Ein Leben ohne Alkohol? Auswirkungen auf deine Gesundheit
Ursachen, Anzeichen und Folgen von Alkoholsucht und Tipps, wie man glücklich alkoholfrei leben lernt
Warum ist Alkoholkonsum gesellschaftlich so akzeptiert?
Alkoholkonsum ist tief in unserer Gesellschaft verankert. Der Konsum von Alkohol gehört einfach dazu – bei Feierlichkeiten, in geselligen Runden oder auch als Ritual zum Abschalten nach einem anstrengenden Tag.
Das hat sowohl historische als auch kulturelle Gründe. Schon im Neuen Testament der Bibel macht Jesus Wasser zu Wein. In der Antike war Alkohol als Nahrungsmittel ein bedeutender Teil des täglichen Lebens und wurde in soziale Gefüge und religiöse Rituale integriert. Und auch heute stoßen wir zu besonderen Anlässen mit Sekt an oder trinken aus Genuss oder zur Entspannung ein Glas Wein. Wie damals ist Alkoholkonsum also stark ritualisiert (z.B. das Feierabendbier) und ein fester Bestandteil des Alltags.
Woran das im Unterschied zu anderen Drogen liegt: Alkohol ist hierzulande überall leicht verfügbar. Er steht in jedem Restaurant auf der Karte, jeder Supermarkt führt ihn – und in den meisten Städten Deutschlands darf man öffentlich auf der Straße trinken.
Alkoholkonsum ist gesellschaftlich so weit akzeptiert, dass er zum Großteil in bestimmten Situationen sogar erwartet wird. Wer in einer geselligen Runde nicht trinkt, stößt oft auf Verwunderung. Meist muss sich die abstinente Person für den alkoholfreien Abend rechtfertigen.
Fragen wie die folgenden sind häufige Reaktionen, wenn jemand sagt, dass er oder sie keinen Alkohol möchte:
- Warum trinkst du nichts?
- Musst du noch Auto fahren?
- Bist du schwanger?
- Hast du gestern zu heftig gefeiert?
- Nimmst du Medikamente?
- Willst du nicht mit uns feiern?
Alkoholkonsum entsteht also oft auch aus einem sozialen Druck heraus.
Dabei kann der übermäßige Konsum von Alkohol zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen, darunter:
- Leberschäden
- Herzerkrankungen
- psychische Störungen
Alkoholsucht ist zudem ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem, das von vielen Betroffenen nicht erkannt oder heruntergespielt wird.
Erst kürzlich korrigierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die risikoarme Menge Alkohol von einem kleinen Glas Wein oder Bier nach unten; es gäbe keine gesundheitlich unbedenkliche Menge an Alkohol.
Warum trinkt die Mehrheit der Menschen dennoch regelmäßig? Und ab wann hat man eine Alkoholsucht?
Das Problem mit dem Begriff »Alkoholismus«
Woran denken wir, wenn wir das Wort »Alkoholiker« hören? Meist haben wir ein extremes Bild vor Augen, etwa von einer Person, die aufgrund ihres Suchtverhaltens den Job verloren hat, sich isoliert und schon morgens an der Supermarktkasse die Flasche Korn kauft.
Die Begriffe »Alkoholikerin« und »Alkoholismus« sind stark stigmatisiert. Die American Psychiatric Association strebte daher eine Umbenennung in »Alkoholkonsumstörung« an, eine Begrifflichkeit – die sich bislang nicht flächendeckend durchsetzen konnte. Das liegt zum Teil daran, dass die Anonymen Alkoholiker als die vorherrschende und einzig wirksame Behandlungsmethode für Alkoholkonsumstörungen gelten.
Die Folge: Personen, die glauben, ein Alkoholproblem zu haben, googeln: »Bin ich Alkoholiker?« Sie sehen sich ein paar Listen mit typischen Anzeichen an und stellen in der Regel beruhigt fest, dass sie nicht alle Kriterien erfüllen.
