Karlinders Kolumne: Die Freuden und Tücken des Elternseins

Liebe Eltern, liebe werdende und niemals werdende Eltern!

Es war ein sommerlicher Junimorgen in unserem Wochenendhaus im schleswig-holsteinischen Wald von Goßenaspe, als mein Mann in guter Absicht beschloss, meine damals fünfjährige (!) Tochter mit einem frisch gebrühten Kaffee zu mir ins Bad zuschicken – um mich damit zu überraschen. Natürlich war der Becher randvoll und – ihr ahnt es schon – als meine Tochter mit der Tasse die Türklinke runterdrücken wollte, schwappte der Kaffee (der hat üblicherweise circa 95 Grad hat!) über ihre komplette Hand. Ergebnis: Verbrennung zweiten Grades, Riesengeschrei, eine aufgelöste Mutter, ein fluchender Vater – und statt Frühstück im Waldhaus ein Vormittag in der Notaufnahme des Altonaer Kinderkrankenhauses in Hamburg. 

Ein paar Jahre später, als ich noch nicht wie jetzt rettungsdienstlich ausgebildet war, erlitt mein Sohn im Rahmen eines Infekts einen sogenannten Fieberkrampf. Für alle, die das nicht kennen: Diese bekommen einige Kinder, insbesondere Jungen, zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr bei Infekten, die mit hohem Fieber einhergehen, weil das kindliche Hirn den raschen Temperaturanstieg nicht kompensieren kann und eine Art „Gewitter“ im Kopf auslöst – ähnlich wie bei der Epilepsie, nur dass es in der Regel nach dem Kleinkindalter wieder verschwindet. Eine furchtbare Situation, wenn man diesen Zustand vorher nie erlebt hat. Das Kind verdreht die Augen und zuckt am ganzen Körper – als Eltern steht man hilflos daneben und weil man vom Arzt im Krankenhaus anschließend mitgeteilt bekommt, dass die Krämpfe in den nächsten Jahren bei jedem Infekt auftreten können, sitzt man fortan beim kleinsten Schnupfen völlig hysterisch an der Bettkante des Kindes, um fiebersenkende Mittel zu verabreichen. Schlimm.

 

Die Sorgen der Elternschaft

Seit meiner Ausbildung zur Rettungsassistentin habe ich unzählige aufgelöste Eltern von krampfenden Kindern beruhigen dürfen, Kinder mit Sportverletzungen und Gehirnerschütterungen per RTW aus der Schule in die Notaufnahme transportiert – und habe festgestellt: Eltern sind derart symbiotisch mit ihrem Kind, dass es für sie schlimmer ist, wenn es dem Kind schlecht geht als wenn sie selbst krank sind. Sind die Kinder gesund und glücklich, sind wir Eltern es auch. Insbesondere wir Mütter, muss man wohl ehrlicherweise dazusagen.

Allerdings habe ich auch festgestellt: Um sich Sorgen zu machen, müssen die lieben Kleinen noch nicht mal krank sein. Im Grunde ja noch nicht mal geboren – wie ihr in der Kolumne „Lieber Quinoa“ der vorigen Woche lesen könnt. Mich erreichen viele Mails mit panischen Fragen wie: „Ich bin vor sechs Wochen Mutter geworden und das mit dem Stillen klappt einfach nicht – ich habe einfach nicht genug Milch. Aber jetzt habe ich gehört, dass die Kinder viel häufiger Asthma, Neurodermitis und Heuschnupfen bekommen, wenn sie nicht gestillt werden!“ Was für ein Quatsch! Mein erstes Kind habe ich gestillt und beim zweiten hat es überhaupt nicht geklappt – und beide sind bumsgesund, wie meine Freundin Julia immer zu sagen pflegt!  Zur Beruhigung: Beim zweiten Kind sind die meisten Eltern dann viel entspannter. 

