Achtsam miteinander umgehen in Krisenzeiten

Strategien für einen achtsamen Umgang miteinander

Schnell entsteht durch ein falsches Wort, eine andere Sichtweise oder ein falsch verstandenes Statement ein Missverständnis. Wenn wir in Gesprächen nicht achtsam miteinander umgehen, verlieren wir den Kontakt zu unserem Gegenüber und es kommt häufig in Krisenzeiten zu noch mehr Ärger, Schuldzuweisungen und Stress. Dabei kann wertschätzende Kommunikation eine Brücke zum anderen und der Schlüssel zu mehr Lebensfreude und Verbundenheit in Beziehungen sein.

Achtsamer Umgang ist eine Haltung, die du durch verschiedene Übungen trainieren kannst. Ein paar Tipps können dich darin unterstützen, ein konstruktives Gespräch zu führen – auch dann, wenn dein Gesprächspartner oder deine Gesprächspartnerin anderer Ansicht ist als du. 

 

1. Respektiere eine andere Meinung

Man muss nicht immer derselben Meinung sein. Es kann sogar spannend werden, verschiedene Sichtweisen eines Themas zu beleuchten. Es zeigt auch von Größe, wenn du eine andere Meinung stehen lassen kannst. Wenn du deinem Gesprächspartner oder deiner Gesprächspartnerin darüber hinaus signalisierst, dass du seine oder ihre Meinung respektierst und du dich dafür interessierst, wie diese Ansicht zustande gekommen ist, kann es zu einem interessanten Austausch kommen.

Das Gegenteil passiert, wenn du dem anderen ins Wort fällst, ihn anschreist und ihm sagst: »Nein, das stimmt nicht, was du denkst.« Oder »Du hast keine Ahnung, was gerade passiert.« Gib deinem Gesprächspartner nicht das Gefühl, dass nur du Recht hast. Bemühe dich um eine Einleitung für das Gespräch, die deutlich macht, dass dich die Gedanken deines Gesprächspartners interessieren, du ihm oder ihr aber gerne deine Meinung dazu mitteilen möchtest, zum Beispiel so:

  • »Spannend – es scheint, dass wir in dieser Hinsicht eine unterschiedliche Meinung vertreten. Ist es okay für dich, wenn ich dir meine Gedanken dazu erkläre?«
     
  • »Interessant! Ich habe die Situation anders wahrgenommen. Das kann möglicherweise damit zusammenhängen, dass ich hier eine andere Erfahrung gemacht habe. Was meinst du dazu?«
     
  • »Ich habe hierzu eine andere Sichtweise. Wenn es dich interessiert, würde ich sie dir gerne erklären.«
     

2. Achtsam zuhören: Hör aktiv zu

Um genau zu verstehen, was dein Gegenüber denkt, solltest du ihm oder ihr die Möglichkeit geben, seine oder ihre Meinung zu sagen. Das kannst du besonders in solchen Situationen anbieten, in denen du weißt, dass ihr unterschiedliche Sichtweisen über etwas vertretet. Damit ist gemeint, dass du demjenigen mit Respekt und Achtsamkeit zuhören solltest.

Dies machst du, indem du 

  • dein Smartphone weglegst und dich der Sprecherin oder dem Sprecher aktiv zuwendest. Damit zeigst du ihm, dass du ganz Ohr bist und ihm oder ihr deine ganze Aufmerksamkeit schenkst. 
     
  • Lass deinen Gesprächspartner ausreden und unterbreche ihn oder sie nicht. 
     
  • Signalisiere deinem Gegenüber durch Nicken oder Rückmeldungen wie »Und dann?« oder »Ach, das ist ja interessant«, fortzufahren und seine Meinung zu erklären.
     
  • Gib deinem Gegenüber in einer respektvollen und achtsamen Weise Feedback zu dem, was gesagt wurde. Damit ist gemeint, dass du nicht wertest oder abschätzig darauf reagierst. 
     
Es ist wichtig, empathisch auf dein Gegenüber zu reagieren.
Redaktion

3. Sei empathisch und zeige Mitgefühl

Damit ein schwieriges Gespräch mit verschiedenen Meinungen nicht eskaliert oder in einen Streit ausartet, ist es wichtig, empathisch auf dein Gegenüber zu reagieren. Drücke hierzu Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen aus, die dich in diesem Zusammenhang beschäftigen. 

