Psoas: Der Muskel der Seele und seine Bedeutung für eine gesunde Hüfte
Mit welchen Übungen wir den Psoas-Muskel dehnen und unsere Hüfte stärken
So wichtig ist die Hüfte
Die Hüfte spielt in unserem täglichen Leben eine entscheidende Rolle. Sie trägt uns durch den Tag, ermöglicht weite Bewegungen und gibt uns Stabilität. Oft beachten wir sie aber erst, wenn sie sich durch Verspannungen und Schmerzen bemerkbar macht – mangelnde Bewegung, eine ungünstige Sitzhaltung oder emotionaler Stress können zu Verspannungen und Einschränkungen in der Hüfte führen. Die Folge sind Rücken- und Hüftschmerzen, die gerne in den Unterbauch ausstrahlen, aber auch Blockaden im Gelenk.
Besonders für Frauen ist die Hüfte ein wichtiges Thema, denn sie sind anfälliger für Hüftprobleme als Männer. Das liegt nicht nur an den hormonellen Veränderungen, denen Frauen im Laufe des Lebens unterworfen sind. Die Körpermitte spielt für Frauen eine ganz besondere Rolle: Hier sitzt die Gebärmutter, soll Leben entstehen und wachsen.
Für die Hüfte ist das mehr als anstrengend. Im Laufe einer Schwangerschaft wird der Druck auf die Hüftgelenke immer größer, während der Geburt muss sich der gesamte Hüft- und Beckenbereich kräftig ausdehnen, damit das Baby durch den Geburtskanal wandern kann. Muskeln, Sehnen und Bänder werden maximal beansprucht und erholen sich oft nur langsam von diesen Strapazen – viele Frauen leiden noch Jahre nach der letzten Geburt unter Schmerzen im Hüftbereich. Grund genug also, sich die Hüfte einmal näher anzusehen.
Der Aufbau der Hüfte
Die Hüfte besteht aus dem Hüftgelenk, dem Becken und der Hüftmuskulatur. Das Hüftgelenk selbst ist ein Kugelgelenk und gehört zu den beweglichsten Gelenken im Körper: Es kann sich nach vorne und hinten, zu beiden Seiten und in die Drehung bewegen. Das heißt, wir können nicht nur gehen und Treppen steigen, sondern auch tief sitzen oder weite Schritte machen. Im und um das Gelenk herum sorgen verschiedene Muskeln und Bänder für Stabilität und Flexibilität.
Eine besondere Rolle spielt hier der Iliopsoas, auch Psoas oder Hüftbeuger genannt. Er liegt tief im Körper und verbindet den Ober- mit dem Unterkörper, er hebt das Bein und beugt die Hüfte – er ist ein zentraler Muskel für unsere Mobilität.

Genau dieser Psoas steht in unserem modernen Alltag oft unter Dauerstress. Das liegt zum einen an unseren Bewegungsgewohnheiten, denn im Gegensatz zu unseren Vorfahren verbringen wir einen Großteil unseres Alltags im Sitzen. Die Folge: Muskeln verkürzen sich, das Gelenk wird weniger mobil und Schmerzen können entstehen. Starke Verspannungen und eine »Verkürzung« des Psoas begünstigen Rückenschmerzen, Hüftschmerzen und Haltungsschäden.
Verspannter Psoas-Muskel: Symptome
Ein verspannter Psoas kann Symptome verursachen – auch solche, die du möglicherweise nicht sofort mit ihm in Verbindung bringst. Da der Psoas tief im Körper verläuft und mit der Wirbelsäule, dem Becken und sogar dem Nervensystem verknüpft ist, können die Beschwerden weitreichend sein:
- Rückenschmerzen (besonders im unteren Rücken, da der Psoas direkt an der Lendenwirbelsäule ansetzt)
- Hüftschmerzen oder ein Gefühl der Steifheit in der Hüftregion
- Leistenschmerzen, die bis in den Oberschenkel ausstrahlen können
- Schwierigkeiten beim Aufrichten nach langem Sitzen
- Verdauungsbeschwerden, weil der Psoas nah am Darm verläuft
- Atemprobleme, denn ein verkürzter Psoas kann die Lunge einengen und so zu einer flachen Atmung führen
Der Seelenmuskel: Die emotionale Bedeutung des Psoas
Der Psoas steht außerdem in enger Verbindung mit unserem vegetativen Nervensystem und reagiert empfindlich auf Stress. Auch hier liegt die Ursache in unserer Vergangenheit: In grauer Vorzeit war es wichtig, vor drohenden Gefahren möglichst schnell fliehen zu können. Deshalb wird der Psoas bei der kleinsten Gefahrenmeldung aktiviert. Heute lösen wir unsere Probleme eher nicht mehr durch panisches Davonrennen – so verlockend das manchmal auch wäre. Trotzdem kann dauerhafter oder chronischer Stress dazu führen, dass der Psoas in ständiger Alarmbereitschaft bleibt.
Emotionen wie Angst, Wut oder Sorgen können dann dazu beitragen, dass sich der Psoas ständig anspannt. Wenn wir gleichzeitig in stressigen oder belastenden Situationen unsere Gefühle unterdrücken, bleibt die Anspannung im Körper bestehen. Der Körper speichert emotionale Erlebnisse, es entstehen Blockaden und Verspannungen. Genau aus diesem Grund kommt es vor allem bei Yogasequenzen mit Hüftöffnern immer wieder zu Gefühlsausbrüchen, unerwarteten Tränen oder Erleichterung. Wenn sich Hüftblockaden lösen, fühlen sich viele danach befreit, andere sind überrascht, wie tief Emotionen im Körper verankert sein können. Aufgrund dieses Zusammenhangs wird der Psoas auch »Muskel der Seele« genannt.
Die Hüfte trainieren, dehnen und entspannen
Bei Hüftbeschwerden oder -schmerzen hilft vor allem eines: Bewegung! Deine Hüfte liebt Abwechslung – also tanze, strecke dich oder setz dich mal im Schneidersitz hin, anstatt stundenlang auf dem Bürostuhl zu verharren:
- Geh spazieren.
- Mach bewusst große und kleine Schritte.
- Probiere sanfte Hüftkreise.
- Tanz zu deiner Lieblingsmusik.
Hauptsache, der Psoas darf das tun, wozu er eigentlich da ist. Wichtig ist außerdem, Stressbewältigung in deinen Alltag zu integrieren: Je ruhiger dein Geist, desto entspannter ist auch dein Körper. Regelmäßige Pausen und bewusste Atemübungen sowie entstressendes Yoga können einen großen Unterschied machen und Hüftblockaden lösen und vorbeugen. Darüber hinaus können dir gezielte Übungen für die Hüfte helfen: Sie dehnen deine Hüfte, lösen Verspannungen und bringen die Muskeln wieder in Balance.
Psoas-Dehnübungen für eine gesunde Hüfte
Hüftübung 1: Sprinter-Position

