Die Mental Load-Falle: Was tun bei psychischer Überlastung?

Kochen, putzen, einkaufen, Kinder versorgen – in unserer Gesellschaft erledigen immer noch Frauen einen Großteil der Sorgearbeit oder auch Care-Arbeit. Obwohl die meisten heterosexuellen Paare von sich sagen würden, dass sie in einer gleichberechtigten Partnerschaft leben, sind Hausarbeit, Kinderbetreuung und andere Sorgearbeiten ungleich verteilt: Studien zeigen, dass Frauen einen erheblichen Teil übernehmen, selbst wenn beide Partner berufstätig sind. 
 

Was ist Mental Load? 

Das bisschen Haushalt? So einfach ist es leider nicht. Schon allein zum »Wäsche waschen« gehört so viel mehr als nur die dreckige Wäsche in die Maschine zu stopfen und diese einzuschalten: 

  • Ist genug Waschmittel vorrätig? Gegebenenfalls Waschmittel auf die Einkaufsliste setzen und beim nächsten Drogeriebesuch einkaufen. 
     
  • Welche Wäsche kann zusammen gewaschen werden? Hell, dunkel, Wolle und Feines, Kochwäsche … Welches Programm ist das richtige für die jeweilige Ladung Wäsche?
     
  • Sind Kleidungsstücke mit speziellen Flecken dabei, die eine Vorbehandlung benötigen? Womit kann man Grasflecken von der Fußballkleidung oder Rotweinflecken von der neuen Leinentischdecke entfernen? 
     
  • Welche Kleidungsstücke sollten demnächst gewaschen werden, weil jemand in der Familie sie womöglich benötigt? Welche Termine stehen überhaupt in der Familie in nächster Zeit an? 
     
  • Wie lange läuft die Waschmaschine und wann muss die Wäsche im Anschluss aufgehängt werden? Sie sollte nicht zu lange in der Maschine liegen bleiben, damit sich kein unangenehmer Geruch bildet.
     
  • Darf die Wäsche in den Trockner? Ist der Wäscheständer frei? Wenn nein, muss zuerst die trockene Wäsche abgehangen werden. Fallen hier Bügelarbeiten an? Wenn ja, wann können diese erledigt werden?
     
  • Abgehängte Wäsche muss entsprechend gefaltet und im Anschluss verräumt werden. Das heißt auch, dass alle Kleidungsstücke ihren Besitzern zugeordnet und dann in die entsprechenden Schränke verräumt werden müssen. Beim Zusammenlegen kann dann noch der Zustand der Kleidung überprüft werden, beschädigte Kleidung wird aussortiert oder zur Reparatur beiseite gelegt. 
     
  • Hinzu kommt das allgemeine Kleidungsmanagement: Wer braucht zu welcher Jahreszeit welche Kleidungsstücke in welcher Anzahl? Welches Familienmitglied hat welche Kleidergröße? Muss Kleidung neu gekauft werden oder ist noch etwas Geerbtes im Keller oder Speicher gelagert? Wird neu oder gebraucht gekauft? Gibt es gerade Angebote? Und so weiter ... 
Das Witzige (…) ist: Frauen muss man in der Regel gar nicht erklären, was Mental Load ist.
Patricia Cammarata in »Die Mental Load-Falle«

Na, schwirrt dir beim Lesen schon der Kopf? Dann mach dir klar: Die Hausarbeit besteht nicht nur aus Wäsche waschen. Rund um Haushalt und Familie fallen eine Vielzahl von Aufgaben an, die erledigt werden wollen:

  • Haushaltsorganisation: Planen und Ausführen von Aufgaben im Haushalt, also Einkaufen, Kochen, Putzen, Wäsche, Haushaltsbudget, Terminplanung etc.
     
  • Kinderbetreuung: Organisieren und Koordinieren der Betreuung und Aktivitäten der Kinder, einschließlich Schule, Kindergarten, Freizeitaktivitäten, Arztbesuche, Spieltermine, Geburtstagsfeiern etc.
     
  • Familienorganisation: Übersicht über alle Familienangelegenheiten, Geburtstagsplanung, Geschenke überlegen und besorgen, Urlaubsplanung, Arzttermine für Familienmitglieder, Versicherungen, Finanzen etc.
     