Das Problem: Nur weil man nicht alle Kriterien für eine:n Alkoholiker:in erfüllt, bedeutet das nicht, dass kein problematisches Verhältnis zum Alkohol besteht. Eine solche Suchanfrage führt also meistens am Kern des Problems vorbei. Stattdessen könnte die Frage lauten: »Wäre meine Leben ohne Alkohol besser?«
Ursachen für Alkoholsucht
1. Flucht vor und Bewältigung von negativen Emotionen
Neben Faktoren wie genereller Verfügbarkeit, Genuss und sozialer Akzeptanz (oder sozialem Druck) ist Alkoholkonsum häufig ein Fluchtmechanismus.
Die Ursache für Alkoholsucht kann in einer Flucht vor negativen Emotionen liegen, wie
Auch für ungelöste Traumata kann Alkoholkonsum eine Art Bewältigungsstrategie sein.
2. Kulturelle Prägung aus der Gesellschaft
Zu einem großen Teil ist Alkoholkonsum aber auch kulturell gelernt:
- Aus der Werbung kennen wir die positiven Effekte von Alkohol – man ist gesellig, hat Spaß und schafft gute Erinnerungen und verbindende Erlebnisse in der Gruppe.
- Filme und Serien glorifizieren den Alkoholkonsum, der zu einer guten Party oder Bewältigung von Liebeskummer automatisch dazugehört.
Durch diese kulturelle Ausprägung kann man auch ohne tiefer liegende Traumata oder psychische Belastungen in eine Alkoholsucht rutschen.
Alkoholsucht: Das sind mögliche Anzeichen
Der Begriff »Alkoholismus« wurde im Jahr 1849 von einem schwedischen Arzt geprägt und hat sich weltweit durchgesetzt. Dabei bezog sich der Begriff vor allem auf die körperlichen Schäden von langfristigem Alkoholkonsum, während psychische Auswirkungen vernachlässigt wurden.
1918 listete die American Medico-Psychological Association erstmals die folgenden psychischen Symptome als Folge von Alkoholismus:
- Halluzinationen
- Zittern
- Delirium
- Amnesie
- Paranoia
Man musste damals folglich ein sehr schwerer Fall sein, um mit Alkoholsucht diagnostiziert zu werden. Allerdings ist unklar, wie ein akzeptables Maß an Alkoholkonsum zu dieser Zeit aussah, da die Veröffentlichung der Symptome mit der Abstinenzbewegung und der Prohibition zusammenfiel.
Klinisch gesehen ist Alkoholsucht (auch Alkoholabhängigkeit oder Alkoholismus) eine schwerwiegende Erkrankung, die sich sowohl körperlich als auch psychisch äußert. Die Anzeichen von Alkoholsucht können subtil beginnen, sich aber mit der Zeit verschlimmern.
Hier sind einige mögliche Anzeichen, die darauf hindeuten können, dass jemand alkoholabhängig ist:
- Verlust der Kontrolle über den Alkoholkonsum in Bezug auf die Menge oder Frequenz
- Entzugserscheinungen körperlicher oder psychischer Art bei Ausbleiben des Alkoholkonsums
- starkes Verlangen nach Alkohol, von steten Gedanken um den nächsten Drink bis zu körperlicher Unruhe und Nervosität
- Vernachlässigung von Pflichten, Hobbys und sozialen Aktivitäten über die Priorisierung von Alkoholkonsum
- verstärkte Einbindung von Alkohol im Alltag, z.B. morgendliches Trinken oder verstecktes Trinken
- fortgesetztes Trinken trotz negativer Konsequenzen für Gesundheit oder soziales Umfeld
- Trinken, um mit Emotionen besser umzugehen (z.B. Stressbewältigung oder Fluchtverhalten)
- Unfähigkeit zur Abstinenz, z.B. 7 Tage auf Alkohol zu verzichten.
- Trinken in gefährlichen Situationen, etwa beim Autofahren oder in Kombination mit anderen Drogen oder Medikamenten
Disclaimer: Viele dieser Anzeichen und Kriterien für Alkoholismus, die sich schnell im Internet suchen lassen, dienen nicht zur Selbstdiagnose. Sie dienen vor allem medizinischem Personal zur Einschätzung des Problems und sind zudem nicht allumfassend.
