Entscheidungen mit Körperempfindungen treffen

Damit ein Hocker stabil steht, braucht er mindestens drei Beine. Beim Entscheiden funktioniert das ähnlich: Eine Entscheidung ist dann „gut aufgestellt“, wenn sie nicht nur auf einem Bein steht, sondern auf mehreren. Sie wird umso tragfähiger, je mehr alle Entscheidungskräfte zum Tragen kommen, die uns zur Verfügung stehen: Kopf und Bauch, Herz und Intuition, die Signale des Körpers und die leise Stimme der Sehnsucht.
 

Ein Traumteam, um gute Entscheidungen zu treffen: Kopf UND Bauch

Umgangssprachlich unterscheiden wir beim Wählen oft zwischen einem Kopftyp und einem Bauchtyp. Natürlich, niemand entscheidet ausschließlich aus dem „Bauch“ heraus oder nur mit dem „Kopf“, wenn es darum geht, wichtige Entscheidungen zu treffen. Doch viele haben in dem Miteinander von Fühlen und Denken ein Stand- und ein Spielbein. Die einen lassen sich in ihrem Wählen bevorzugt vom Kopf, die anderen vom Bauch leiten. Kennst du dein Stand- und dein Spielbein? Oder lässt du ein Bein vielleicht sogar verkümmern? Wie steht es sich so, nur auf einem Bein?
 

Gefühle und Körperempfindungen sind ein immenser Wissensspeicher auf dem Weg zu einer guten Entscheidung.
Melanie Wolfers

Entscheidungen mit dem Bauchgefühl treffen: Der spontan-emotionale Bauchtyp

Gerhard hat in seiner Firma ein großes Projekt übertragen bekommen und stellt nun eine Risiko-Folgen-Abschätzung zusammen. Genauer gesagt: Er sollte sie zusammenstellen. Doch er bekommt einen Anruf, ob er bei einem Konzert seiner alten Band mitmachen möchte. Das reizt ihn spontan. Begeistert stimmt er zu. In der Nacht wälzt er sich unruhig von einer Seite auf die andere: „Wie soll ich das bloß alles hinbekommen? In 14 Tagen muss ich das Paper abgeben! Und gleichzeitig soll ich drei Mal pro Woche für das Konzert proben…“ Wie schon so oft bereut Gerhard seine übereilte Zusage und macht sich Vorwürfe, die falsche Entscheidung getroffen zu haben.

Wer wie dieser Mann zu einem spontan-emotionalem Verhalten neigt und sich leicht begeistern lässt, denkt nicht lange nach, sondern legt sich bei den meisten Entscheidungen schnell fest. Dabei verlässt er sich auf sein situatives Gefühl. Damit kann er intuitiv richtig liegen. Doch der Schnellschuss kann auch gehörig daneben gehen. Wer offen für Neues ist und gerne spontan Dinge übernimmt, bugsiert sich dadurch öfters ins Chaos hinein. 

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Bist du ein*e emotionale*r Schnellentscheider*in oder ein Bauchtyp? In dem Fall liegt die Herausforderung für dich darin, dass du lernst, dich selbst zu verlangsamen. Denn nur dann haben dein Verstand und dein Herz die Chance, zum Zug zu kommen. 

 

Rational & mit klarem Verstand entscheiden: Der kontrolliert-rationale Kopftyp

Ein Kopf auf zwei Beinen – dieses Bild steigt in mir auf, je länger ich der Frau zuhöre. Brillant analysiert sie ihre Situation und die verschiedenen Handlungsalternativen samt ihrem Für und Wider - regelrechte Pro- und Contra-Listen. Doch gefragt, was sie bei den verschiedenen Möglichkeiten empfinde, kommt … nichts! Sie fühlt nichts! Der Zugang zu ihren Körperempfindungen und Gefühlen wirkt wie verschüttet.

Menschen mit einem rationalen Entscheidungsstil denken lange nach, ehe sie handeln. Sie wägen genau ab und investieren viel Zeit in die Planung künftiger Ereignisse. Stehen sie vor schnellen Entscheidungen, macht sie dies unsicher und unzufrieden. Solche Personen können hervorragend analysieren und Strategien entwickeln. Doch es gelingt ihnen nur schwer, ihre Analyse mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Zielen abzustimmen. Was sie angesichts von verschiedenen Entscheidungsalternativen empfinden, nehmen sie nur schwach wahr.

