzeihen wird dir leichter und schneller fallen, wenn du verstehst, warum die andere Person so gehandelt hat. 
Ulrike Scheuermann

2. Fehler eingestehen und verzeihen

Nach meiner Erfahrung könnten viele einen sehr effektiven Weg, um Beziehungen zu retten, viel intensiver nutzen: eigene Fehler oder Schwächen eingestehen und sich entschuldigen. 

Entschuldigungen bleiben oft aus, weil jemand vorteilhaft und überlegen dastehen will – dann macht die Person sich künstlich groß, um ihren Selbstwert damit zu stabilisieren: »Ich habe Recht, es muss an dir liegen«. Doch wenn du einen Fehler einräumst, kommst du damit in guten Kontakt und stärkst die Bindung und Nähe. Und darum geht es in nahen Beziehungen – nicht um Taktieren und Statusdenken. Die Bedingungen für ein offenes Gespräch mit gegenseitigem Verständnis werden dann viel besser. 

Zum Fehler- und Schwächen-Eingestehen gehört auch das Verzeihen. Manchmal gelingt das nicht auf Anhieb, selbst wenn die andere Person sich entschuldigt hat. Doch auch starke, negative Emotionen flauen mit der Zeit ab. Und: Verzeihen wird dir leichter und schneller fallen, wenn du verstehst, warum die andere Person so gehandelt hat. 

Und noch eins: Selbst, wenn das Verzeihen noch etwas dauert, kannst du dich für die Entschuldigung bedanken. Denn Fehler einzugestehen erfordert Mut und zumindest den kann man sofort wertschätzen. 
 

Paar im Sonnenuntergang am Strand

3. Verständnis zeigen und die Perspektive wechseln

Wenn du also verstehst, warum jemand anderes auf eine bestimmte Art handelt, gelingt dir das Verzeihen leichter. Die Perspektive des/der anderen einzunehmen und empathisch nachzuvollziehen, warum jemand so oder so gehandelt hat, stärkt das gegenseitige Vertrauen und entspannt und verbessert jede Beziehung. Dafür kann dir der folgende Gedanke helfen: 

Wir wissen nie genau, was im Leben der anderen Person gerade passiert. Eine barsch formulierte Textnachricht kann uns vor den Kopf stoßen, aber wenn wir einen Moment zurücktreten und die Perspektive wechseln, hilft das, nicht ärgerlich oder enttäuscht zu reagieren. 

  • War die andere Person gerade überfordert oder hatte die eigene Nachricht missverstanden
  • Wenn du weißt, was beim anderen gerade los ist, verfliegt der Ärger meist im Nu.
  • Vielleicht fragst du also erst einmal: »Was war denn bei dir vorhin los?« anstatt trotzig zu denken: »Dann antworte ich ab jetzt genauso«

 

Es hilft dabei in jeder Beziehung, statt Vorwürfe zu machen, die eigenen Gefühle zu beschreiben.
Ulrike Scheuermann

4. Klartext reden und Wünsche kommunizieren

Und damit bist du schon beim Klartext-Gespräch, das bei schwierigen Beziehungen einfach sein muss. Du wirst nur selten darum herumkommen. Wenn du nach Gründen fragst, aber auch die eigenen Wünsche kommunizierst – ohne Vorwurf – und dir anhörst, welche Wünsche die andere Person hat – ohne zu meinen, du müsstest sie erfüllen – dann zeigst du, dass dir die Beziehung wichtig ist und du dir Zeit dafür nimmst – und Zeit ist etwas sehr Kostbares.

