Gemüse fermentieren: Anleitung und Rezepte

Fermentieren ist eine uralte Tradition. Schon vor einigen Jahrhunderten haben Menschen ihre Ernte in Gartöpfen weiterverarbeitet und so mehr oder weniger unbegrenzt haltbar gemacht, weit bevor es Kühlschränke gab. Bereits vor 5.000 Jahren stellten die Babyloner Käse her und vor 4.000 Jahren kamen die Ägypter auf den Geschmack von sauer gewordenem Brotteig.

Wann genau die Menschen mit der Fermentierung begannen, lässt sich nicht eindeutig festlegen. Aber: Schon vor rund 10 Millionen Jahren entwickelten die Ahnen des Homo sapiens ein Enzym zur Verdauung von Alkohol. Auf natürliche Weise fermentiertes, also vergorenes Obst und Gemüse muss damit bereits Bestandteil ihrer Nahrung gewesen sein. 

Im 21. Jahrhundert erlebt diese Art, Obst und Gemüse zuzubereiten, nun ein Revival. Wer etwas Entschleunigung und Achtsamkeit ins Kochen bringen möchte, Freude am Zubereiten hat und gleichzeitig dem Körper etwas Gutes tun möchte, sollte das Fermentieren daher unbedingt einmal ausprobieren. 

 

Was ist Fermentieren?

Ganz allgemein versteht man unter Fermentieren unterschiedliche Prozesse, bei denen Mikroorganismen zur Konservierung, aber auch Vermehrung der in Lebensmitteln enthaltenen Mikronährstoffe eingesetzt werden. Und so funktioniert’s:

Beim Fermentieren verstoffwechseln Bakterien, Hefen und Pilze lebendige, organische Stoffe in Säure, Gas und Alkohol – das kennen wir etwa von Sauerteig oder Bier. 

Im Gegensatz zum unkontrollierten Verfaulen wird bei der gezielten Gärung der pH-Wert der Lebensmittel verändert. Die dadurch entstehenden Peptide, Milch- und Essigsäuren sowie Alkohol verhindern, dass das Fermentierte nachträglich von Fäulnis befallen wird. So wird Obst und Gemüse durch Fermentierung haltbar gemacht.

Die Lebensmittel verändern durch den Prozess der Fermentation ihren Geschmack und ihre Textur. Die einen produzieren zusätzliche Vitamine, andere eine funktionelle Schutzschicht. 

Das Ziel bei diesem Prozess ist es, dass sich die Mikroorganismen vermehren, denn neben dem Geschmack beeinflussen sie auch unsere Gesundheit positiv. Nicht umsonst stehen typisch fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Kimchi oder auch Kefir gerne auf den Einkaufslisten für eine gute Darmgesundheit.

Fermentation hilft also nicht nur gegen Lebensmittelverschwendung, wie es traditionell ihr Zweck war. Fermentiertes Gemüse ist auch voll mit probiotischen Nährstoffen und Vitaminen, die nicht nur gut für unseren Darm und gesamten Organismus sind, sondern uns auch glücklicher, zufriedener und energiegeladener machen können. 

 

Wie funktioniert Fermentieren? 

Für erfolgreiches Fermentieren müssen die Bedingungen stimmen: denn Fermentation benötigt das richtige Milieu, die richtige Temperatur und vor allem das richtige Verhältnis zum Sauerstoff. Meist findet Fermentation unter Ausschluss von Sauerstoff, also anaerob statt. Dieser Prozess wird dann auch Gärung genannt. Dazu gehören das Fermentieren in Salzlake und die sogenannte »Spontangärung«, bei der Bakterien bereits natürlich auf den Zutaten vorkommen. 

Fermentieren, das ist das Leben ohne Luft.
Kruse & Pulsinger

Zudem gibt es Fermente, die für diesen Prozess Starthilfe benötigen: Sie brauchen also zugesetzte Bakterien, Hefen oder Pilze, damit die Fermentation in Gang gesetzt wird. Der Vorgang wird auch »kontrollierte Fermentation« genannt. Dabei ist es durchaus gewünscht, dass ab und zu Sauerstoff an die Fermente gelangt – ganz im Gegensatz zur anaeroben Fermentierung.

 

Brotteig, Obst, Gemüse: Was kann man fermentieren?

Fermentation ist von dem, was die meisten von uns tagtäglich essen, gar nicht so weit weg. Selbst wer kein Fan von Sauerkraut und Co. ist, kauft sicherlich Lebensmittel, die an dem ein oder anderen Punkt in ihrer Herstellung einen Fermentationsprozess durchlaufen: 

  • Milchprodukte wie Joghurt, Käse und Butter beispielsweise entstehen etwa aus vergorener Milch, der noch Milchsäurebakterien zugefügt werden. 
     
