Pohltherapie: Übungen gegen Rückenschmerzen
Wer Rückenschmerzen hat, muss sich ihnen nicht ohnmächtig ergeben. Denn je nachdem, welchen Ursprung sie haben und wie stark sie sind, können sie mit bestimmten Übungen auch zu Hause behandelt werden. Die Pohltherapie, benannt nach Dr. Helga Pohl, bezeichnet die Behandlung von Schmerzen durch einfache Übungen – gemeinsam mit Tipps für den Alltag, Sport und die Arbeit lassen sich Rückenschmerzen so meist bereits in den Griff bekommen.
Die Rückenschmerzen, die mit der Pohltherapie und entsprechenden Übungen behandelt werden können, sind sogenannte »unspezifische Rückenschmerzen«. So bezeichnet man Schmerzen, die nicht aufgrund organischer Erkrankungen erklärt werden können. Diese Art machen die meisten Rückenschmerzen aus, die durch falsche Bewegungen, schlechte Haltung und verklebte Muskeln und Faszien ausgelöst werden können.
Die Folgen im Alltag aber sind erheblich: Plötzlich kommt man nicht mehr aus dem Bett, das Binden der Schuhe ist schmerzhaft und das Tragen von Einkäufen sowieso. Ein aktives Leben sieht meist anders aus. Die Pohltherapie verspricht, mit gezielten Übungen gegen Rückenschmerzen zu helfen. Diese Übungen lassen sich aufteilen in zwei Behandlungsprogramme: für Beschwerden im unteren Rücken und Beschwerden im oberen Rücken.
Was genau ist die Pohltherapie?
Die Pohltherapie beschreibt eine sensomotorische Körperbehandlung nach Dr. Helga Pohl. Während der Behandlungen von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die mit Verspannungen und Verhärtungen in der Muskulatur und den Faszien zusammenhängen, wird Betroffenen zu einer verbesserten Wahrnehmung ihres Körpers und ihrer Haltung verholfen. Im Rahmen der Pohltherapie lernt man, seinen Körper bewusst zu spüren und so unbewusst angespannte Partien wieder locker zu lassen und in wohltuende Bewegungen mit einzubeziehen. Die Pohltherapie berücksichtigt verschiedene Grundlagen:
- Neurobiologie: das Wissen um Verhaltensweisen der Muskulatur bei Anspannung und Stress, aber auch der Entspannung des Organismus bei positiven Erlebnissen.
- chronische Verspannungen: hierzu zählt eine einseitige, starke Belastung, die zu chronischen Muskelverspannungen führt. Auch bei Fehlhaltungen oder falschen Angewohnheiten kann es zu einer dauerhaften Kontraktion von Muskeln und somit zu Schmerzen kommen.
- sensomotorische Störungen: Je nach Ort der Muskelverspannungen können statt vorübergehender Missempfindung starke Beschwerden entstehen – etwa Kopfschmerzen, Knieschmerzen, Atemstörungen und Angstzustände.
All diese psychosomatischen und funktionellen Beschwerden lassen sich auf einen objektiv feststellbaren körperlichen Befund zurückführen – nämlich eine Dauerkontraktion der Muskulatur, die zu Schmerzen führt. Die Pohltherapie ist eine Möglichkeit, diese Verspannungen, die meist bewusst gar nicht mehr wahrgenommen werden, durch gezielte Übungen aufzuheben und so Schmerzzustände aufzulösen.
Was sind die Ursachen für Rückenschmerzen?
Es gibt viele Falschannahmen dazu, woher Rückenschmerzen kommen. Die Schmerzen werden entweder der Wirbelsäule zugeschrieben, einer schwachen Rückenmuskulatur oder den Bandscheiben. Auch Sitzen oder die Seitlage beim Schlafen werden gerne als Begründung für Rückenschmerzen genannt. Das suggeriert ein Bild, dass Rückenschmerzen unausweichlich sind und man nichts dagegen tun kann. Tatsächlich entstehen Rückenschmerzen aber meist durch Faktoren, die man beeinflussen kann:
- zu viel Anspannung im Rücken durch Stress und Fehlhaltungen
- zu wenig Bewegung
- zu viel Gewicht
- schlechte Übungen oder falsch ausgeführte Übungen
Pohltherapie: Übungen gegen Rückenschmerzen
Die Pohltherapie erhöht das Verständnis für unseren Körper und schärft die Wahrnehmung für das, was in uns vor sich geht. Das Selbsthilfeprogramm sorgt für mehr Verständnis für den eigenen Körper, größere Lust an der Bewegung, eine verbesserte Leistungsfähigkeit und mehr Lebensfreude. Mit Selbstbehandlungen und Übungen können Rückenschmerzen und Missempfindungen gelindert werden, man wird beweglicher, kann langfristig auf Medikamenteneinnahme verzichten und sich von gesundheitlichen Sorgen und Stress befreien.