Denn oft ist nicht nur die Häufigkeit des Alkoholkonsums das alleinige Problem, sondern welche Auswirkungen das Trinken auf das Leben der Personen hat, bspw.:
- Probleme mit der Familie
- ein geringes Selbstwertgefühl
- Unzufriedenheit im Job
- immer wieder den/die falsche:n Partner:in wählen
- Depressionen
- Essstörungen
Was passiert im Körper, wenn wir Alkohol trinken?
Egal, ob man die Regelmäßigkeit des eigenen Alkoholkonsums infrage stellt oder nur gelegentlich trinkt: Alkohol wirkt sich auf fast jeden Teil unseres Körpers aus.
Bereits nach wenigen Minuten gelangt der Alkohol über den Magen-Darm-Trakt in den Blutkreislauf und wird von dort in alle Körperzellen transportiert. Dort beeinflusst Alkohol jegliche Funktionen unserer Organe, vom Gehirn über die Leber bis zum Herz-Kreislauf-System.
Auswirkungen auf das Gehirn
Alkohol beeinflusst das zentrale Nervensystem und verändert die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Dies führt zunächst zu einem Gefühl der Entspannung und Enthemmung.
Bei weiterem Konsum kommen aber negative Effekte wie die folgenden hinzu:
- Koordinationsprobleme
- verlangsamte Reaktionszeiten
- ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen
Zudem stört Alkohol den natürlichen Schlafrhythmus, insbesondere den REM-Schlaf, der wichtig für die kognitive Leistung ist.
Auswirkungen auf Leber und Magen
Die Leber ist das Hauptorgan, das den Giftstoff Alkohol abbaut. Dies geschieht in mehreren Schritten, wobei das toxische Zwischenprodukt Acetaldehyd entsteht.
Dies wiederum ist schädlich für die Leberzellen. Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu
- einer Fettleber,
- Leberzirrhose oder
- Leberkrebs
führen.
Alkohol regt zudem die Produktion von Magensäure an, was das Risiko für Magenschleimhautentzündungen und Geschwüre erhöht.
Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem
Kurzfristig kann Alkohol den Blutdruck senken (woher wahrscheinlich auch die veraltete Empfehlung des Glases Rotwein für die Herzgesundheit stammt). Ein regelmäßiger Konsum kann den Blutdruck aber dauerhaft erhöhen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern.
Der Konsum von Alkohol führt also zu einer Reihe von körperlichen Veränderungen, die je nach Menge und Regelmäßigkeit des Trinkens mehr oder weniger stark, aber grundsätzlich immer schädlich sind.
Was passiert im Körper, wenn wir keinen Alkohol mehr trinken?
Die positiven Effekte eines Lebens ohne Alkohol machen sich meist recht schnell bemerkbar. Die körperlichen und psychischen Veränderungen nach dem Verzicht auf Alkohol können die Lebensqualität erheblich steigern.
4 Wochen ohne Alkohol
Bereits nach vier Wochen Alkoholabstinenz können sich deutliche Verbesserungen im Wohlbefinden zeigen.
Viele Menschen berichten von:
- einem erholsameren Schlaf
- mehr Energie
- einer verbesserten Konzentrationsfähigkeit
Die Leber beginnt sich zu erholen und der Blutdruck kann sich stabilisieren.
Auch äußerlich zeigt sich das alkoholfreie Leben: Meist wirkt die Haut frischer, da Alkohol die Haut austrocknet und den Alterungsprozess beschleunigt.
1 Jahr ohne Alkohol
Wer ein Jahr lang alkoholfrei lebt, kann mit noch tiefergreifenden positiven Veränderungen rechnen.
Durch die Stabilisierung des Blutdrucks sinkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant.
Auch das Risiko für Lebererkrankungen und bestimmte Krebsarten, die mit Alkoholkonsum in Verbindung gebracht werden, nimmt ab.
