Gründliches Kauen macht glücklich und schlank

»Gut-kauen-Vorteile«: Speichel ist nicht gleich Speichel

Um essen zu können besitzt der Mensch Zähne. Nur mit Ihnen kann er feste Speise zu sich nehmen. Wann hast Du zuletzt bewusst gekaut? 
Es heißt, Kauen sei für die mechanische Zerkleinerung des Essens da. Aber es ist viel mehr: Es ist der Anfang der Verdauung. Mit jedem Bissen beginnt ein Säfte-Kreislauf, der für die Regulation der Flüssigkeiten im gesamten Organismus wesentlich ist.


Man unterscheidet Ruhespeichel und stimulierten Speichelfluss. Ruhespeichel wird beständig aus den drei Speicheldrüsenpaaren im Mund abgegeben, und zwar tagsüber mehr als nachts. Er hält den Mund feucht, erneuert die Mundflüssigkeit und wird mit etwa 20ml pro Stunde tagsüber auch ständig geschluckt. Im Speichel befinden sich viele wichtige Enzyme, Mineralien und Eiweiße, die die Mund- und Speiseröhrengesundheit aufrechterhalten. Sie bilden das Milieu, in dem Mundbakterien leben und ihre Aufgaben erfüllen können. 

Bei Speichelmangel, beispielsweise durch Medikamente gibt es daher Schäden an Zähnen und Schleimhäuten sowie Verdauungsstörungen. Dann sollte man den Mund regelmäßig befeuchten.

 

Kauen und Speichel brauchst Du auch, um schmecken zu können. Erst wenn die Speise gelöst ist, kommt sie in richtigen Kontakt zu den Geschmacksknospen auf der Zunge, die dir ein echtes Geschmackserlebnis ermöglichen.
Dr. Anne Katharina Zschocke

Was bewirkt gründliches Kauen? 

Kaum befindet sich Essen im Mund, nimmt der Speichelfluss zu. Bereits der Anblick, zum Beispiel von Zitrone, kann diesen stimulierten Speichelfluss auslösen. Jetzt ist Kauen angesagt. Beim Kauen wird die Speise gründlich mit dem Speichel samt Inhalt vermengt. Das ist wichtig, um das Essen gut an den Körper anzupassen, damit es später ins Blut gelangen und Dich überhaupt ernähren kann. Wenn er fehlt, lässt er sich nicht ersetzen.

Der Magen hat keine Zähne und er hat zum Beispiel auch keine Amylase. Mit dem Speichelenzym Amylase beginnt die Kohlehydratverdauung im Mund. Wenn sie fehlt, spalten später Darmbakterien diese Kohlehydrate, was zu Blähungen führt.

Gleichzeitig werden die Mundbakterien, die dort als „Mundmikrobiom“ gesunderweise leben, unter die Speise gemengt. Es heißt, dass man etwa 1-3 Gramm Bakterien pro Tag aus der Mundflüssigkeit verschluckt, die im weiteren Verdauungsprozess helfen. 


Kommt hingegen Essen als unzerkaute Brocken im Magen an, können die Magensäfte nur unvollständig einwirken. Gluten ist ein berühmtes Eiweiß, das Probleme bereitet, wenn es nicht richtig zerkleinert wird. Da Magensäure die Eiweiße so fein spalten soll, dass sie im Darm aufgenommen werden, führen Brocken zu mangelhafter Eiweißverdauung im Magen. Das setzt sich im Darm fort, wo sich dann eiweißspaltende Bakterien vermehren und nachholen, was im Magen nicht stattgefunden hat. Dies verändert die Aktivität und den pH-Wert im Darm, und verschiebt die Darmbakterienzusammensetzung.

Hier erfährst du noch mehr über Darmbakteriengemäße Ernährung.

Langfristig kommt es zu Schleimhautveränderungen, zu mehr Durchlässigkeit im Darm und zu Unverträglichkeiten. Unvollständig verdaute Partikel gelangen dann ins Blut und belasten die Leber und führen zu Entzündungsneigung und Fettstoffwechselstörungen. Das kann dick machen. Aus dem belasteten Blutplasma wird wiederum der Speichel gefiltert und beeinträchtigt dann die Mundgesundheit. Mit gründlichem Kauen durchbricht man diesen Teufelskreis.


