Sollen Schwangere auf Kaffee verzichten?
Kaffee in der Schwangerschaft: Übergewicht bei Kindern?
Die Schlagzeilen in Internet-Foren und Pressemitteilungen waren mal wieder äußerst beunruhigend als die Ergebnisse einer großen norwegischen Studie veröffentlicht wurden. Schwangere Frauen mit durchschnittlichem und überdurchschnittlichem Koffeinkonsum, so hieß es, haben im Mittel öfter Kinder, die übergewichtig sind. Dazu wurden die Daten von über 50.000 Schwangeren ausgewertet und die Entwicklung der Kinder bis zum 8. Lebensjahr beobachtet.
Dabei kam heraus, dass ab einer Menge Koffein von mehr als 50 Milligramm pro Tag das Risiko für ein übergewichtiges Kind anstieg, je mehr Koffein aufgenommen wurde. In der Studie stammte das Koffein aus Filterkaffee, Espresso, anderen Kaffeezubereitungen und Softdrinks, die Koffein enthielten.
Grob gesagt war also eine Tasse Kaffee kein Problem, aber ab der zweiten Tasse Kaffee (50 bis 199 Milligramm Koffein am Tag) stieg das Risiko um 15 Prozent und ab der fünften Tasse Kaffee (200 bis 299 Milligramm pro Tag) um 30 Prozent und ab der siebten Tasse (mehr als 300 Milligramm pro Tag) sogar um mehr als 60 Prozent. Sind die Ergebnisse nun reine Panikmache oder sollten wir sie ernst nehmen?
Das sagen offizielle Stellen zum Kaffeekonsum in der Schwangerschaft
Zunächst einmal ist Entwarnung angesagt für alle Schwangeren, die gerne einen Kaffee trinken. Große Übersichtsstudien, die eine große Anzahl solcher Studien wie der norwegischen Studie ausgewertet haben, kommen alle zu dem Schluss, dass ein bis zwei Tassen Kaffee auch für Schwangere kein Problem sind.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nennt Mengen von bis zu 200 Milligramm Koffein pro Tag unbedenklich. Sieht man sich nun an, wie viel Koffein die Schwangeren in der norwegischen Studie täglich aufnahmen, dann ist ziemlich schnell klar, dass auch dort bis zu der von der EFSA als unbedenklich angegebenen Menge ein sehr kleiner Risikoanstieg für übergewichtige Kinder auftrat.
Koffeein in der Schwangerschaft bewusst genießen
Aber, und das ist ein wichtiger Hinweis für alle Schwangeren, es war nicht allein der Kaffee, der möglicherweise für eine zu hohe Koffeinaufnahme sorgte. Es waren auch koffeinhaltige Softdrinks dabei.
Im Alltag können auch Kakao, Schokolade, Energydrinks und Tee die gesamte Menge an Koffein erhöhen. Es ist also unter Umständen sinnvoll, an einem Tag nur ein koffeinhaltiges Lebensmittel zu genießen, um nicht über die unbedenkliche Gesamtmenge pro Tag zu kommen.
Ernährung in der Schwangerschaft ist ein ganzheitliches Thema
Wie es bei der Diskussion der Ergebnisse von großen Studien so oft der Fall ist, muss man schon genauer hinsehen, um die Schwächen und Stärken richtig zu deuten. Die Wissenschaftler aus Norwegen erwähnen, dass Schwangere je nach Bildungshintergrund häufiger zu viel Koffein aufnahmen und auch häufiger selbst vor oder während der Schwangerschaft übergewichtig waren. Auch die Partner der Schwangeren waren dann häufiger übergewichtig.
Diese Information ist nicht unwichtig, weiß man doch, dass der soziale Hintergrund der Eltern das Risiko für Übergewicht für Kinder erhöht. Und ebenfalls haben übergewichtige Eltern häufiger übergewichtige Kinder. Beides gemeinsam kann also in der Studie nicht unwesentliche dazu beigetragen haben, dass die Kinder von Müttern mit einem erhöhten Koffeinkonsum auch häufiger übergewichtig waren, wenn die Mütter bereits Übergewicht hatten und einen geringen Bildungshintergrund. Egal also, aus welcher gesellschaftlichen Schicht jemand kommt, ist es ratsam sich bewusst mit seiner eigenen Ernährung und der Kinder zu befassen.
Eine Tasse Kaffee ist kein Problem
Und in der Studie kam noch ein weiteres Ergebnis zum Tragen, das kaum in der Presse zitiert wurde: Im Ergebnis wurde nur zwischen niedrigem und sehr hohem Koffeinkonsum verglichen. Aber was war eigentlich mit den Schwangeren, die gar kein Koffein zu sich nahmen?
Deshalb wurden auch alle Schwangeren, die gar kein Koffein aufgenommen haben mit denen verglichen, die Koffein in irgendeiner Form konsumiert haben und dann sah die Welt nochmal anders aus: die Kinder von Schwangeren mit einem niedrigem Koffeinkonsum hatten dann nämlich sogar ein geringeres Risiko, Übergewicht zu entwickeln. Die Kinder von Schwangeren mit einem durchschnittlichem Koffeinkonsum waren auch nicht häufiger übergewichtig als wenn sie auf Koffein verzichtet hätten.
Fazit: Eine Tasse Kaffee schadet nicht und kann sogar noch zusätzlich von Nutzen sein. Mehr muss und sollte es während der Schwangerschaft aber auch nicht sein.
Autorenbild: Ingolf Hatz