Wer das Gespür für sich selbst so wenig entwickelt hat wie die genannte Frau, tut sich schwer, eine stimmige oder schwierige Entscheidung zu treffen. Denn sie schöpft nicht aus dem Erfahrungsreservoir, welches das Bauchgefühl zur Verfügung stellt. Und das hat nicht zuletzt auch die Hirnforschung gezeigt: Gefühle und Körperempfindungen sind ein immenser Wissensspeicher auf dem Weg zu einer guten Entscheidung. 
 

Wie lerne ich, richtige Entscheidungen zu treffen?

Das bedeutet: Je besser dein Kopf und Bauch miteinander kooperieren, umso tragfähiger werden deine Entschlüsse! Denn beide - Kopf und Bauch - haben dir in Entscheidungssituationen etwas zu sagen. Die Kunst einer klugen Wahl besteht darin, dass du die Stärken und Schwächen von Kopf und Bauch kennst und situationsgerecht einsetzt. Gelingt ihre Kooperation, ist ein Traumteam am Start! 

Doch vielen Menschen ist der Zugang zu ihrem Bauchgefühl verstellt. Sie haben nicht gelernt oder haben verlernt, ihre Empfindungen und Körpersignale wahrzunehmen. Das Gute ist: Die Aufmerksamkeit für unsere Gefühlswelt und für die damit verbundenen Körperempfindungen lässt sich trainieren. 
 

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Fitnesstraining für das Körpergefühl

1. Tipp: Die Sensibilität für Körperempfindungen trainieren
Du kannst deine Körpersignale mittels kleiner Übungen besser wahrnehmen lernen. Ein Beispiel: Dein Handy klingelt. Am Display erkennst du, wer anruft. Fast immer wird dies blitzschnell ein Gefühl in dir wecken. „Oh, wie schön!“ „Nicht schon wieder!“ oder „Mist, das gibt Ärger!“ Diese Signale stellen sich innerhalb von etwa 200 Millisekunden ein. Gewöhne dir an, dir die Frage zu stellen, was das erste Gefühl ist, das sich beim Klingeln des Handys und dem Blick aufs Display jeweils zu Wort meldet, und notiere es.

2. Tipp: Ein Bewusstsein für die eigene Körpersprache entwickeln
Die Körpersignale (in der Wissenschaft „somatische Marker“ genannt) arbeiten in Entscheidungssituationen wie ein Ampelsystem. Negative Marker gleichen einer roten Ampel. Sie signalisieren „Stopp!“ „Das ist schlecht für dich!“ und mahnen zur Vorsicht. Die positiven somatischen Marker gleichen einer grünen Ampel. Sie sagen: „Go!“ „Das ist gut für dich!“ Um sicher durchs Leben navigieren und befriedigende Entscheidungen treffen zu können, ist es wichtig, dass wir unsere Körpersprache kennen. Die speziellen Signale, die unser Körper aussendet, wenn er auf Rot oder Grün schaltet.
 

Wie ein Seismograph hat dein Körper dir in Entscheidungssituationen etwas zu sagen.
Melanie Wolfers

Körperempfindungen Liste: darauf solltest du achten:

Typische Körperempfindungen, die zu Vorsicht mahnen oder vor Gefahren warnen, sind beispielsweise:

  • ein Schweregefühl
  • der gefühlte Kloß im Hals
  • ein Würgegefühl
  • Anspannung im Nacken oder Rücken
  • Enge in der Brust
  • Grummeln im Bauch
  • Zittern in den Beinen
  • ein gepresster Atem. 

Hierzu passt auch unser Artikel Die 5 Gefühlsfamilien und ihre Wirkung im Körper.

Typische Empfindungen, wenn der Körper auf Grün schaltet, sind:

  • Ich spüre eine Wärme, die sich im Körper ausbreitet
  • ein angenehmes Gefühl im Bauch
  • ein gutes Empfinden im Brustbereich (Weite, Freiheit)
  • der Eindruck „Ich könnte tanzen und hüpfen vor Freude“
  • ein Gefühl von Leichtigkeit
  • ein inneres Fließen
  • der ganze Körper scheint voller Energie zu sein und signalisiert dies oft mit einem Lächeln, das sich in den Mundwinkeln andeutet. 