  • Die Samenkerne der Kakaobohne dürfen für Schokolade nach der Ernte einige Tage in der tropischen Hitze liegen. 
     
  • Rohe Oliven sind ungenießbar – erst eine Salzlösung mit Milchsäurebakterien, in der die Früchte über Monate schwimmen, macht sie schmackhaft. 
     
  • Auch Brot, Wein, Bier, Kaffee und Tee gehören zu fermentierten Lebensmitteln. 

 

Geduld ist beim Fermentieren nicht nur eine Tugend, sondern vielmehr die Essenz dieses Schöpfungsprozesses.
Kruse & Pulsinger

Fermentieren-Zubehör: Welche Gefäße benötigt man?

Bevor du mit dem Gemüse-Fermentieren loslegen kannst, benötigst du noch gewisses Fermentieren-Zubehör, das du vielleicht sogar schon Zuhause hast. Also keine Sorge, du benötigst keine teuren Spezialgeräte. Um Gemüse zu fermentieren brauchst du eigentlich nur Folgendes Zubehör:

  • Gemüse
  • Salz
  • ein Gefäß mit Verschluss 
  • ein Gewicht zum Beschweren/Verkeilen 

Achte bei der Wahl des Gefäßes jedoch darauf, dass das Material für die Fermentation geeignet ist. Holz, Glas und Keramik eignen sich z.B. sehr gut, während Metall durch die entstehende Säure korrodieren kann und daher nicht in Frage kommt. Da während des Fermentations-Prozesses Kohlendioxid entsteht, das das Gefäß wieder verlassen muss, sind Gläser, die die Luft selbständig raus- aber nicht reinlassen, besonders geeignet. Passende Gefäße, besonders für Einsteiger, sind Einkoch- oder Bügelgläser, z.B. von Weck, die mit dünnen Gummiringen und Metallklammern ausgestattet sind.

 

Gemüse fermentieren: Rezepte für den Einstieg

Im Folgenden zeigen wir dir zwei besonders beliebte und für Einsteiger einfach umsetzbare Rezepte, die dir als Anleitung für das Fermentieren von Gemüse dienen sollen.

1. Sauerkraut fermentieren: Rezept und Anleitung

Zutaten: 

  • 1 kg Weißkohl
  • 22 g Salz
  • 1 TL Kreuzkümmel
  • 1/2 TL Wacholderbeeren
  • 3 Lorbeerblätter
  • 1 Drahtbügelglas (2 Liter)

Zubereitung: 

  • Die äußeren 1-3 Kohlblätter entfernen, waschen, mit Salz einreiben und beiseite legen. Diese brauchst du später zum Abdecken des Krauts. 
     
  • Den Kohlkopf vierteln, den Strunk aber nur halb herausschneiden, damit die einzelnen Blätter noch zusammenhängen. 
     
  • Den Kohl in ca. 3-5 mm dünne Streifen schneiden oder hobeln. Dickere Streifen lassen sich mühsamer kneten. 
     
  • In einer Schüssel den geschnittenen Kohl und das Salz 2 Minuten mit den Händen kräftig durchmischen, anschließend 30 Minuten ziehen lassen. 
     
  • Dann geht es ans Kneten. Das Salz und das Kneten lösen den Zellsaft aus dem Kohl, der den Milchsäurebakterien als Nahrung dient. Wir brauchen viel von diesem Saft; also lange kneten, bis der Kohl schön weich wird. Das kann schon einmal 20 Minuten in Anspruch nehmen. 
     
  • Zum Schluss soll der Kohl im eigenen Saft schwimmen. Entwickelt sich dabei bereits ein leichter weißer Schaum, so ist das ein Anzeichen dafür, dass die Bakterien mit der Spaltung des im Zellsaft vorhandenen Zuckers begonnen haben. Kraut und Saft kosten, es sollte leicht salzig schmecken. 
     
  • Das Kraut portionsweise ins Glas geben und mit jedem Mal fest nach unten drücken, damit der Saft hochsteigt. Das funktioniert am besten mit der Faust, mit einem Holzlöffel oder Stampfer. WICHTIG: Es dürfen keine Luftblasen zwischen dem Kraut bleiben, denn darin könnten sich ungewollte Schimmelpilze breitmachen. 
     
  • Die Gewürze nach und nach mit den einzelnen Portionen zugeben. Das Glas bis maximal 4/5 seiner Füllmenge befüllen, denn die während der Fermentation entstehenden Gase drücken das Kraut etwas nach oben. Befüllst du das Glas zu weit, wird es überlaufen. Stelle daher vorsichtshalber einen Teller oder eine Schüssel unter das Glas. 
     