 

Eine kleine große Samstagnachmittag-Familien-Aktion

So war es auch bei Sarah, einer meiner besten Freundinnen, fällt mir gerade ein. Wir sind an eine Dienstagnachmittag in einen Baumarkt gefahren, die Kinder waren noch klein, weil Sarah eine Mission hatte: Sie hatte sich überlegt, dass sie mit ihren beiden Kindern bei uns im Innenhof in Hamburg-Eimsbüttel eigene Tomaten anbauen wolle. Eine typische Idee von Großstadt-Eltern übrigens, um Kindern die „Natur“ näher zu bringen. Zugegebenermaßen eine sehr schöne Idee, aber die Umsetzung war für eine kleine Samstagnachmittag-Familien-Aktion mehr als spektakulär. Denn natürlich sollten die Tomaten nicht in IRGENDEINER ERDE wachsen, sondern in: BIO-ERDE! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Ich schiebe es im Nachhinein auf die Hormone, die häufig aus ehemals feierwütigen Fashionistas Mütter werden lassen, die im Baumarkt den Spezialisten für Erde ausrufen lassen, um eine Beratung über die beste Tomatenerde einzufordern. Denn so war es dann. Sarah stand vor dem Angebot der Erde-Säcke wie der Ochs vor’m Berg – und wusste weder ein noch aus. Auf allen Tüten standen irgendwelche Beschreibungen und Abkürzungen für die Art der Erde. Aber: Welche Erde war denn nun WIRKLICH Bio? Aber nicht irgendeine Bio-Erde – die beste Bio-Erde von allen!

Irgendwann sagte Sarah verzweifelt: „Also, ich verstehe nicht, wieso das nicht klar draufsteht. Ich frag jetzt mal jemanden, der hier arbeitet!“ und lief Richtung Info-Tresen. Sekunden später hörte ich, bei den Säcken wartend, die Durchsage: „Ein Mitarbeiter bitte in die Garten- und Erdeabteilung!“. Herr Möller kam dann auch nach circa fünf Minuten brav aus seiner Mittagspause angetrabt und entlud eine Erklärung über Tomatenerde über uns, von der ich nur die Hälfte verstand. Meine Freundin allerdings konnte sich danach ruhigen Gewissens für die – laut Herrn Möller – gesündeste Erde entschieden. Schließlich sollten die angebauten Tomaten ja stolz vom Kindermund verschlungen werden – und da dürfen natürlich keine Pflanzenschutzmittel oder Kunstdünger verwendet werden. 

Ganz ehrlich: Ich hätte einfach irgendeinen Sack gegriffen, weil ich der Meinung bin: Wenn wir als spaßige Kinderaktion Tomaten anbauen und essen, ist es komplett egal, was für eine Erde das ist. Weil die Dosis das Gift macht und bei einer Ernte, denn so lange macht das Kindern in der Regel Spaß, kein Schaden entsteht. Aber so ist es nun mal: Bei Kindern hört der Spaß häufig auf und die Geister scheiden sich – in zig Wahrheiten. Dazu fällt mir übrigens die Aktion #coolmomsdontjudge ein: Eine Initiative, damit Mütter sich nicht untereinander für genau diese vielen Wahrheiten, die uns unique machen, verurteilen. Schaut sie euch mal an.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine bumsgesunde Woche und bis zur nächsten Kolumne,

Charlotte Karlinder
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Gesundheitsexpertin


P.S. Dieses Thema ist im Übrigen nicht zufällig zur dieswöchigen Kolumne geworden – ich schreibe nämlich gerade an meinem zweiten Ratgeber, in dem es um genau diese Dinge geht: Wieviel Vollkorn, wieviel Bio, wieviel Zucker – und was am wichtigsten ist – wieviel Liebe braucht mein Kind, um gesund aufzuwachsen? All das erfahrt ihr in meinem neuen Gesundheitsratgeber für Eltern & Kinder. Wenn ihr mein kostenloses Gesundheitsmagazin abonniert, erfahrt ihr rechtzeitig, wann das zweite „Baby“ fertig ist = ). Ich freue mich schon jetzt auf euer Feedback!

Mehr Tipps & Tricks findet ihr in meinem Gesundheitsmagazin unter  www.charlotte-karlinder.de

 

©Reinhard Hunger

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