Sexualität als Schlüssel zur Selbstakzeptanz und -liebe

Eine Reise zu offener Lust, Sexualität und Selbstakzeptanz

Wann hast du zuletzt offen und ehrlich über deine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse nachgedacht, vielleicht sogar gesprochen? Hast dir selbst erlaubt, deine Bedürfnisse zu akzeptieren und auszuleben? 

Viele von uns sind in einer Umgebung aufgewachsen, in der Sexualität und (insbesondere weibliche) Lust unterdrückt oder sogar versteckt werden. »Das schickt sich nicht«, »Das tut man nicht« – religiöse Moralvorstellungen, gesellschaftliche Normen und auch fehlende sexuelle Bildung können dazu führen, dass wir unsere sexuellen Bedürfnisse und Wünsche verleugnen oder einfach nicht kennen.

Das macht es schwer, eine gesunde und positive Beziehung zu unserer eigenen Sexualität aufzubauen. Stattdessen fühlen wir uns schuldig, schämen uns, stellen unsere Sexualität hinten an, haben vielleicht sogar Angst vor Intimität. 

Was wir dabei jedoch vergessen: Wenn wir unsere Sexualität verleugnen, dann verleugnen wir einen wichtigen Teil unseres Selbst. Evolutionär gesehen spielen Sexualität und Lust eine zentrale Rolle, denn sie sind unerlässlich für die Fortpflanzung und damit den Erhalt der Spezies.

Ihre Bedeutung geht aber weit über diese biologische Funktion hinaus: Lust ist ein wichtiger Bestandteil unserer individuellen Identität und der menschlichen Erfahrung – sie ist Quelle von Spaß, Kreativität und Selbsterfahrung. Und nicht zuletzt ermöglicht sie es uns, mit anderen Menschen zu kommunizieren und eine emotionale Intimität einzugehen.

Selbstliebe bedeutet nichts anderes, als den eigenen Bedürfnissen Raum zu geben und sich vollumfassend anzunehmen.
Dr. Annette Hosenfeld in »Mit Lust zu dir«

Was ist Lust eigentlich? 

Lust ist also ein natürliches, grundlegendes menschliches Gefühl und bezieht sich auf das intensive Verlangen oder die Sehnsucht nach etwas. Im Kontext der Sexualität bezeichnet Lust das sexuelle Verlangen oder die Libido – also das Interesse an und den Wunsch nach sexueller Aktivität. Hier wird dann das hormonelle System aktiv: Hormone wie Testosteron, Östrogen und Progesteron spielen dabei eine wichtige Rolle; außerdem Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin, die gute Gefühle erzeugen. 

Dabei ist Lust – wie jede andere Emotion auch – von Person zu Person sehr unterschiedlich. Manche Menschen haben ein sehr hohes sexuelles Verlangen, andere wiederum haben wenig bis gar kein Interesse an sexueller Aktivität. Gerade bei Frauen können die hormonelle Umstellungen die das sexuelle Lustempfinden stark beeinflussen. All das ist vor allem eines: ganz normal.

 

Lust hat viele Gesichter 

Auch das, was wir im Bett (und außerhalb) gut finden, unterscheidet sich: Die einen mögen es eher ruhig, die anderen stehen auf BDSM. Manche fühlen sich zu einem Geschlecht hingezogen, andere zu mehreren. Die menschliche Sexualität ist so vielfältig wie unsere Fingerabdrücke. 

Indem wir sie anerkennen, nehmen wir einen fundamentalen Teil unserer Identität an. Diese Selbstakzeptanz wiederum kann helfen, uns vollständiger und authentischer zu fühlen. Wir lernen mehr über unsere Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen, fühlen uns sicherer und selbstbewusster.

Wer lustvoll lebt und lustvoll handelt, fühlt sich wohl in seinem Leben, denn er bestimmt selbst.
Dr. Annette Hosenfeld in »Mit Lust zu dir«

Das Anerkennen unserer Lust hilft uns außerdem, gesunde und erfüllende Partnerschaften aufzubauen. Denn nur, wenn wir in der Lage sind, unsere Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren, können wir uns anderen ganz öffnen, tiefgehende Verbindungen eingehen und echte Intimität erleben.

 

Befreie deine Lust: Mit 7 Fragen zur sexuellen Identität

Ganz unabhängig davon, ob du in einer Partnerschaft bist oder nicht – es lohnt sich, dich mit deiner eigenen Sexualität auseinanderzusetzen. Indem du dich aktiv mit dir selbst und deinen Vorlieben beschäftigst, lernst du dich und deine Bedürfnisse besser kennen. Jeder Schritt in diese Richtung wird Teil einer bereichernden Erfahrung sein. 

Mit diesen Fragen kannst du loslegen: 

  • Welche Rolle spielt Sexualität in meinem Leben? Worauf habe ich Lust, worauf habe ich keine Lust? Wo und wie spüre ich Lust? 
     
  • Wie fühle ich mich in Bezug auf meine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse? Empfinde ich Scham oder Unbehagen, wenn ich an sie denke, oder fühle ich mich wohl und akzeptiere sie?
     
