Aus dem Alltag einer Paartherapeutin: Interview mit Birgit Fehst

Wann ist eine Paartherapie sinnvoll und was trägt zu ihrem Erfolg bei?

Du kannst dir das Interview als Video anschauen oder weiter unten die Fragen und Antworten nachlesen. Viel Spaß!

Interview mit Birgit Fehst

Birgit Fehsts Weg zur Paartherapeutin

Redaktion: Was hat dich dazu bewogen, Paartherapeutin zu werden? Gibt es persönliche Erfahrungen oder bestimmte Einblicke, die dich auf diesem beruflichen Weg geführt haben?

Birgit Fehst: Na ja, man beschäftigt sich ja gerne mit den Themen, von denen man selber auch etwas hat, und in Sachen Beziehung da ging bei mir damals definitiv noch was.

Ich habe dann ein wenig nachgeforscht, welches denn die Pioniere der Paartherapie sind. Bei meiner Recherche bin ich erst einmal bei David Schnarch gelandet und habe zig Kurse bei ihm gemacht, bis es immer mehr gegrummelt hat.

Irgendwie war ich mit seinen Lehren nicht so ganz einverstanden und da er ein extremer Gegner der Bindungstheorie war, dachte ich, ich schau mir das doch mal genauer an, und das war ein echter Augenöffner für mich. Oh my god, hello, das ist es.

Und nun arbeite ich sehr viel und mit sehr viel Erfolg genau damit, aber lasse natürlich auch Kenntnisse aus diversen anderen Ausbildungen und Kursen mit einfließen, und habe letztlich mein eigenes Ding daraus gemacht.

 

Paartherapie vs. Einzeltherapie

Redaktion: Welche Unterschiede (Vorteile/Nachteile) gibt es zwischen einer Paartherapie im Gegensatz zur Einzeltherapie?

Birgit Fehst: Das sind zwei völlig verschiedene Felder. Es sind auch völlig verschiedene Ausbildungen für die Therapeuten. Die meisten Einzeltherapeuten sind nicht für die Arbeit mit Paaren ausgebildet und ich als Paartherapeutin werde keine Depressionen oder ähnliches behandeln.

Bei einer Psychotherapie, also Einzeltherapie, geht es um die Psychodynamik des Einzelnen, und bei einer Paartherapie um die Paardynamik. Da die Psychodynamik die Paardynamik aber erheblich beeinflusst, schauen wir uns die Aspekte, die wichtig sind, aber auch in den Paarsitzungen an, und manchmal rate ich dem einen oder anderen, parallel auch eine längere Einzeltherapie zu machen. 

Am schwierigsten ist es, wenn einer eigentlich schon »draußen« ist.
Birgit Fehst

Herausforderungen als Paartherapeutin

Redaktion: Was sind einige der größten Herausforderungen, denen du sowohl als Paartherapeutin als auch in der Interaktion mit deinen Patient:innen begegnest?

Birgit Fehst: Wenn ein Paar schon sehr lange zusammen ist und eine ungünstige Dynamik schon so oft wiederholt hat, dass sehr viel Groll herrscht, dann ist es schon schwieriger, da wieder rauszukommen.

Nicht so einfach ist es auch, wenn es Co-Morbiditäten gibt, also einer vielleicht eine Angststörung hat oder ein Borderliner oder Narzisst ist.

Und am schwierigsten ist es, wenn einer eigentlich schon »draußen« ist und gar keine Kraft mehr hat oder auch keine Lust, viel Kraft aufzuwenden, um eine Beziehung wieder zu verbessern.

 

Wann ist eine Paartherapie sinnvoll?

Redaktion: Wann wäre der beste Zeitpunkt für ein Paar, eine Therapie in Erwägung zu ziehen? Gibt es Anzeichen, auf die Paare achten sollten?

Birgit Fehst: Wenn die allgemeine Atmosphäre schon recht schlecht ist, sollte man schleunigst etwas dagegen tun. Man kann sich auch mal richtig streiten, aber wenn man das hinterher wieder repariert kriegt, ist das kein Thema. Wenn man aus diesen negativen Zyklen aber alleine nicht mehr rauskommt, sollte man sich Hilfe holen.

Wie lange dauert eine Paartherapie?

Redaktion: Wie lange dauert eine typische Paartherapie und welche Faktoren beeinflussen die Dauer?

Birgit Fehst: Das ist schwer zu sagen, denn sie dauert von bis. Also manche holen sich nur ein paar Impulse und manche kommen über einen richtig langen Zeitraum. Die meisten kommen so 5 bis 10 mal.

Es kommt darauf an, wie schwerwiegend die Probleme sind, wie sehr das Paar gewillt ist, daran zu arbeiten, und natürlich kommt es auch auf den Geldbeutel an.

 

Wenn beide es wirklich wollen und wirklich committed sind, an sich zu arbeiten, wird sich die Beziehung verbessern.
Birgit Fehst

Erfolgsquote der Paartherapien

Redaktion: Gibt es eine durchschnittliche Erfolgsquote bei Paartherapien und wie wird diese gemessen? Was sind deine größten Erfolge in der Paartherapie und was macht sie so erfolgreich?

Birgit Fehst: Wenn beide es wirklich wollen und wirklich committed sind, an sich zu arbeiten, wird sich die Beziehung verbessern. Wenn einer wie gesagt schon draußen ist, wird es in der Regel nicht funktionieren. So kann man das, glaube ich, ganz gut verallgemeinern.

Ich selber bin sehr direkt, arbeite gerne mit ganz konkreten Werkzeugen und möchte, dass meine Klienten ganz schnell etwas an der Hand haben, um so schnell es geht einen Fortschritt zu erzielen.

Das macht Hoffnung, dass es wieder gut werden kann. Danach möchte ich, dass sie sich eine Routine erarbeiten, wie sie besser miteinander kommunizieren können, um nicht auf mich angewiesen zu sein.

Sie müssen selber ihre Probleme reparieren lernen. Diese Kombination hat sich als sehr erfolgsversprechend erwiesen und ich erziele damit ziemlich gute Erfolge.

 

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