Yoga vs. Pilates: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

“Pilates? Ist das nicht sowas wie Yoga?”, “Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Yoga und Pilates?”, "Was ist eigentlich besser für den Rücken, Yoga oder Pilates?", diese und andere Fragen werden oft gestellt, wenn es um Yoga und Pilates geht. Hat man selbst beide “Methoden” noch nicht praktisch ausgeführt, ist es oft schwer, den Unterschied zu erkennen. Wir stellen dir beide Praktiken vor.
 

Yoga: eine Achtsamkeitspraxis 

Viele Menschen beginnen Yoga aufgrund körperlicher Probleme: Rückenschmerzen, Beschwerden im Hals und Nackenbereich oder Schlafprobleme sorgen dafür, dass sich immer mehr Menschen auf die Matte begeben. Diese Beweggründe haben dazu geführt, dass wir Yoga im Westen heute primär mit körperlichen Übungen, den Asanas, gleichsetzen. Yoga umfasst jedoch weit mehr als nur die physischen Übungen. Auch Pranayama, die Atemübungen, und Meditation spielen unter anderem eine wichtige Rolle. 
 

Hast du den Weg zum Yoga auch aufgrund von körperlichen Beschwerden gefunden? Vielleicht helfen dir die folgenden Artikel weiter:

Yoga ist mehr als eine Abfolge von Asanas.
Anna Trökes

Der achtgliedrige Pfad

Yoga stammt aus Indien, wo es vor mehr als 3500 Jahren als spirituelle Tradition seinen Anfang fand. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Yogasutra des Patanjali, einer der wichtigsten Schriften des Yoga. Darin wird beschrieben, wie wir das Ziel des Yoga erreichen können: Körper, Geist und Seele vollkommen zur Ruhe zu bringen und innerlichen Frieden zu erlangen. Im Fachjargon wird dieser Weg beschrieben als „der achtstufige Pfad des Patanjali“. Die acht Stufen sind: 

  • Yama = Verhaltensregeln im Umgang mit anderen 
  • Niyama = Verhaltensweisen im Umgang mit sich selbst 
  • Āsanas = Körperstellungen 
  • Prānāyama = Kontrolle des Atems 
  • Pratyāhāra = Zurückziehen der Sinne 
  • Dhāraņā = Konzentration 
  • Dhyāna = Meditation 
  • Samādhi = Einheitserfahrung 
     

Diese Stufen werden auch gerne mit einem Rad verglichen, bei dem jede Speiche gleich wichtig ist. Mit unserer Umwelt ein gutes und herzliches Verhältnis zu pflegen, spielt eine genauso entscheidende Rolle wie die Kontrolle des Atems. Aber genauso wichtig ist es, niemanden zu verletzen, uns selbst und andere zu achten und wertzuschätzen. Die Meditation und der Rückzug der Sinne sollten aber ebenfalls regelmäßig geübt werden, um innere Ruhe zu finden. Tun wir dies, erfahren wir, dass wir viel mehr sind als unser unruhiger Geist, der immer zwischen dem Gestern und Morgen hin- und herspringt. 
 

Pilates: Stärkung der körperlichen Haltung und geistigen Flexibilität

Verglichen mit Yoga ist Pilates relativ jung. Es wurde um 1900 unter dem Namen “Contrology” von Joseph H. Pilates entwickelt. Aus zahlreichen östlichen Methoden, wie Yoga und TaiChi, und westlichen Methoden, wie Gymnastik, entwickelte er etwas völlig Neues. Pilates ist ein Ganzkörpertraining, welches gleichzeitig kräftigt und dehnt, unter stetiger Berücksichtigung der speziellen Atmung. 

Mehr über die Entstehung von Pilates findest du hier: Was ist Pilates?
 

Das Powerhouse 

Eine zentrale Rolle im Pilates spielt das sogenannte Powerhouse. Es ist Kraft- und Kontrollzentrum für den Körper und ein komplexes Zusammenspiel der tiefliegenden Muskulatur von Bauch, unterem Rücken, Hüften und Beckenboden. Ist das Powerhouse richtig aktiviert, erhält man das Gefühl ein Korsett zu tragen. 