- Begib dich in den Vierfüßlerstand. Dann setze den rechten Fuß nach vorne, sodass er stabil auf dem Boden steht und das Knie über dem Knöchel steht.
- Jetzt schiebe das linke Bein so weit nach hinten, bis du eine Dehnung im vorderen Bereich der linken Hüfte spürst.
- Platziere deine Hände neben dem vorderen Fuß und richte deinen Oberkörper auf: Hebe die Brust, strecke deine Wirbelsäule und ziehe die Schultern leicht nach hinten. Dein Blick geht nach vorne oder schräg nach unten, sodass dein Nacken entspannt.
- Halte die Position 1 bis 2 Minuten, dann wechsle Bein und Seite.
Hüftübung 2: Schmetterlingssitz

- Setze dich bequem auf den Boden und ziehe deine Knie an. Führe deine Fußsohlen aneinander, sodass sie sich berühren, und lass deine Knie nach außen fallen. Ziehe die Fersen mithilfe deiner Hände so nah wie möglich an die Hüfte.
- Richte den Oberkörper auf: Hebe den Brustkorb, ziehe die Schultern entspannt nach hinten. Richte deinen Blick gerade nach vorn oder leicht schräg nach unten, sodass dein Nacken entspannt.
- Nun greife mit den Händen um deine Knöchel. Dann beuge deinen Oberkörper gerade nach vorne, bis du eine sanfte Dehnung spürst. Atme gleichmäßig ein und aus. Lass mit jedem Atemzug deine Beine etwas tiefer ziehen und weicher werden.
- Halte die Position 1 bis 2 Minuten, dann ziehe die Knie wieder nach oben. Wenn du möchtest, kannst du die Pose nach einer kurzen Pause noch einmal wiederholen.
Hüftübung 3: Die tiefe Hocke

- Stelle dich breit auf die Matte, die Zehen zeigen etwa 45 Grad nach außen. Dann beuge die Knie und senke dein Becken zwischen die Füße. Die Füße, auch die Fersen, bleiben dabei fest auf dem Boden. Falls sich deine Fersen heben wollen, unterstütze sie mit einem kleinen Kissen oder einer gefalteten Decke.
- Führe nun die Hände vor deiner Brust zusammen. Drücke mit den Ellenbogen sanft gegen die Innenseite deiner Knie, richte dich gleichzeitig im unteren Rücken auf. Hebe das Brustbein und ziehe die Schultern entspannt nach hinten. Richte deinen Blick gerade nach vorn oder leicht schräg nach unten, sodass dein Nacken entspannt.
- Halte die Position 1 bis 2 Minuten und genieße die sanfte Dehnung im Hüftbereich. Komme anschließend langsam und achtsam ins Stehen. Wenn du möchtest, kannst du die Pose nach einer kurzen Pause noch einmal wiederholen.
Fazit: Den Seelenmuskel dehnen für eine gesunde Hüfte
Der Psoas heißt nicht umsonst Seelenmuskel. Als unser tiefster Muskel reagiert er nicht nur auf körperliche Anspannung, sondern auch auf emotionale Belastung und Stress. Besonders, wenn wir unter Druck stehen oder Stress nicht richtig verarbeiten, bleibt der Psoas in Alarmbereitschaft – das kann sich in Hüftbeschwerden, Schmerzen und Verspannungen äußern.
Regelmäßige Bewegung, gezielte Dehnübungen, Atemtechniken und ganz allgemein weniger Stress können dir helfen, deinen Psoas zu entspannen und so mehr Leichtigkeit in Körper und Geist zu bringen. Indem du ihm Aufmerksamkeit schenkst, lockerst du nicht nur körperliche Spannungen – du gibst auch deinen Emotionen Raum, sich zu lösen.
Quellen:
- Effert, Nadine (2018): Rückenschmerzen bei Frauen: Anatomie und Hormone machen anfälliger. Online unter: https://www.gesunde-frau-info.de/rückenschmerzen-bei-frauen-anatomie-und-hormone-machen-anfaelliger
- Fuchs, J., Kuhnert, R., & Scheidt-Nave, C. (2017): 12-Monats-Prävalenz von Arthrose in Deutschland. In: Journal of Health Monitoring, 2(3), Robert Koch-Institut, Berlin. Online verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Journal-of-Health-Monitoring/GBEDownloadsJ/FactSheets/JoHM_03_2017_Praevalenz_Arthrose.pdf