Die Kartoffel-Apotheke – von Hustensaft bis Auflage

Im letzten Beitrag Küchen-Apotheke: Wirkungsvolle Hausmittel für deine Selbstheilung ging es um die tollen Möglichkeiten – aber eben auch über die möglichen Probleme – von Hausmitteln und der „Medizin aus der Küche“.

Ich hoffe, du bist neugierig geworden, auf mehr Infos und mehr praktische Tipps. Hier kommen sie, zu meinem Lieblingsheiler, der Kartoffel.

 

Die Besonderheit der Kartoffel

Die Kartoffel habe ich im ersten Teil dieser Serie als „Küchenmamsell“ beschrieben, als ein Gemüse, das nährt und beruhigt. Aber wie wird die Kartoffel in ihrer Heimat, in Mittel- und Südamerika, eingeschätzt?

Auf einem ethnomedizinischen Kongress im Mai 2019 in München – eine Medizinanthropologin und ich hielten einen Vortrag über das im letzten Artikel beschriebene Projekt mit den Neuköllner Stadtteilmüttern – ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf und befragte einen peruanischen Schamanen dazu.

Wir saßen im Referentenzimmer hinter der Bühne der alten Kongresshalle in München und warteten auf unseren „Einsatz“. Als ich ihn fragte „Was ist das ganz Besondere an der Kartoffel? Die besondere Heilkraft?“ lachte er nur und zeigte auf seinen Bauch, rieb sich selbigen genüsslich und sagte: „Kartoffel gut für Mitte“. Genau so ist es. 

Denk immer an die Kartoffel, wenn du einen milden, stärkenden, entlastenden Sattmacher brauchst.
Dr. Annette Kerckhoff

Ähnlich wird die Kartoffel in der Traditionellen Chinesischen Medizin eingestuft – hier wird sie dem Erdelement zugeordnet, stellt Säfte bereit, stärkt Yin und Yang und baut die Lebensenergie Qi auf. 

Das heißt: Denk immer an die Kartoffel, wenn du einen milden, stärkenden, entlastenden Sattmacher brauchst (und übrigens: wenn du Probleme mit dem Darm hast, dann solltest du wissen, dass abgekühlte Kartoffeln verträglicher sind als frische Kartoffeln, weil sie eine „umgebaute“ Stärke enthalten. Du kannst sie auch leicht erwärmen oder als Kartoffelsalat genießen.)

 

Die Inhaltsstoffe der Kartoffel

Betrachtet man die Kartoffel – und vor allem ihre Anwendung als Heilmittel aus ernährungswissenschaftlicher Sicht - so lässt sich die Frage, warum die Kartoffel wie eingesetzt wird, mit den Inhaltsstoffen erklären:

  • Kartoffeln bestehen zu fast 80 % aus Wasser 
  • sie enthalten praktisch kein Fett
  • leicht verdauliche Stärke (15 %)
  • Proteine (2 %)  
  • Ballaststoffe (2 %) 

Die Knollen sind sehr vitamin- und mineralstoffreich, wobei die Vitamine B1, B2, B6 (nervenstärkend) und C (antioxidativ) sowie die Mineralstoffe Kalium und Magnesium (basisch) im Vordergrund stehen.

Als Heilmittel ist bei der Kartoffel zunächst der hohe Wasseranteil interessant: Er ist dafür verantwortlich, dass rohe Kartoffeln kühlen und gekochte lang anhaltende Wärmeträger sind.
In beiden Fällen wird befeuchtet, das ist gut bei allen Beschwerden durch zu viel Trockenheit, zum Beispiel bei einem festen Husten. Macht man hier eine warme Kartoffelauflage, so dringt der Wasserdampf tief ins Gewebe ein und trägt dazu bei, zähen Schleim zu lösen.

Die Mineralstoffe wirken entsäuernd – ob innerlich bei Sodbrennen (sie neutralisieren die Magensäure) oder äußerlich über die Haut.

Die Stärke wirkt beruhigend und vermutlich entzündungshemmend.  Kalium wirkt ausschwemmend, daher der Einsatz der Kartoffel in gemäßigten Fastenkuren.
Da Kartoffeln quasi fettfrei sind, freut sich auch die Leber. 

