Ernährungsmythen: Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach klärt auf

Was es mit Mythen rund um Kaffee, Nahrungsergänzungsmitteln, Fischölen, Fleisch und Zucker auf sich hat

Mythos 1: Kaffee ist nur ein Wachmacher

Kaffee genießt in zahlreichen Ländern Kultstatus und stellt eine Bereicherung für die privaten und öffentlichen Lebensbereiche dar. Deutschlandweit wird von diesem erschwinglichen Genussmittel pro Tag durchschnittlich die beachtliche Menge von fast einem halben Liter getrunken. 

Viele denken bei Kaffee als erstes an das darin enthaltene Koffein, das als Wachmacher gilt. Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil der umfangreichen Auswirkungen, die Kaffee auf unseren Körper hat.

Neben der spürbaren Belebung des Körpers und Geistes, hat Kaffee Studien zufolge noch viele weitere gesundheitliche Vorteile. 

So wurde Kaffee in Verbindung gebracht mit

  • besserer Konzentration
  • verbesserter Denk- und Gedächtnisleistung 
  • einem angekurbelten Stoffwechsel und so einer Fettverbrennung
  • gesteigerter sportlicher Trainingsleistung
  • einer präventiven Wirkung zum Schutz gegen ernsthafte Erkrankungen wie Diabetes und Parkinson.

Sollte dein Magen besonders empfindlich sein: Magenfreundliche Kaffeeangebote mit reduziertem Anteil an Kaffeesäure und Bitterstoffen sind überall erhältlich. Falls du deinen Lieblingskaffee nicht nur schwarz trinkst: Die gewählte Menge an Milch beeinflusst nicht nur den Geschmack, sondern bindet auch die Bitterstoffe. Ladenhüter aus der Kaffeekanne solltest du meiden.

Durch die regelmäßige Kaffeezufuhr in Maßen (2-3 Tassen pro Tag) kann der Körper also leistungsstärker und belastbarer werden. Kaffee dient nicht nur als Getränk, sondern als eine Art Lebenselexier mit wissenschaftlich belegten gesundheitlichen Vorteilen.
 

Mythos 2: Alle Nahrungsergänzungsmittel sind vorteilhaft

Nahrungsergänzungsmittel können eine hilfreiche Ergänzung zu unserer Ernährung sein, wenn sie richtig verwendet werden. Sie können dazu beitragen, bestimmte Nährstofflücken in unserer Ernährung zu schließen, insbesondere bei speziellen Diäten oder bestimmten Gesundheitszuständen. 

Bei folgenden Vitalstoffen lässt sich häufiger ein Mangel feststellen:

  • Omega-3-Fettsäuren: verhindern übermäßige Fetteinlagerung, verbessern Cholesterinhaushalt, hemmen Entzündungsreaktionen des Immunsystem.
     
  • Vitamin D: breite Wirkung auf Immunsystem, Nerven und Gehirn, Herz und Kreislauf.
     
  • Vitamin B12: wichtig für Energiestoffwechsel der Zellen (Mitochondrien), Synthese von Hormonen und Neurotransmittern.

Besonders Vegetarier sollten darauf achten, genügend Vitamin B12 aufzunehmen und für Veganer spielt zusätzlich die Versorgung mit dem Vitamin B2 eine Rolle.

Ein vermuteter oder tatsächlicher Mangel kann durch die Wahl geeigneter Nahrungsmittel oder auch durch Nahrungsergänzungsmittel behoben werden. Dennoch können sie ganze Lebensmittel nicht ersetzen, die eine komplexe Mischung von Nährstoffen, Ballaststoffen und anderen gesundheitsförderlichen Substanzen enthalten.

Zusätzlich können Nahrungsergänzungsmittel bei übermäßigem Verzehr gesundheitliche Risiken mit sich bringen. Einige Supplemente können beispielsweise mit bestimmten Medikamenten interagieren und daher unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. 

Bei folgenden Vitalstoffen kann eine gravierende Überdosierung durch Nahrungsergänzungsmittel gefährlich sein:

  • Vitamin A: erhöht besonders bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko
  • Vitamin D: fördert Arteriosklerose und Ablagerungen in den Organen, kann Nierenschäden verursachen
  • Folsäure: erhöht bei Männern das Prostatakrebsrisiko
  • Kalium: kann Herzrhythmusstörungen verursachen
  • Selen: erhöht Diabetesrisko um 50 Prozent

Daher ist es immer wichtig, sich medizinisch beraten zu lassen, bevor man mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln beginnt.

 

Mythos 3: Fischöle helfen gegen Alzheimer

Obwohl Omega-3-Fettsäuren, die in Fischölen enthalten sind, in mehreren Aspekten der Gehirngesundheit eine Rolle spielen, sind die Beweise für ihren Schutz vor Alzheimer gemischt. Es gibt einige Studien, die eine verminderte Alzheimer-Erkrankung bei Menschen mit höherer Fischaufnahme gezeigt haben, aber andere Studien haben keinen solchen Zusammenhang festgestellt.