  • Wie drücke ich meine Lust aus? Kommuniziere ich meine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse? Fällt es mir leicht oder schwer, sie auszudrücken – und wovon hängt das ab?
     
  • Hindert mich etwas bestimmtes daran, meine Lust zu akzeptieren und auszudrücken? Wenn ja: Was genau ist es? Sind es bestimmte Überzeugungen, Ängste, negative Erfahrungen aus der Kindheit oder etwas ganz anderes?
     
  • Würde sich mein Leben verändern, wenn ich meine Lust vollständig akzeptieren könnte? Welches Leben würde ich führen? Welche Gefühle löst diese Vorstellung in mir aus? 
     
  • Gibt es Fantasien, Vorstellungen, Lustgefühle, die ich in meinem Sexualleben ausprobieren möchte? Warum habe ich das bisher noch nicht getan? Habe ich geheime Fantasien? 
     
  • Welche Schritte könnte ich jetzt sofort unternehmen, um mich mehr mit meiner Lust zu verbinden? Gibt es Dinge, die ich im Alltag sofort umsetzen könnte? 

Einige dieser Fragen sind bestimmt schwierig zu beantworten oder rufen beim ersten Lesen unangenehme Gefühle in dir hervor. Gib dir Zeit, dich mit ihnen auseinanderzusetzen, und erlaube dir, auch deine Scham und deine Schuldgefühle zu akzeptieren – nur dann können diese sich auflösen.

Denke auch daran, dass es beim Beantworten der Fragen kein »richtig« oder »falsch« gibt. Es geht um deine persönliche Lust, darum, was sich für dich wahrhaftig und richtig anfühlt.

Selbstakzeptanz lernen in 3 Schritten

Das Anerkennen deiner Sexualität ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstakzeptanz und Selbstliebe. Gib dir selbst die Erlaubnis, Lust und sexuelle Wünsche zu fühlen, Vergnügen zu suchen und zu erleben. Folgende Dinge kannst du ganz konkret tun, um Selbstakzeptanz zu üben:

1. Lerne, deine Lust in Worte zu fassen

Egal ob du deine Sexualität alleine, zu zweit oder zu mehreren auslebst, in jedem Fall ist es wichtig, dass du weißt, was du willst – und dass du dies auch mitteilen kannst. Vielen fällt es schwer, über Sexualität zu sprechen, denn unsere Sprache ist hier oft vulgär, klinisch oder ungenau. 

Suche deshalb gezielt nach Wörtern, die sich gut für dich anfühlen und die du benutzen möchtest. Vielleicht findest du Metaphern oder Umschreibungen, die dir helfen, deine Gefühle besser auszudrücken. Vielleicht entdeckst du neue Begriffe, die deine Erfahrungen besser beschreiben. Oder vielleicht lernst du einfach, offen und ehrlich über Bedürfnisse zu sprechen, auch wenn dir die Worte zunächst unbehaglich sind.

 

2. Verbinde dich mit deinem Körper

Der Körper kommuniziert ständig mit uns. Er sagt uns, wenn es zu kalt oder zu warm ist, wann wir müde oder hungrig sind – und eben auch, wann wir Lust empfinden. Unsere Körper sind unglaubliche Systeme, die uns durch unsere tiefsten Bedürfnisse und Sehnsüchte navigieren. Aber wie oft hören wir wirklich zu? 

Dabei ist das Wahrnehmen unserer körperlichen Signale ein wichtiger Teil der Selbstakzeptanz. Wenn du lernst, auf deinen Körper zu hören und seine Bedürfnisse zu respektieren, stärkst du die Beziehung zu dir selbst und erhöhst dein Selbstwertgefühl

Helfen können dir hier Achtsamkeitsübungen wie Yoga, Meditation, aber auch Body Positivity

3. Sei freundlich zu dir 

Du hast Schwierigkeiten, deine Lust zu akzeptieren und deine Sexualität zu leben? Dann ist es wichtig, dass du mitfühlend und voller Selbstliebe mit dir umgehst. Erinnere dich daran, in welcher Umgebung du aufgewachsen bist und wie dein Umgang mit Sexualität geprägt wurde. 

Es ist absolut normal, wenn es dir anfangs schwer fällt, die Sache nun anders anzugehen. Überwinde Schuld und Scham Schritt für Schritt, aber gib dir genügend Zeit dafür – Druck gibt es von außen schon genug. 
 

Fazit: Deine Lust zu akzeptieren heißt, dich selbst zu akzeptieren

In einer Gesellschaft, die oft erwartet, dass wir unsere Sexualität unterdrücken, fällt es uns oft schwer, die eigene Lust zu leben. Doch Lust und Sexualität sind ein wichtiger Teil unserer Identität, sie sind eine wunderbare Art der Selbsterfahrung. Befreie dich von Schuld und Scham und lerne, auf deinen Körper und seine Signale zu hören – nur dann kannst du dich so akzeptieren, wie du bist, einschließlich deiner Sexualität. 
 

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