Es hilft dabei in jeder Beziehung, statt Vorwürfe zu machen, die eigenen Gefühle zu beschreiben: »Ich fühle mich total unwichtig, wenn du ständig ins Handy guckst und kann mich dann nicht mehr richtig auf ein konzentriertes Gespräch mit dir einlassen«. Wenn du von deinen Wünschen erzählst, vermittelst du, dass dir die andere Person wichtig ist: »Ich würde gerne mit dir ganz in Ruhe reden, ohne Handy, denn du bist mir wichtig.« 

5. Geduld – Die Zeit heilt viele Wunden

Viele Menschen neigen dazu, Beziehungen im Affekt zu schnell zu beenden. Ich meine natürlich bei »zu schnell« nicht den Fall, wenn Grenzverletzungen, Übergriffe mit seelischer oder körperlicher Gewalt oder anderen destruktiven Beziehungsdynamiken auftreten. 

Sonst aber hilft es, der anderen Person geduldig Zeit zu geben. Die Zeit heilt viele Wunden. Beziehungen entspannen sich mit zeitlichem Abstand oft fast »von selbst«, genauer gesagt: Unsere inneren Verarbeitungsprozesse sorgen vor allem im Schlaf mit der Zeit für immer mehr emotionale Entspannung. 

Neulich hatte ich ein Paar in der Beratung, das eine emotionale Durststrecke von fünf Jahren überstanden hatte! Die Herausforderungen der Kinderbetreuung unter Pandemiebedingungen mit Homeoffice und wirtschaftlichen Veränderungen hatten die Beziehung arg strapaziert. Beide funktionierten nur noch – die liebevolle Nähe war weg.

Sie hatten jahrelang auf bessere Zeiten gewartet – und die kamen: Bei wöchentlichen Spaziergängen fragten sie sich gegenseitig nach ihren Gefühlen und Gedanken, und hörten dann jeweils einfach zu. So entstand eine vorsichtige neue Nähe, die sich mit der Zeit auch im Alltag ausbreitete. 

 

6. Soziale Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit

Viele Studien belegen, dass für die Beziehungspflege und um Nähe herzustellen, eines der wichtigsten Mittel die soziale Zeit ist. Je mehr Personen miteinander interagieren, desto attraktiver, vertrauenerweckender und sympathischer werden sie füreinander. Das bedeutet: gemeinsam entspannte Zeit verbringen. 

Wir sind zutiefst soziale Wesen und uns allen tut es gut, Zeit mit Menschen zu verbringen, die wir und die uns gernhaben. Dabei sinkt unser Stresslevel, wir entspannen körperlich und emotional. Unser Immunsystem wird gestärkt, wir schlafen besser und ernähren uns sogar gesünder, wenn wir nicht allein essen, sondern gemeinsam mit anderen. 

Mit nichts anderem sagt man so deutlich, wie wichtig uns eine Beziehung ist, als sich Zeit für diese zu nehmen – und zwar Qualitätszeit. Ohne Gedanken an die To-Do-Liste und ohne Blick auf die Uhr oder das Handy. 

Beziehungen sind das Kostbarste, was wir im Leben haben. Deshalb sollten wir immer wieder neu viel dafür tun, um sie zu stärken oder zu retten. Das kann auch bedeuten, sich im Guten zu trennen. Wer weiß, was irgendwann daraus in anderer Form wieder neu entstehen wird?
 

Quellen:

  • Ulrike Scheuermann: https://www.ulrike-scheuerman.de
  • Ulrike Scheuermann: Freunde machen gesund – Die Nummer 1 für ein langes Leben: deine Sozialkontakte. Knaur Balance, 2021.
  • Dunbar, R.I.M.: Friends: Understanding the Power of our Most Important Relationships. Little Brown, 2021.
  • Hall, J.A. »How Many Hours Does It Take To Make A Friend?« Journal of Social and Personal Relationships 36, Nr. 4 (2018): 1–19. 
  • Reis, H.T., M.R. Maniaci, P.A. Caprariello, P.W. Eastwick und E.J. Finkel. »Familiarity Does Indeed Promote Attraction in Live Interaction«. Journal of Personality and Social Psychology 101, Nr. 3 (2011): 557–70. 

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