Unter all den Kartoffel-Anwendungen möchte ich dir heute zunächst einen Kartoffel-Hustensaft vorstellen. Er ist – anders als der Zwiebelhustensaft, den viele ja kennen – besonders mild und vor allem bei Reizhusten geeignet:

 

Kartoffel-Honig-Hustensaft bei Reizhusten

Das brauchst Du:

  • 2–3 Bio-Kartoffeln
  • 2–3 EL Honig

So geht’s:

Die Kartoffeln schälen, in kleine Stücke schneiden, mit Wasser bedecken und weich kochen. Das sämige Kochwasser abseihen, etwas abkühlen lassen, dann mit dem Honig vermischen und in eine Thermoskanne füllen. Den Kartoffel-Honig-Hustensaft schluckweise über den Tag verteilt trinken, dabei langsam die Kehle herunterrinnen lassen. Der Hustensaft sollte täglich frisch zubereitet werden.

Warum hilft die Kartoffel?

Die in Kartoffeln enthaltenen Schleime wirken beruhigend auf die Rachenschleimhaut, die Stärke wirkt entzündungswidrig. Beides lindert den Hustenreiz.
Der Honig wirkt ebenfalls entzündungsmindernd, daneben ist er für die sirupartige Konsistenz dieses Hustensafts verantwortlich.

Das ist zu beachten: 

  1. Verwende nur einwandfreie Kartoffeln. Das giftige Solanin (in grünen Stellen, Trieben) geht ins Kochwasser über.
  2. Kartoffel-Allergien sind selten, kommen aber als Kreuzallergie vor (zum Beispiel mit Birken- oder Haselnusspollen).

Das Prinzip, das sämige Kartoffelkochwasser von sehr klein geschnittenen, gekochten Kartoffeln zu nutzen, um eine Schleimhaut zu schützen, kann man auch für den Magen einsetzen. Das Rezept ähnelt dem des Hustensafts, wird aber ohne Honig zubereitet und kann auch als Süppchen abgewandelt werden:

 

Kartoffelschleimsüppchen bei Reizmagen, Gastritis und Sodbrennen

Das brauchst Du für 1 Tagesportion:

  • 3–4 Kartoffeln
  • 1 l Wasser
  • evtl. Salz, Pfeffer, Suppengemüse, Öl oder Butter 

So geht‘s:

Die Kartoffeln schälen und in kleine Würfel schneiden, 20 Minuten im Wasser köcheln lassen.
Wenn du nun eher ein „Arzneimittel“ möchtest: Die gegarten Kartoffeln abseihen, das Kochwasser in eine Thermoskanne füllen und über den Tag verteilt schluckweise trinken.

Wenn die Suppe auch sättigen soll: Die Kartoffelstückchen mitessen, gerne auch mit Salz und Pfeffer würzen und etwas Suppengemüse mitgaren und Öl oder Butter für den Geschmack zufügen. Hier kannst du auch ein bisschen improvisieren und das Süppchen so abwandeln, wie es dir schmeckt – Hauptsache, du löffelst sie ganz langsam und kippst nicht gleich eine kalte Cola hinterher. Auch diese Suppe sollte jeden Tag frisch zubereitet werden.

Spannend zu wissen:

Kartoffeln wirken basisch und neutralisieren die Magensäure. Ihr hoher Anteil an Stärke wirkt darüber hinaus entzündungsmindernd. 

Übrigens als weitere Info: Wenn du keine Probleme mit Stimme, Hals oder Magen hast, sondern einfach mal detoxen und entgiften möchtest: Koche Kartoffeln salzfrei und fettfrei mit Apfel.
Das schmeckt, macht an einem „Detox-Tag“ oder auch nur für eine „Detox-Mahlzeit“ satt und entlastet die Leber (weil fettfrei). Das in den Kartoffeln enthaltene Kalium wirkt leicht ausschwemmend, vorausgesetzt, du lässt den Salzstreuer auf dem Tisch stehen.
 

So viel zu einigen wirklich tollen Tipps mit der Kartoffel für die innerliche Anwendung.
Ich könnte stundenlang weiterschreiben, denn auch äußerlich sind warme oder kalte Kartoffelauflagen grandios: Warm bei Nackenschmerzen oder Nebenhöhlenentzündung, kalt bei Kopfschmerzen und Fieber, ... 

Wenn dich das interessiert, dann schau doch mal in mein neues Buch, dort ist das alles genau beschrieben und es gibt neun spannende Rezepte zur Kartoffel. Zum Beispiel Kartoffeln im Strumpf bei Halsschmerzen oder Fußbäder in Kartoffelkochwasser bei Nervenschmerzen der Füße.
 

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