Aktives Zuhören: Beispiele und Übungen für bessere Kommunikation

Was ist aktives Zuhören?

Dein:e Freund:in erzählt dir gerade voller Begeisterung von seinem oder ihrem letzten Ausflug. Plötzlich leuchtet der Bildschirm deines Smartphones auf. Nun hast du die Wahl: Widmest du dich mitten im Gespräch deiner neuen Nachricht oder bleibst du mit deiner Aufmerksamkeit bei deinem Gegenüber und hörst aktiv zu. 

Viele entscheiden sich leider für den Blick auf das Smartphone, während das Gegenüber beim Sprechen immer leiser wird, weil ihm oder ihr nicht mehr richtig zugehört wird. Ein enttäuschendes Gefühl macht sich breit. 
 

Zuhören ist fundamental für jede erfolgreiche Beziehung – persönlich, beruflich, politisch.
Kate Murphy in »Immer auf Sendung … nie auf Empfang«

Der Psychologe Carl Rogers gilt als der Begründer der Gesprächstherapie und des aktiven Zuhörens. Aktives Zuhören ist unerlässlich für eine sichere und tiefe Bindung. Das bedeutet, dass wir mit voller Aufmerksamkeit bei unserem Gegenüber bleiben und uns nicht durch andere Dinge ablenken lassen, in das Gesagte etwas hineininterpretieren oder es gar verurteilen. 

Dabei ist es egal, ob es sich um die Nachbarn, Kolleg:innen, Familie oder Freunde und Freundinnen handelt – jeder verdient dieselbe Aufmerksamkeit.

Beim aktiven Zuhören geht es auch nicht darum, nur den Mund zu halten und den anderen ausreden zu lassen, sondern dein Gegenüber wirklich verstehen zu wollen. Ehrliches Interesse an dem, was das Gegenüber sagt, bringt uns einander näher. 

Die Evolution gab uns Augenlider, damit wir unsere Augen schließen können, aber sie gab uns keine entsprechende Struktur, um unsere Ohren zu verschließen.
Kate Murphy in »Immer auf Sendung … nie auf Empfang«

Welche Vorteile hat aktives Zuhören?

Beim Aktiven Zuhören ist es wichtig, offen und empathisch für dein Gegenüber zu sein und gezielt Fragen zu stellen, um noch mehr zu erfahren. So sind authentische und tiefe Gespräche möglich und auch man selbst kann viel davon profitieren. 

Aktives Zuhören kann einige Vorteile mit sich bringen:

  1. Konflikte, vor allem am Arbeitsplatz, können schneller gelöst werden.
     
  2. Es entstehen engere und tiefere Bindungen.
     
  3. Vertrauen wird aufgebaut und gefestigt.
     
  4. Die Fähigkeit, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, wird gestärkt.
     
  5. Wir verstehen unsere Mitmenschen besser und verbessern so auch unsere Empathie und emotionale Intelligenz
     
  6. Wir stärken die Fähigkeit, achtsam im Moment zu sein.
     
  7. Unser Wissensschatz wird erweitert.
     
  8. Es herrschen weniger Missverständnisse.
     
  9. Das Gefühl, sich einsam zu fühlen, kann reduziert werden.

Wie kann ich aktives Zuhören lernen? 3 Tipps

Die gute Nachricht: Die Fähigkeit des aktiven Zuhörens kannst du trainieren und verbessern. Wir wollen dir 3 Tipps an die Hand geben, wie dir eine bessere Kommunikation gelingen kann:

1. Beseitige Störfaktoren

Damit du deinem Gegenüber richtig zuhören kannst, solltest du zunächst alle Störfaktoren beseitigen: 

  • Smartphone, Fernseher oder Radio, übermitteln meistens Nachrichten, die uns aus den tiefsten Gesprächen herausbringen können. Schalte sie daher für die Dauer des Gesprächs aus oder schalte sie zumindest stumm. 
     
  • Bitte die Menschen in deiner Umgebung höflich darum, euch für die nächste Stunde nicht zu stören. 
     
  • Du hast noch wichtige To-dos im Kopf? Schreibe sie vor dem Gespräch mit Bullet-Points in einen Notizblock. So bekommst du den Kopf frei und kannst dich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

 

2. Nimm die Meinung des/der anderen an

Wie oft verurteilen wir die Meinung anderer Menschen, weil wir denken, dass nur unsere Ansicht richtig ist? Du darfst hier wieder lernen, dass es mehr als nur eine Meinung gibt. Du musst der anderen Haltung nicht zustimmen. Aber wenn du dich für einen Moment auf das einlässt, was dein Gegenüber sagt, kannst du deinen Horizont immens erweitern.

Die Wissenschaftsautorin Kate Murphy beschreibt in ihrem Buch »Immer auf Sendung … nie auf Empfang«, wie sogar der Apple-Mitbegründer Steve Jobs scheinbar genau die Leute einstellte, die seine Meinung auf meist brutale Art und Weise zurückwiesen und ihn dazu zwangen, zuzuhören.