Möglicherweise sind dir einige der Empfindungen vertraut und andere unbekannt. Es ist gut, wenn du die individuellen Signale deines Körpers wahrnimmst, wenn dieser „Stop!“ oder „Go!“ sendet. Denn wie ein Seismograph hat er dir in Entscheidungssituationen etwas zu sagen.
 

Man wählt nur mit dem Herzen gut

Kopf und Bauch: ein Traumteam – das klingt gut, aber dummerweise kommt es häufig anders. Da stehe ich vor mehreren Entscheidungsalternativen und die Beiden ziehen mich in verschiedene Richtungen- die berühmte Qual der Wahl. Setzt sich jetzt zwangsläufig der Bauch auf Kosten des Kopfes durch oder umgekehrt? Oder gibt es eine moderierende Instanz, die abwägt, was von Kopf und Bauch an Impulsen daherkommt, und dann entscheidet? 

Ja, wir Menschen haben eine Kraft in uns, die uns zu einer ganzheitlichen, ausgewogenen Wahl befähigt: das Herz! 

Ähnlich wie bei der Rede von Kopf und Bauch ist mit dem Herz natürlich nicht das Organ gemeint, das in unserem Brustkorb schlägt. Es handelt sich um einen bildhaften Begriff, vertraut aus zahlreichen Redewendungen: Jemand ist nur mit halbem Herzen dabei. Liebeskummer kann einem das Herz brechen. Oder: Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Es gibt Herzenswünsche, Herzenskälte und Herzensfreundschaften.

Das Herz steht für die Mitte unserer Person. Es befähigt uns zu einer ganzheitlichen Wahl. In ihm laufen alle Fäden zusammen – Gedanken und Gefühle, Empfindungen und Impulse. Im Herz können wir die Signale von Kopf und Bauch erwägen. Und wir nehmen wahr, welche Entscheidungsoption stimmig ist. Ob sie also zu uns als Person passt oder nicht. Denn entweder gibt das Herz mittels seiner Resonanz seine Zustimmung zu einem konkreten Vorhaben – dann stellt sich ein innerer Frieden ein. Oder eine bleibende Unruhe weist darauf hin, dass etwas (noch) nicht stimmt.
 

Welche Alternative weckt mehr inneren Frieden, Freude, Freiheit und Freundschaft mit mir und anderen?
Melanie Wolfers

Die vier F's: Frieden, Freude, Freiheit und Freundschaft

Stellt sich ein innerer Frieden ein? Oder bleibt eine latente Unruhe? - Dieses Kriterium steht im Zentrum der Kunst, eine gute Entscheidung zu treffen! Denn der innere Friede betrifft den ganzen Menschen. Hierzu ließe sich sehr viel Interessantes entfalten – gerade auch aus spiritueller Sicht.

Doch ich möchte nur kurz erzählen, welche Kriterien mir persönlich wichtig sind, um mit ganzem Herzen eine Entscheidung treffen zu können und die auch dir helfen können, wenn du vor einer schweren Entscheidung stehst. Stehe ich vor einer Wahl und wäge zwischen den verschiedenen Handlungs-Möglichkeit ab, dann spielen für mich vier F’s eine wichtige Rolle:

  1. Welche Option führt mich mehr zu einem inneren Frieden? 
  2. Welche Option führt mich mehr zu einer echten Freude (diese meint nicht, als ständig lächelnder Smiley durch die Welt zu laufen, sondern eine Heiterkeit, die auch Tränen kennt)?
  3. Welche Option führt mich mehr zu einer inneren Freiheit?
  4. Und welche Option führt mich mehr zu einer wachsenden Freundschaft mit mir und mit anderen?

Auf den Punkt gebracht: Entscheidungen gelingen, wenn ich Kopf und Bauch zu Wort kommen lasse und dann auf mein Herz höre. Welche Alternative weckt mehr inneren Frieden, Freude, Freiheit und Freundschaft mit mir und anderen?

Eine gute Entscheidung zu treffen ist kein Glücksspiel, sondern eine Kunst! Dein Alltag bietet das ideale Trainingslager, um diese Kunst einzuüben und zu vertiefen. Und in dir sind viele Kräfte, welche dir eine tragfähige, ganzheitliche Entscheidung ermöglichen. Du bist reich begabt - denke daran, wenn du das nächste Mal eine Entscheidung triffst!
 

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