Große Übersichtsstudien der Cochrane-Stiftung, die sich auf evidenzbasierte Medizin spezialisiert hat, zeigen denn auch keine Risikominderung für Alzheimer durch Omega-3-Fettsäuren, egal ob aus Fischöl oder anderen Ölen.

Einen Vorteil aber haben mehrfach ungesättigte Fettsäuren ganz allgemein hingegen schon: in ausreichender Menge können sie das Risiko für Herzkreislauferkrankungen senken.
Da wir in der Regel etwas zu wenig von diesen Fettsäuren aufnehmen, kann es schon helfen, zum Kochen und für Salate einfach ein raffiniertes beziehungsweise natives Rapsöl zu verwenden oder auch einfach mal einen Esslöffel pur einzunehmen.

Es ist auch wichtig zu bedenken, dass die Vorbeugung von Alzheimer wahrscheinlich komplexer ist als die Einnahme eines einzelnen Nahrungsergänzungsmittels. 

Wissenschaftler glauben jetzt, dass folgende Faktoren am wirksamsten zur Vorbeugung oder Verzögerung von Alzheimer beitragen können:

  • gesunde Lebensweise 
  • ausgewogenen Ernährung
  • regelmäßige körperlicher Aktivität
  • ausreichend Schlaf und 
  • soziale Interaktion 

 

Mythos 4: Fleisch ist krebserregend

Obwohl bestimmte Arten von Fleisch, insbesondere verarbeitetes Fleisch und rotes Fleisch, in Verbindung mit einem erhöhten Krebsrisiko gebracht wurden, sind die Dinge nicht so einfach. Ein übermäßiger Verzehr von verarbeitetem oder rotem Fleisch kann das Risiko für bestimmte Arten von Krebs erhöhen.

Allerdings hängt das Krebsrisiko von zahlreichen Faktoren ab und nicht nur von der Ernährung.

  • Genetik
  • Umwelt
  • Lebensweise
  • Gewicht

Es ist auch erwähnenswert, dass Fleisch eine bedeutende Quelle von wichtigen Nährstoffen, einschließlich

  • Protein
  • Eisen
  • Zink und 
  • Vitamin B12

Eine ausgewogene Ernährung, die Fleisch in Maßen enthält, zusammen mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten, kann zur Erhaltung der Gesundheit beitragen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt zwar, nicht mehr als 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen, plädiert aber dafür, sich eher auf die Hälfte zu beschränken. Damit fährt jeder, der gelegentlich gerne mal ein gutes Stück Fleisch oder seine Lieblingswurst isst, mit Sicherheit sehr gut. 
 

Mythos 5: Zucker macht süchtig

Mal Gift, mal Droge, aber auf jeden Fall der Dickmacher Nummer 1 und Verursacher von Diabetes bis Demenz. Aber was ist wirklich dran am Zucker-Bashing? Die moderne Ernährungslandschaft hat Zucker den Ruf verliehen, das »weiße Gift«
 zu sein. Doch ist Zucker wirklich der alleinige Übeltäter? 

Tatsächlich hat sich die Verwendung von Zucker in unserer Ernährung seit dem Zweiten Weltkrieg verändert, wobei Zucker in vielen Lebensmitteln Einzug hält. Dies hat zu einer Steigerung der Gesamtaufnahme von Lebensmitteln geführt, was zu weitverbreitetem Übergewicht beiträgt. Daher liegt das Problem nicht nur am Zucker, sondern daran, dass wir insgesamt zu viel, zu süß und zu fett essen.

Der Mythos, dass Zucker süchtig macht, ist ebenfalls komplex. Zucker stimuliert zwar unser Belohnungszentrum im Gehirn, aber nicht annähernd so stark wie bei anderen Suchtmitteln. Suchtähnliches Verhalten kann zu bestimmten Lebensmitteln oder Verhaltensweisen, auch unkontrolliertem Essen, entwickelt werden, aber das ist nicht dasselbe wie eine klinische Sucht. Kurz gesagt: Die Probleme fangen nicht mit Zucker an sich an, sondern durch viel zu viel Essensenergie und zu wenig Energieverbrauch

»Do it yourself« als Gebot der Stunde und Achtsamkeit. Du bringst dich schnell wieder in Balance wenn du

  • möglichst frisch kochst
  • nur ab und zu mal Fertigprodukte isst 
  • dir Essenspausen nimmst
  • dich ausreichend bewegst.

 

Fazit: Hinterfrage Ernährungstrend immer kritisch

Das Thema Ernährung ist komplex und manchmal verwirrend. Es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass es nicht »die eine richtige Ernährungsweise« gibt, und dass es immer besser ist, Ratschläge und Trends kritisch zu hinterfragen. 

Die wissenschaftlich fundierten Erklärungen von mir sollen dir dabei helfen, einige der häufigsten Ernährungsmythen zu entmystifizieren. Denn klar ist: Die Dosis macht das Gift und eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung in Kombination mit einem gesunden Lebensstil ist der Schlüssel zu guter Gesundheit.

 

Mehr für dich