  • Empathie kannst du dadurch zeigen, indem deine eigenen Erfahrungen schilderst. Dadurch zeigst du, dass du weißt, wovon dein Gegenüber redet. Zum Beispiel könntest du sagen: »Mir ist so etwas auch schon einmal passiert. Daher kann ich gut nachvollziehen, wie du dich jetzt fühlst.« 
     
  • Äußere Empathie nur dann, wenn du sie tatsächlich empfindest. Sonst wirkt es aufgesetzt und könnte zu zusätzlichen Spannungen führen.

    Erfahre hier, wie du mit Mitgefühl zur inneren Freiheit gelangst und warum du dein Herz öffnen solltest. 
     

4. Schau auf das, was euch verbindet

In einer Krise kann es schnell passieren, dass man die Gemeinsamkeiten vergisst, die eine Freundschaft oder eine Verbindung zu deinem Partner oder deiner Partnerin ausmachen. Wenn man dann in einem Gespräch für eine Meinungsverschiedenheit oder eine unterschiedliche Sicht auf ein Problem keine gemeinsame Lösung sieht, ist es für einen achtsamen Umgang gut, sich auf das zu besinnen, was euch verbindet.

Du könntest zum Beispiel eine Brücke bauen, indem du sagst: »Wir wünschen uns doch beide …« oder »Für mich ist es vollkommen okay, dass du eine andere Sicht auf diese Situation hast. Dafür vertreten wir beim Thema … die gleiche Ansicht.« 

 

5. Wertschätze den Mut, die eigene Meinung offen zu vertreten

Seine eigene Meinung zu vertreten braucht mehr Mut, als wir manchmal meinen. Wenn du dem anderen für dieses Vertrauen dankst, kann dies die Beziehung stärken und deutlich machen, dass man sich ganz so zeigen kann, wie man ist und wie man denkt. Bring deine Wertschätzung verbal zum Ausdruck.

  • Du könntest sagen: »Ich finde es klasse, dass du dir so viel Zeit genommen hast, mir deine Ansicht zu erklären. Danke, denn jetzt verstehe ich dich noch einmal viel besser.«
     
  • »Ich habe zwar immer noch eine vollkommen andere Sicht, aber ich kann dich jetzt viel besser verstehen. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, mir zu erklären, wie du zu dieser Ansicht gekommen bist.«

Lies hier mehr Vom Mut, sich verletzlich zu machen.

 

Bring deine Wertschätzung für den anderen zum Ausdruck.
Redaktion

6. Lass Verallgemeinerungen los

Wir haben die Tendenz, Menschen schnell über einen Kamm zu scheren und von »den Yogis«, »den Indern« oder »Covidgegnern«, »Flüchtlingen « oder den »Schlafschafen« zu sprechen. Vermeide ein solches Gespräch. 

  • Sprich stattdessen lieber von Menschen, die du selbst erlebt hast oder von Situationen, in denen du dabei warst. 
  • Werde so konkret wie möglich. 
  • Wenn du über jemand anderen oder eine Gruppe sprichst, dann versuch möglichst heilsam darüber zu sprechen.
  • Bevor du andere Menschen oder Gruppierungen verurteilst, versuch möglichst viel über sie herauszufinden oder zu recherchieren. Je genauer du in deinen Aussagen bist, desto besser ist es. 
  • Frag dich immer wieder, bevor du etwas über andere Menschen sagst: Ist das wirklich wahr? Und: »Ist das, was ich über einen anderen Menschen sagen möchte, tatsächlich heilvoll?«
     

Wenn du diese sechs Strategien in Diskussionen oder Meinungsverschiedenheiten anwendest, wirst du erkennen, dass eine andere Meinung kein Angriff gegen deine Persönlichkeit ist. Ganz im Gegenteil: Eine andere Sicht auf ein Thema kann eine sehr bereichernde Angelegenheit sein – selbst dann, wenn du diese Meinung nicht teilst.

Achtsam miteinander umzugehen, kann eine Beziehung sogar spürbar vertiefen. Vielleicht lernst du dadurch auch eine neue Sichtweise kennen, die du bislang nicht einbezogen hast. Dann wirst du viel reicher aus dem Gespräch herausgehen, als du gedacht hast. 
 

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