Die Bewegungsübungen fördern die Körperwahrnehmung und machen die Muskeln flexibel. Wenn du dann noch die Alltags-Hinweise umsetzt, können Rückenschmerzen bald deiner Vergangenheit angehören. Wer dann noch die Hinweise zum Alltag umsetzt, wird bald keine Probleme mehr mit Rückenschmerzen haben.
Für die Selbstbehandlung benötigst du ein paar Werkzeuge, um verklebte Muskeln und Faszien zu lösen und Triggerpunkte zu erreichen, deren Behandlung Rückenschmerzen effektiv lindert. Triggerpunkte sind Stellen, an denen sich die kleinsten Muskelfäserchen zusammenballen und nicht wieder loslassen.
Als Zubehör für die Pohltherapie biete sich z.B. ein Faszien-Doppelball und eine Faszien-Rolle sowie ein Tennisball an. Im Sanitätsfachhandel oder im Internet kannst du außerdem einen Massagehaken erwerben, mit dem du auch schwer erreichbare Muskeln alleine zu Hause behandeln kannst.
Übungen gegen Rückenschmerzen: unterer oder oberer Rücken?
Zu Beginn des Programms nach der Pohltherapie gilt es, einmal ganz grundlegend in sich hineinzuhorchen: Sind die Schmerzen eher im oberen oder unteren Rücken? Wer in beiden Zonen Schmerzen hat, beginnt am besten mit den Übungen für den unteren Rücken. Das Programm sieht vier aufeinanderfolgende Tage vor. Die Übungen benötigen am Tag etwa 30 Minuten. Wenn du danach beschwerdefrei bist, kannst du die Übungen vorbeugend fortsetzen.
Die detaillierten Übungen und Behandlungen der einzelnen Körperregionen und Muskeln werden im Buch »Rückenschmerzen selbst behandeln mit der Pohltherapie« von Renate Bruckmann und Tilo Mörgen beschrieben – das Programm für den unteren Rücken hilft bei Steifheit und Schmerzen aller Art, beim Bücken, Liegen, beim Drehen im Bett, bei Schmerzen beim Treppensteigen und Bergabgehen sowie bei einem »Durchbrechgefühl« im unteren Rücken.
Das Programm für den oberen Rücken hilft vor allem bei Schmerzen zwischen den Schulterblättern, Beschwerden beim Atmen oder Husten, beim Neigen oder Drehen des Kopfs, bei Schmerzen, die vom Rücken nach vorn in die Brust ziehen, bei Müdigkeit und Schwäche im oberen Rücken sowie Schmerzen beim Liegen auf dem Rücken.
Ziel beider Übungsprogramme ist es, die Muskeln zu lockern und das Bindegewebe und die Faszien wieder gleitfähig zu machen.
Pohltherapie-Übung gegen Rückenschmerzen durch ein Hohlkreuz
Diese Übung hilft dem Becken, wieder aufrecht zu werden, und gleicht langes Sitzen aus. Die Hüftbeuger werden wieder flexibel, sodass das Becken und der untere Rücken sich entspannen können. Oft kann man das sogar im Spiegel sehen. Im Idealfall spürst du es, wenn du den Vorhernachher-Vergleich auf der Matte machst: Der untere Rücken, Beine und Becken liegen bequemer und die Wirbelsäule hat sich gestreckt. So geht die Übung:
- Nimm bei starken Beschwerden für die Übung eine fest zusammengerollte Decke und bei leichten Schmerzen und zur Vorbeugung eine Faszienrolle.
- Du liegst auf dem Rücken, die Beine sind angestellt.
- Hebe dein Becken an und lege die Rolle oder die Decke unter dein Becken, da, wo die Pobacken anfangen. Die Beine bleiben stehen.
- Dann hebe das rechte Knie zum Körper und führe es langsam Richtung Brust.
- Von dort lasse es langsam und kontrolliert ab, bis der Fuß wieder vor deinem Becken auf dem Boden steht.
- Strecke dann das Bein aus.
- Atme einmal langsam und tief in den Unterbauch und die Leiste des gestreckten Beins ein.
- Mache drei Wiederholungen und dann einen Seitenwechsel.
- Lege dich flach ohne Rolle oder Decke ab und spüre kurz nach. Welchen Kontakt hast du jetzt im unteren Rücken mit der Matte, wie liegen Becken und Beine auf?