  • Zum Schluss den Knetsaft aus der Schüssel in das Glas leeren. Bis zum Glasrand aber unbedingt ca. 4 cm Luft lassen. 
     
  • Mit den beiseite gelegten Blättern einen »Krautdeckel« formen, auf den Glasinhalt drücken und an den Glaswänden festklemmen, sodass das gesamte Kraut inkl. Deckel komplett vom Saft bedeckt ist. Sollte die Gärung alles weit nach oben schieben, so kommt nur der Krautdeckel aus dem Saft hoch. Der könnte an der Luft oxidieren, das Kraut darunter bleibt aber verschont. Zusätzlich oder stattdessen kannst du auch ein Gewicht zum Beschweren verwenden. 
     
  • Sollte nicht genügend Knetflüssigkeit vorhanden sein, um Kraut und Deckel zu bedecken, mit 2-prozentiger Salzlake auffüllen. Für die Salzlake 20 gr Salz mit 1 l Wasser auf Zimmertemperatur aufgießen. Das Glas verschließen. 
     
  • Das Sauerkraut schmeckt auch direkt nach dem Kneten, nach drei Tagen im Glas stellt sich eine leichte Säure ein. Nach zehn Tagen ist ein mildes Sauerkraut entstanden, nach vier bis sechs Wochen Fermentieren stellt sich ein ideales ausgewogenes Aroma und die typisch herzhafte Säure ein. Guten Appetit!

Hier erfährst du mehr darüber, wieso Lebensmittel wie Ingwer und Sauerkraut zu einem hormonellen Gleichgewicht beitragen können.

 

2. Rote Bete fermentieren: Rezept mit Apfel

Zutaten: 

  • 1 kg Rote Bete
  • 2 süße Äpfel
  • 50 g frischer Meerrettich
  • 2 frische Rosmarinzweige
  • ca. 1- bis 2-prozentige Salzlake (20 gr Salz auf 1 l Leitungswasser)
  • 1 Drahtbügelglas (1,5 l)

Zubereitung:

  • Die Rote Bete geschält oder ungeschält in fingerdicke Scheiben schneiden und die entkernten Äpfel würzen. 
     
  • Den Meerrettich zerhacken und mit den Rosmarinzweigen, der Roten Bete und den Äpfeln in das Glas geben. 
     
  • Mit einem Gewicht beschweren und mit der Salzlake auffüllen, bis alles unter Wasser ist und noch ca. 4 cm Luft bis zum Glasrand bleiben. Das Glas verschließen und auf einen tiefen Unterteller oder eine Schüssel stellen – gerade in der Anfangsphase der Fermentation kann rote Lake austreten. 
     
  • Das Glas 2 Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen und anschließend für weitere 2 Wochen an einen kühleren Ort stellen. 
     
  • Kühl gelagert ist die Rote Bete viele Monate haltbar. Nach dem Öffnen rasch verbrauchen und im Kühlschrank lagern. 

Wie wäre es z.B. mit einem bunten Feigensalat mit Rote Bete? Wenn du ein Rote-Bete-Fan bist, findest du hier ein leckeres Rezept für ein Rote-Bete-Carpaccio oder Rote-Bete-Ravioli. Lass es dir schmecken!

 

Fazit: Gemüse fermentieren für’s Wohlbefinden

Fermentation ist eine uralte Methode, um Obst und Gemüse haltbar zu machen. Neben der gezielten Entschleunigung in der Küche – vieles benötigt mehrere Wochen und Monate zur Fermentation – birgt diese Tradition aber auch viele gesundheitliche Vorteile.

Denn die Mikroorganismen, die beim Fermentieren ans Werk gehen, wirken sich positiv auf deinen Darm und den gesamten Organismus aus. Gleichzeitig benötigt man meist nicht viel Zubehör – ein gut verschließbares Glas, Salz, Obst und Gemüse nach Wahl und ein wenig Geduld. 

Wichtig ist beim Fermentieren: Das gesamte Gemüse sollte stets unter der Wasseroberfläche bleiben. Denn dort, wo das Gemüse mit Sauerstoff in Kontakt kommt, können sich unerwünschte Keime sammeln und das fermentierte Gemüse schimmeln lassen. Ein Gewicht kann helfen, das Gemüse unter Wasser zu halten.

Probiere es doch einfach mal mit unseren zwei Einsteiger-Rezepten aus und du wirst sehen, dass das dein selbst fermentiertes Sauerkraut dir viel besser schmecken wird als ein gekauftes.
 

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