Außerdem berichten viele Menschen von einer stabilen psychischen Gesundheit mit weniger depressiven Verstimmungen und mehr emotionaler Ausgeglichenheit.
Wie baut man eine gesunde Beziehung zum Alkohol auf?
Wer das Gefühl hat, das eigene Verhältnis zum Alkohol hinterfragen zu wollen, hat bereits den ersten Schritt getan. Eine gesunde Beziehung zum Alkohol beginnt nämlich damit, den eigenen Konsum kritisch zu hinterfragen und in Zukunft bewusste Entscheidungen zu treffen – egal, ob es darum geht, künftig alkoholfrei zu leben oder den Konsum zu reduzieren.
Dabei ist es wichtig, die Gründe für den Alkoholkonsum zu verstehen:
- Trinkst du aus Genuss oder weil es eine Gewohnheit ist?
- Gönnst du dir aus Stress oder Langeweile einen Drink oder weil es der Anlass verlangt?
Um eine gesunde Beziehung zum Alkohol aufzubauen, kannst du folgende Schritte ausprobieren:
- Bewusstsein schaffen: Mach dir klar, wann und warum du Alkohol trinkst. Ein Tagebuch kann dir helfen, deinen Konsum zu beobachten.
- Alkoholfreie Tage einplanen: Setze dir das Ziel, regelmäßig alkoholfreie Tage einzulegen. Dies gibt dem Körper Zeit zur Regeneration und reduziert gleichzeitig deinen Konsum.
- Grenzen setzen: Entscheide im Voraus, wie viel du trinken möchtest, und halte dich an diese Grenze. Dies fördert einen bewussten Umgang mit Alkohol.
4. Offen kommunizieren: Wenn du auf Alkohol verzichten möchtest, ist es wichtig, dies auch klar zu sagen. Das bedeutet, eine gesunde Grenze zu setzen: Erkläre den Gastgebenden, dass du nicht trinkst, und bitte sie, dir keine Drinks zu servieren. Suche dir Gesellschaft, die akzeptiert, dass du alkoholfrei bleiben möchtest.
5. Alternative Getränke finden: Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von alkoholfreien Alternativen, die genauso gut schmecken und zu einem geselligen Abend beitragen können.
6. Stress anders bewältigen: Suche nach alternativen Strategien, um mit Stress und emotionalen Belastungen umzugehen, z.B. mit Sport oder Meditation. Scheue dich auch nicht davor, dir professionelle Hilfe zu suchen.
Unter der 01806 313031 erreichst du die bundesweite Sucht- und Drogenhotline und hier findest du weitere Beratungsstellen.
Gute Möglichkeiten, um Kontakt zu Gleichgesinnten aufzunehmen und euch so gegenseitig zu unterstützen, könnten das Zwölf-Schritte-Treffen oder Selbsthilfegruppen (AA, NA, Al-Anon, Alkoholiker-Forum.de, Blaues Kreuz in Deutschland e. V., Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Bundesverband e. V.) sein.
Fazit: So wirst du alkoholfrei glücklich
Alkoholkonsum ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und wird häufig als normal oder sogar notwendig angesehen, um soziale Situationen zu meistern. So sehr Alkohol unserer Gesundheit schadet, so schnell kann Alkoholverzicht schon nach wenigen Wochen erhebliche positive Auswirkungen auf die Gesundheit und unser Wohlbefinden haben – natürlich abhängig von der Dauer der Alkoholkonsumstörung.
Eine gesunde Beziehung zum Alkohol beginnt mit Bewusstsein und Reflexion über den eigenen Konsum. Bewusste Entscheidungen, wie das Einplanen alkoholfreier Tage und das Setzen klarer Grenzen, helfen dabei, den Konsum zu reduzieren oder letztlich ganz darauf zu verzichten. Wer offen mit dem eigenen Umfeld kommuniziert und alternative Bewältigungsstrategien für Stress und Emotionen entwickelt, kann langfristig ein gesünderes und erfüllteres Leben ohne Alkohol führen.