Tipps für den Alltag, um Rückenschmerzen zu vermeiden
Wenn du bereits unter Rückenschmerzen leidest, solltest du die Übungen gegen Rückenschmerzen nach dem Prinzip der Pohltherapie, wie sie in »Rückenschmerzen selbst behandeln« beschrieben sind, auf jeden Fall ausprobieren. Meist lassen sich Beschwerden so innerhalb weniger Tage lindern.
Gleichzeitig helfen folgende Tipps für den Alltag, den Rücken zu schonen und ihm Gutes zu tun, um Rückenschmerzen zu lindern bzw. zu vermeiden: nicht gegen den Schmerz arbeiten, kein Rückentraining starten, solange die Verspannungen nicht gelöst sind, also z.B.: keine Sit-ups, die durch Überlastung zu Dauerverspannungen führen können oder nicht auf dem Rücken schlafen, wenn es unangenehm ist. All das verstärkt die Verspannungen und somit auch die Rückenschmerzen.
Beachte außerdem folgende Tipps:
- Kein stundenlanges Autofahren, ohne Bewegungspausen
- Bei langen Bahn- oder Flugreisen in einem kalten Flieger oder Abteil solltest du am besten etwas Warmes zum Anziehen mitnehmen oder vorsorglich ein Wärmepflaster auf die empfindlichen Stellen kleben
- Vermeide stressige Besprechungen in unbequemen Stühlen oder Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen – die Schiefstellung des Beckens belastet den Rücken
- Versuche, bei längeren Sitzungen häufiger aufzustehen oder im Sitzen das Becken zu bewegen und wenn möglich zwischendurch zu strecken
- Schwere Gegenstände solltest du immer mit rundem Rücken aufheben und sie körpernah halten (also die Kiste gegen den Körper drücken)
- Mache Sportarten wie Schwimmen, leichtes Jogging, Yoga und Tanzen, denn sie halten deinen Rücken geschmeidig, ohne ihn zu überfordern
- Im Büro und Homeoffice gilt: Stuhl, Tisch und Bildschirm sollten so eingestellt sein, dass du gerade sitzt – also weder ins Hohlkreuz fällst, noch einen Buckel machst
Fazit: Mit einfachen Übungen gegen Rückenschmerzen
Noch einmal zusammengefasst: Rückenschmerzen sind kein Schicksal, dem man sich ergeben muss. Tatsächlich sind die Schmerzen meist einem unbewussten »Fehlverhalten« bzw. einer Fehlhaltung geschuldet, die sich ebenso schnell wieder aufheben lässt.
Mit Übungen und Selbstbehandlung nach der Pohltherapie, wie sie im Programm von Renate Bruckmann und Tilo Mörgen beschrieben werden, können Beschwerden zu Hause gelindert werden. Gleichzeitig schult das Programm die Selbstwahrnehmung und das Verständnis für den eigenen Körper, sodass Rückenschmerzen und Verspannungen langfristig vorgebeugt werden können.
Wie immer gilt: Lassen sich deine Schmerzen durch die Übungen nicht lösen oder sind die Übungen nicht schmerzfrei durchführbar, solltest du einen Arzt oder eine Ärztin zu Rate ziehen. Auch Pohltherapeut:innen können unter Berücksichtigung der Krankengeschichte und Lebensumstände fundierte Anweisungen geben und Rückenschmerzen gezielt behandeln.
Weitere Informationen
Dr. Helga Pohl gründete 1994 das Körpertherapie-Zentrum, um ihre Forschung zu vertiefen, Erkenntnisse zu sammeln und Kolleg:innen in der Pohltherapie auszubilden, um ihre Patient:innen bei Schmerzzuständen, Bewegungseinschränkungen oder funktionellen Erkrankungen umfänglich therapieren zu können. Das medikamentenfreie, manuelle Verfahren wird u.a. zur Behandlung von
- chronischen Schmerzen, wie Kopfschmerzen etc. Chronischer Schmerz ist die häufigste Indikation;
- funktionellen Erkrankungen, wie "Kloß im Hals", Stimm- und Sprechstörungen etc.;
- Bewegungsstörungen wie Versteifungen oder Schwächegefühl etc.;
- Missempfindungen, wie Kribbeln, Kälte- und Hitzempfindungen etc. und auch Ängsten und Depressionen.
Mehr über die Pohltherapie und ihre Begründerin Dr. Helga Pohl, lesen Sie auf ihrer Seite „Pohltherapie – Sensomotorische Körpertherapie nach Dr. Pohl“. Hier finden Betroffene tiefgehende Informationen rund um behandelbare Beschwerden, Behandlungsmöglichkeiten sowie eine Kontaktliste zu empfohlenen Therapeuten.