Stärkung der Nerven mit Ginkgo, Ginseng und Co.?

Zunächst sollten wir uns die Biologie unserer Nerven vor Augen führen, denn diese unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von unseren anderen Körpergeweben: Nerven erneuern sich nicht, wenn sie einmal vollständig ausgewachsen sind. Eine kleine, aber wichtige Ausnahme gibt es jedoch: In unserem Gehirn können die Vernetzungen zwischen unseren Nerven ein Leben lang wachsen, auch wenn diese Fähigkeit mit dem Alter zunehmend wieder abnimmt. Diese Fähigkeit unseres Gehirns, auch Neuroplastizität genannt, ist der Schlüssel, damit unsere Nerven stark und fit bleiben.

 

Unser Nervensystem

Ein weiterer Aspekt unseres Nervensystems ist die Tatsache, dass ein Teil bewusst gesteuert wird und ein Teil unbewusst funktioniert, aber unweigerlich auch auf Reize aus unserer Umwelt und auch auf  unsere Ernährung oder körperliche Aktivität reagiert. Die beiden Teile des Nervensystems werden auch das zentrale Nervensystem und das vegetative Nervensystem genannt.

 

Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem wird nochmals unterteilt in den Sympathikus und den Parasympathikus. Diese beiden Teile des vegetativen Nervensystems sind auch als „aktivierendes“ beziehungsweise „deaktivierendes“ System bekannt.

Am besten können wir uns den aktivierenden Teil des vegetativen Nervensystems veranschaulichen, wenn wir an die Aktivierung unserer Aufmerksamkeit, unseres Blutdrucks und unserer Energiereserven in einer gefährlichen Situation denken. Ist die Gefahr gebannt, kommen wir wieder zur Ruhe, unsere Blutgefäße entspannen sich, der Blutzucker wird wieder in die Leber- und Muskelspeicher aufgenommen. Dafür sorgt der deaktivierende Teil des vegetativen Nervensystems.

 

So können wir unsere Nerven schonen

Unser Nervensystem hat sich über Jahrmillionen entwickelt und ist immer noch bestens geeignet, um in der heutigen Zeit seinen Dienst zu tun. Wie bei allen Körperfunktionen nimmt seine Leistungsfähigkeit mit dem Alter jedoch ab, auch das ist völlig natürlich. Das erste Ziel muss deshalb heißen, möglichst früh, möglichst viele Brücken zwischen unseren Nerven aufzubauen, damit das gesamte Netzwerk möglichst lange aktiv bleibt. Je mehr Vernetzungen existieren, desto länger und besser hält das ganze System.

Das zweite Ziel lautet, die Nerven möglichst lange aktiv zu erhalten, indem wir sie nicht unnötig schädigen – durch Überforderung oder durch Umwelteinflüsse, zu denen auch die Ernährung zählt. Diese drei Tipps sollte deshalb jeder beherzigen:

 

1. Neue Reize sammeln

Der sicherste Weg, möglichst viele Vernetzungen in unserem Nervensystem aufzubauen, ist es, unser Nervensystem möglichst vielen Reizen auszusetzen. Das gelingt am besten, indem wir uns täglich neuen Reizen aussetzen, die wir über unsere fünf Sinne wahrnehmen können. Unser Nervensystem registriert jede Veränderung in unserer Umwelt, egal ob sie nun hörbar, sichtbar, riechbar, schmeckbar oder fühlbar ist.

Das geschieht oft unbewusst, deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns bewusst in neue Umgebungen versetzen und unsere Wahrnehmung dorthin auch bewusst ausrichten. Der Mensch war schon immer ein Pionier – wer seine Umgebung und neue Welten erkundet, folgt deshalb eigentlich nur seinem natürlichen Trieb. Aufstehen, rausgehen und bewegen heißt deshalb das Motto.

 

2. Regelmäßige Bewegung 

Damit sind wir bei der Bedeutung von Bewegung angelangt. Komplexe Bewegungsabläufe fördern die Vernetzungen in unserem Nervensystem am besten. Tanzen ist beispielsweise dazu hervorragend geeignet. Aber auch jede andere Art von Bewegung ist gut für die Nerven, wenn sie regelmäßig und in einem persönlich verträglichen Maß erfolgt – es soll kein Leistungsanspruch daraus entstehen.

Während der Bewegung steigt nicht nur die Vernetzungsaktivität unserer Nerven, sondern in der Erholungsphase, im Anschluss an die Bewegung, schaltet sich auch wieder das unbewusst „deaktivierende“ Nervensystem ein, sodass wir Entspannung finden. In einer reizüberfluteten und hektischen Welt ist regelmäßige Bewegung daher nachweislich das beste Mittel, um unser Nervensystem vor Überforderung zu schützen. Und auch hier zählt wieder, möglichst viele unterschiedliche Bewegungsarten auszuüben. Einseitigkeit bedeuten für Körper und Nerven einen Entwicklungsstopp.
 

Teste hier, ob du möglicherweise unter Überlastung leidest: Selbsttest: Leidest du am Overload-Syndrom?

 

Das Abbauprodukt von Alkohol im Körper, Acetaldehyd, ist ein starkes Nervengift.
Dr. Malte Rubach

3. Ausgewogen ernähren

Wer sich abwechslungsreich und ausgewogen ernährt, hat im Rahmen einer Mischkost die optimalen Voraussetzungen für ein langes Leben mit starken Nerven. In meinem Artikel Was beinhaltet eine ausgewogene Ernährung? beschreibe ich, was dafür wichtig ist. 

Fleisch und Milch sind die besten Quellen für B-Vitamine und insbesondere das Vitamin B12 ist für die Nervenfunktion essentiell. Da dieses Vitamin in pflanzlichen Lebensmitteln aber so gut wie gar nicht vorkommt, ist bei veganer und auch vegetarischer Lebensweise eine entsprechende Überprüfung der Blutwerte und gegebenenfalls Nahrungsergänzung aus synthetischen Quellen unbedingt zu empfehlen. Die Nervenfunktion kann sonst ernsthaft und chronisch Schaden nehmen.

Lies hier: Vegetarier und Veganer: Diese Vitamine sind wichtig

Bei normaler Kost sind der Nutzen einer Nahrungsergänzung von B-Vitaminen genauso wie die Einnahme von Ginseng-Extrakten zum Schutz der Nerven nicht zu empfehlen – zu dieser Erkenntnis kommt zusammengefasst die Analyse der Cochrane-Stiftung zur Vorbeugung neurodegenerativer Erkrankungen. Belastbare Studien liefern keine Anzeichen für eine schützende Wirkung.

 

Pro-Tipp: Ausreichend Wasser trinken

Was dagegen bis ins hohe Alter zu beachten ist, ist eine ausreichende tägliche Trinkmenge. Nur wenn der Elektrolythaushalt im Körper stimmt, können Nerven ihre Arbeit verrichten. Erste Anzeichen für einen Flüssigkeits- und Elektrolytmangel können Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsschwierigkeiten sein.

Und natürlich sollte jeder seinen Alkoholkonsum in kleinen Maßen halten, denn das Abbauprodukt von Alkohol im Körper, Acetaldehyd, ist ein starkes Nervengift. In geringen Mengen kommt unser Körper aber auch damit klar.

 

Das große Plus für alle, die diese Tipps beherzigen können, sind nicht nur starke Nerven, sondern auch eine trainierte Muskulatur und Herz-Kreislauf-Ausdauer sowie starke Knochen. Alles zusammen drei wesentliche Voraussetzungen für ein genussvolles und langes Leben! 

 

 

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