 

Mutter und Tochter sitzen Tee trinkend auf dem Küchenboden und hören sich aktiv zu

3. Stell die richtigen Fragen

Wenn du aktiv zuhören möchtest, dann solltest du auch aktiv Fragen stellen. Interessiere dich für die Hintergründe des Gesagten. Das kannst du, indem du offene Fragen stellst, also Fragen, auf die dein Gegenüber noch tiefer von seinem Erlebnis erzählen kann.

  • »Wie war das für dich, das zu erleben?«
     
  • »Was hast du dabei gefühlt?«
     
  • »Welche Beweggründe hattest du dafür?«

Doch Vorsicht: Wenn wir danach gefragt werden, »warum« wir uns so verhalten haben, wie wir uns verhalten haben, neigen wir oft dazu, uns zu rechtfertigen und zu erklären. Lade dein Gegenüber lieber dazu ein, dir offen mehr zu erzählen.

Statt also zu fragen: »Warum kommst du erst um 11 Uhr abends nach Hause?« 
Lade lieber ein, von seinem oder ihrem Abend zu erzählen: »Du warst lange weg, erzähl mal, was hast du heute Abend schönes erlebt?«

Zuhören ist die Erfahrung, erfahren zu werden.
Kate Murphy in »Immer auf Sendung … nie auf Empfang«

Weitere wichtige Techniken, damit dir aktives Zuhören gelingen kann:

  • Halte eine offene Körperhaltung und Blickkontakt zu deinem Gegenüber.
     
  • Versuche, Interpretationen, Schlussfolgerungen und Reaktionen zurückzuhalten.
     
  • Bringe Kommentare oder Laute des Verständnisses in das Gespräch ein: »Ich verstehe, mhm, interessant …«.
     
  • Stelle Rückfragen, ob das Gesagte richtig verstanden wurde: »Verstehe ich dich richtig damit, dass …?«
     
  • Falls möglich, mache dir Notizen, um das Gesagte besser zu verinnerlichen. Das bietet sich besonders bei Vorträgen oder Meetings an.
     

Beispiele und Übungen für aktives Zuhören


Aktives Zuhören bei Streit und Konflikten

Wenn wir mit einem anderen Menschen auf engstem Raum zusammen sind, ist es völlig normal, dass wir ab und zu streiten oder Konflikte haben. Den Fehler, den die Meisten dann machen: sie hören dem anderen nicht wirklich zu. 

Wenn du das nächste Mal in einem Streit oder Konflikt bist, versuche dem anderen zuzuhören und nicht gleich zu reagieren. Wenn du etwas nicht verstehst, frage nach:

  • »Ich kann das noch nicht ganz verstehen, magst du mir erklären, was deine Beweggründe dahinter sind?«
     
  • »Gibt es noch andere Momente, wo du so über die Beziehung denkst und wenn ja, wie kommt es dazu, wie trage ich mit meinem Verhalten dazu bei?«
     
  • »Was kann ich tun, damit du dich besser verstanden fühlst?«
     

Besser Zuhören bei Trauer

Wenn jemand traurig über einen Verlust ist, können wir nicht viel tun. Doch vielleicht helfen dir die folgenden Fragen und Aussagen dabei, ein Gespräch zu führen, indem du aktiv zuhören kannst:

  • »Möchtest du darüber reden? Wenn ja, was geht dir durch den Kopf?«
     
  • »Wie kann ich dir die nächste Zeit so angenehm wie möglich gestalten?«
     
  • »Ich verstehe, dass du jetzt nicht reden möchtest. Ich möchte dir gerne helfen. Lass mich gerne wissen, wie, wenn du so weit bist.«
     

Aufmerksam Zuhören bei schönen Erlebnissen

Erzählt dir jemand von seinen schönen Erlebnissen, dann schenke ihm oder ihr deine volle Aufmerksamkeit. Lächle, nicke, stimme zu und versuche mit offenen Fragen, mehr zu erfahren. 

  • »Das klingt spannend! Wie bist du dazu gekommen?«
     
  • »Was war der schönste Moment für dich?«
     
  • »Wahnsinn! Was ist dann passiert?«

 

Fazit: Aktives Zuhören kannst du trainieren

Aktives Zuhören ist wichtig für tiefergehende Bindungen. Indem wir wirklich zuhören, geben wir unserem Gegenüber nicht nur ein gutes Gefühl, sondern erweitern auch unseren eigenen Horizont und sammeln neue Erkenntnisse. Auch Konflikte und Streits lassen sich so viel schneller lösen oder gar vermeiden. Für ein richtig gutes Gespräch solltest du 

  • sämtliche Störfaktoren vermeiden, 
  • die Meinung des anderen annehmen und 
  • offene Rückfragen stellen, die dein aufrichtiges Interesse zeigen. 

Mithilfe der Techniken des aktiven Zuhörens kannst du deine Kommunikation verbessern und tiefere Bindungen zu anderen Menschen schaffen.
 

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