Mit dieser Aktivierung des Zentrums werden die Übungen ausgeführt, was vor allem für Einsteiger*innen herausfordernd für Koordination und Konzentration sein kann. Die positiven Effekte sind hingegen schnell spürbar. Die Wirbelsäule wird stabilisiert und gestärkt sowie der gesamte Körper sanft gekräftigt. Außerdem werden Beweglichkeit und Körperhaltung verbessert. Dadurch kannst du dich von Innen heraus immer mehr aufrichten und eine gesündere innere und äußere Haltung einnehmen. 
 

Wenn du einmal ausprobieren möchtest, wie du dein Powerhouse aktivieren und spüren kannst, versuche einmal diese Übung: Pilates leicht gemacht - Bauchmuskeln sind gefragt.

 

Folgende sechs Prinzipien bilden die Grundlage im Pilates:

  • Atmung = die Flankenatmung ist die Basis jeder Pilates-Übung
  • Konzentration = der Geist soll bei jeder Übung präsent sein
  • Kontrolle = jede Übung wird mit einer Kontrolle über Körper und Geist ausgeführt
  • Zentrierung = jede Übung geht vom Kraftzentrum, dem Powerhouse, aus
  • Präzision = die genaue Ausführung der Übungen ist wichtiger als die Anzahl
  • Flow = alle Übungen sollen möglichst in einem Bewegungsfluss ausgeführt werden
     
Nach 10 Stunden fühlen Sie sich besser, nach 20 Stunden sehen Sie besser aus, nach 30 Stunden haben Sie einen neuen Körper.
Joseph H. Pilates

Unterschiede zwischen Yoga und Pilates 
 

  • Atmung: Ein wesentlicher Unterschied zwischen Yoga und Pilates besteht in der Atmung: im Pilates wird durch die Nase ein- und durch den leicht geöffneten Mund hörbar ausgeatmet. Bei jeder Einatmung wird dabei in den seitlichen Brustkorb, die Flanken, eingeatmet. Beim Ausatmen werden Beckenboden und Bauchnabel nach innen oben gesaugt, die Rippen nach unten gesenkt und die Schulterblätter, bildlich gesprochen, in die Hosentaschen geschoben. 

Im Yoga hingegen wird während der Asanas ausschließlich durch die Nase geatmet. Darüber hinaus gibt es im Yoga im Gegensatz zum Pilates viele weitere Atemübungen, die sich in Art und Ausführung unterscheiden. 

Mehr zum Thema Atmung und warum sie so wichtig ist, findest du hier.

  • Körperliche Übungen: Die Übungen im Pilates, die immer die Atmung und Aktivierung der Muskeln fokussieren, spielen die zentrale Rolle, um den Körper zu stärken und beweglicher zu machen. 

Im Yoga hingegen sind die körperlichen Übungen, Asanas, nur ein Teil der Philosophie. Sie sollen vor allem stabilisieren, reinigen und den Körper zur Ruhe bringen. 

  • Spirituelle Praxis: Im Yoga wird großer Wert auf die Entwicklung der eigenen Entspannungsfähigkeit und dem Erkennen des eigenen Selbst gelegt. Auch die Schulung der Werte wie Mitgefühl, Herzensgüte und Gewaltlosigkeit spielen hier eine zentrale Rolle und zählen zu den eigentlichen Yoga Übungen..

Durch die nötige Konzentration und Kontrolle während des Pilates-Trainings wird auch der Geist mit der Zeit ruhiger und klarer. Spirituelle Aspekte gibt es ansonsten nicht.

  • Stilrichtungen: Im Gegensatz zum Pilates gibt es mittlerweile Hunderte von verschiedenen Yoga-Arten wie Hatha, Vinyasa oder Yin-Yoga. Probiere deshalb zuerst einmal ein paar unterschiedliche Richtungen aus, bevor du dich auf einen speziellen Yoga-Stil festlegst. 

Passend dazu: Welche Yoga-Art passt zu mir?

Beim Pilates kommen häufig Kleingeräte wie der Pilates-Ring oder kleine Bälle zum Einsatz, die es ermöglichen, Übungen vielseitig zu variieren und so beispielsweise die Balance herausfordern oder einen höheren Kraftaufwand provozieren. 

 

Probiere sowohl Yoga als auch Pilates am besten einfach mal aus und schaue, was dir gefällt. Durch ihre individuellen Stärken können sie sich auch wunderbar ergänzen. Das Wichtigste ist: Freude sollte es machen und am Ende einer Stunde solltest du dich wohl und entspannt fühlen. 

Mehr für dich