Kauen und Speichel brauchst Du auch, um schmecken zu können. Erst wenn die Speise gelöst ist, kommt sie in richtigen Kontakt zu den Geschmacksknospen auf der Zunge, die dir ein echtes Geschmackserlebnis ermöglichen. Je gründlicher Du kaust, desto mehr Geschmack erlebst du. Und dann kannst Du bewusst wahrnehmen, ob du etwas wirklich magst oder nicht.

 

Wie oft soll man kauen? Ein kleines Kauexperiment

Magst Du es ausprobieren? Wähle etwas, was Du gewöhnlich isst und teile es in zwei Hälften. Die eine isst du wie gewohnt. Die zweite kaust du so lange, bis sie im Mund ganz flüssig geworden ist. Man sollte jede Speise erst schlucken, wenn sie vollständig breiförmig ist.

Wie fühlt sie sich im Mund an, während sie gekaut wird? Was fühlst Du mit den Zunge? Mit dem Gaumen? Mit den Wangen? Wie entfaltet sich der Geschmack? Er kann ganz verschiedene Nuancen annehmen. Ein Stückchen Brot beispielsweise kann erst herb schmecken, trocken, oder säuerlich, und je länger man es kaut, desto süßer wird es. Speichelenzyme setzen aus den Getreidekohlehydraten Zuckermoleküle frei und schließlich schmeckt es wie eine Süßigkeit. 


Wenn man sein Essen gründlich kaut, erlebt man Befriedigung. Der gute Geschmack löst gesunde Sättigungsgefühle aus. Man braucht weniger zu essen, um zufrieden zu sein und man braucht keine extra Süßigkeiten. Alleine durch gründliches Kauen reguliert sich die Nahrungsaufnahme. Eine Leserin des Buches „Darmbakterien als Schlüssel zur Gesundheit“ nahm in vier Monaten 16 Kilogramm Übergewicht ab, nachdem sie begann, ihr Essen gründlich zu kauen.

 

Nutze Kauen als Kompass für deine gesunde Ernährung

Gründliches Kauen lässt dich den echten Geschmack von Speise entdecken. Damit kannst Du auch unterscheiden, was dir gut tut und was nicht. Was dir nicht schmeckt, wenn du es kaust, solltest du nicht essen, denn es bekommt dir nicht. Dann spuck es lieber aus. Es gibt viele Essenswaren, die mit künstlichen Geschmacksstoffen versetzt sind. Bei gründlichem Kauen entlarvst du sie, denn dann schmeckt das lecker aussehende Essen in Wirklichkeit gar nicht.

Wie schmeckt Cola, wenn man einen Schluck lange im Mund behält und mit Speichel vermengt und gründlich kaut? Willst Du Deinem Körper das zumuten? 

Es gibt auch im Darm „Geschmacksknospen“, die auf das Aroma im Essen reagieren. Sie heißen EC-Zellen (enterochromaffine Zellen) und melden den „Geschmack“ des Speisebreis an die Nervenzellen im Darm. Die Kommunikation dieser Nervenzellen ist mit dem Serotonin-Regelkreis im Körper verbunden. Du beeinflusst mit dem Essen im Darm deinen Serotoninhaushalt. Serotonin ist unter anderem für die Stimmung zuständig. Es wird deshalb auch „Glückshormon“ genannt.

 

Kann man gutes Kauen trainieren? 

Gründliches Kauen ist also nicht nur gesund, es kann dir auch helfen dein Gewicht zu reduzieren. Mit diesen Tipps kannst du bewusstes Kauen ganz leicht trainieren:

  • Nimm kleine Bissen und kaue sie so lange, bis sie breiig oder flüssig geworden sind.
  • Auch Flüssigkeiten werden gründlich eingespeichelt.
  • Konzentriere dich ganz auf das Kauen und nimm dabei bewusst die Entwicklung des Geschmacks wahr.
  • Schlucke jeden Bissen bewusst herunter,
  • und nimm erst dann einen neuen Bissen zu dir.
  • Trage beim Kauen nicht bereits den nächsten Bissen auf der Gabel, sondern gönne dir dabei Genuss und Entspannung.

 

Viel Freude beim Essen und guten Appetit !

 

©Alexandra Kaumanns

 

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