Die Wirkung von Bakterien auf das Immunsystem
Immunsystem stärken mit Bakterien?
Das Immunsystem hängt mit Bakterien zusammen, allerdings ganz anders, als man bisher glaubte. Von klein auf hast Du gelernt: Bakterien greifen den Körper von draußen an und das Immunsystem verteidigt ihn gegen Eindringlinge, gegen Bakterien, Viren und Parasiten. Seit Kurzem weiß man, dass dies ein Irrtum ist.
In Wirklichkeit gehören Bakterien zum Körper dazu und halten Gesundheit und Immunsystem beständig in Schwung. Wenn man krank ist, braucht man mehr Bakterien. Man braucht sie nicht zu bekämpfen.
Diese alte Vorstellung stammt aus dem 19. Jahrhundert, als die Idee vorherrschte, Kämpfen sei eine Voraussetzung fürs Überleben. Inzwischen sieht man, dass Leben in Wirklichkeit auf Kooperation, Kommunikation und Vernetzung aufbaut, auch bei Bakterien und Menschen. Man hat es bisher wohl deshalb nicht gedacht, weil erst moderne Methoden es ermöglichen, mehr Bakterien nachzuweisen.
Es lässt sich auch aus der Erdgeschichte verstehen: Bakterien waren die ersten Lebewesen auf dem Planeten. Nachdem es sie schon Jahrmilliarden lang gab, fanden sie sich zu Mehrzellern zusammen, wozu Menschen und alle Pflanzen und Tiere zählen.
Seither leben alle Mehrzeller überall mit Einzellern in sich und auf ihrer Haut zusammen. Bakterien sind wie ein Bett, in das unsere Zellen hineinwachsen, sie bilden die unsichtbare Brücke zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt und helfen uns, gesund darin zu leben.
Nützliche Bakterien: der Schlüssel zur Gesundheit
Bereits im Mutterleib werden wir mit mütterlichen Bakterien versorgt. Sie fließen im Blut über die Nabelschnur zum Embryo und gehen dort in Zellkontakte. Nur dann entwickelt sich dort ein Immunsystems. Lebenslang ist der Kontakt von Bakterien mit Körperzellen für ein gesundes Immunsystem erforderlich.
Bei Versuchen mit Mäusen, welche bakterienfrei gehalten wurden, entwickelten die Nachkommen weder Immunzellen noch Lymphorgane. Auch andere Organe wurden kümmerlich oder gar nicht gebildet. Bakterien sind ab Lebensbeginn unser Schlüssel zur Gesundheit.
Das stellt das bisherige medizinische Denken völlig auf den Kopf, und gibt zugleich neue Perspektiven für Heilung. Wir brauchen Bakterien für das tägliche Leben, sie sind unsere Partner und wer sie beseitigt, bekämpft sich selbst. Wenn wir krank sind, können Bakterienteams uns helfen, gesund zu werden. Natürlich kommt es auf ihre Mischung an und wie man sie fördert.
Warum die Bakterienvielfalt wichtig ist
Mittlerweile hat man im Menschen sehr viel mehr Bakterien entdeckt als früher. Und man erkannte, dass sie sich untereinander vernetzen, so dass sie gemeinsam wie ein ganzes Organ wirken. Man nennt dies das „Mikrobiom“. Es ist unsichtbar, weil man „Mikro“-Organismen nicht mit bloßem Augen sieht. Aber deine Gesundheit ist davon abhängig. Bakterien wachsen je nach deiner Ernährung, vermehren sich je nach Lebensbedingungen und dem, wie du im Alltag lebst.
Im gesunden Mikrobiom sind Bakterien, Viren, Pilze und andere Kleinstlebewesen in friedlichem Miteinander. Du brauchst in und auf dem Körper möglichst eine Fülle von Bakterien in großer Vielfalt und in guter Vernetzung.
Fehlen Bakterien, überwiegt der Rest, zum Beispiel Pilze oder Viren. Wenn man eine „Viruserkrankung“ hat, wie Pfeiffersches Drüsenfieber oder die Grippe, braucht man also mehr Bakterienaktivitäten im Mikrobiom.
Nach der langjährigen Bakterienbekämpfung mit Desinfektion, antimikrobiellen Produkten und antibiotischen Mitteln ist unser natürliches Mikrobiom verkümmert. Bei urtümlich lebenden Volksstämmen wie Indianern im Amazonasregenwald oder bei Jägervölkern in Afrika fand man viel mehr Bakterienvielfalt als bei uns. Daher ist es wichtig, dass du wieder bakterienfreundlich lebst.
Immunsystem und Mikrobiom
Immunsystem und Mikrobiom sind vernetzt und in ständigem Dialog. Man könnte sagen, dass das Mikrobiom Teil deines Immunsystems ist. Es hält dich im Gleichgewicht während du der Welt begegnest.
Man kann es sich vorstellen wie ein Fachwerkhaus, das lauter Verstrebungen hat. Bei einem Erdbeben bleibt es stehen, denn die Streben halten es elastisch und zusammen. Ein Haus aus wenigen Ständern hingegen fällt direkt um.
Diese „Verstrebungen“ erfolgen im Körper durch besondere Zellen, die mit Bakterien reagieren. Dazu gehören sogenannte „M-Zellen“ im Rachen und im Darm, auf deren Oberflächen Bakterien-„Empfänger“ sitzen, welche eine Folge von Reaktionen auslösen, die über das Blut an den ganzen Körper vermittelt werden.
Daraufhin werden Immuneiweiße (sIgA) auf den feuchten Häuten wie in der Nase, in den Bronchien, auf den Augen und in der Blase gebildet. Diese sorgen dafür, dass Fremdkörper und Störfaktoren neutralisiert werden. Hast du also eine Entzündung dort, kannst du über Bakterienkontakte auf M-Zellen das Immunsystem wieder anregen.
Bakterien und Immunzellen im Gleichgewicht
Ein weiterer Kontakt besteht zwischen Bakterien und Immunzellen direkt. Man kann sich das wie ein Mobile vorstellen: Viele Immunzellen halten alles im Gleichgewicht. Manche Immunzellen, darunter die regulatorischen T-Zellen (TReg) sind dafür zuständig, die Reaktionen von Immunzellen und Geweben in Balance zu halten.
Die Bakterien im Körper gehen ständig mit den TReg-zellen in Kontakt. Ist das Mikrobiom gesund, schwingt das „Mobile“ in flexiblem Gleichgewicht. Fehlen aber Bakterien, fehlt dieser Gleichgewichtsimpuls und dann bringen Kleinigkeiten den Körper aus dem Lot.
Man „fängt sich dann leicht was ein“, bekommt beim geringsten Pollenflug Heuschnupfen, die Haut juckt oder man verträgt das Essen nicht. Dann ist es wichtig, das Mikrobiom wieder aufzupäppeln.
Dabei kann Dir helfen:
- für mehr gesunde Bakterien mit dem Essen sorgen,
- antibakterielle Zahnpasta weglassen,
- ballaststoffreich essen und
- gut kauen.
Mehr dazu findest Du in den Büchern und erfährst Du beim nächsten Mal ...
©Alexandra Kaumanns