  • Beziehungsarbeit: Emotionale Unterstützung des Partners oder der Partnerin, Erinnerung an wichtige Ereignisse oder Termine, Kommunikation mit der erweiterten Familie, Planung von Dates oder gemeinsamen Aktivitäten etc.
     
  • Selbstpflege: Die eigene Gesundheitsvorsorge, Termine bei Ärzt:innen, Planung von persönlicher Entspannung und Erholung, eigene Hobbies und Interessen etc.

Mental Load ist unsichtbar

All diese Verantwortlichkeiten werden in den meisten Familien ganz automatisch einer Person zugeordnet: der Frau. Schließlich war das schon immer so, denn auch die Mütter und Großmütter haben sich schon um Haushalt und Co. gekümmert. Die meisten von uns sind mit bestimmten Geschlechterstereotypen aufgewachsen, die von Gleichberechtigung weit entfernt sind und die sich noch heute auf unsere Aufgabenteilung auswirken.

Darüber hinaus sind diese Aufgaben nicht offensichtlich. Natürlich fällt es auf, wenn Wäsche nicht gewaschen ist oder Toilettenpapier fehlt – das ständige Denken und Planen im Hintergrund jedoch ist unsichtbar. Viele Frauen schleppen im Kopf ständig eine mentale To-do-Liste mit sich herum, koordinieren und denken voraus – genau diese psychische Belastung ist Mental Load. 

Weil er aber unsichtbar ist, wird Mental Load oft übersehen und unterschätzt. Viele sehen ihn sogar als selbstverständlich an, da seine Auswirkungen nicht sofort zu erkennen sind. Aber genau diese Unsichtbarkeit trägt dazu bei, dass Mental Load zu mentaler Überlastung und Erschöpfung führt. 

Denn für viele Frauen ist es ungleich schwerer als für Männer, eine gesunde Work-Life-Balance zu leben, denn nach dem Ende der Erwerbsarbeit gehen die Verantwortlichkeiten weiter. Entspannung und freie Zeit kommen oft deutlich zu kurz, weil sich Frauen ständig um Belange der Familie kümmern müssen. Das kann sich auf das geistige Wohlbefinden schlagen: 

Die mentale Überlastung kann zu diesen Symptomen führen:

Die Symptome sind ähnlich wie bei einem Burnout – es gibt sogar den Begriff  »Mama-Burnout«, auch wenn es Mental Load auch in Familien ohne Kinder gibt.

Jeder »Schaaaahaaatz??! Wo sind meine Hosen?«-Ruf ist ein verschlüsselter Mental Load-Ruf.
Patricia Cammarata in »Die Mental Load-Falle«

4 Tipps, wie ihr den Mental Load besser verteilen könnt

Wenn du das Gefühl hast, dass dir Haushalt, Familie und Karriere über den Kopf wachsen, dann mach dir klar: Du musst das nicht alles allein schaffen! Sprich über deine Belastungen, such dir Unterstützung und wirf althergebrachte Rollenbilder über den Haufen. 

Natürlich muss sich auch gesellschaftlich einiges tun – flexible Arbeitsmodelle, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Anerkennung von Care-Arbeit wären wichtige politische Schritte. Aber auch in der Familie könnt ihr viel tun, um den Mental Load besser zu verteilen und dich zu entlasten: 

Tipp 1: Mach Mental Load sichtbar

Du hast das Gefühl, dass du ungleich mehr im Haushalt tust als dein Partner oder deine Partnerin? Oft ist dem zweiten Part in der Beziehung gar nicht bewusst, dass die Aufgaben ungleich verteilt sind. Setzt euch zusammen und sprecht offen über eure Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Erstellt eine Liste mit Dingen, die regelmäßig anfallen, und schreibt auch alle unsichtbaren Schritte dazu, die zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendig sind. Hilfreich sind hier schon online vorgefertigte Checklisten. Trotzdem solltet ihr für euer Leben individuell überlegen, was im Alltag so anfällt.
 

Tipp 2: Teilt die Aufgaben auf

Wenn ihr einen guten Überblick darüber habt, wer bei euch zuhause welche Aufgaben erledigt, prüft, ob ihr mit der Aufteilung zufrieden seid. Wenn nicht, überlegt gemeinsam, wie ihr die Care-Arbeit gerechter verteilen könnt. Achtet dabei darauf, dass ihr die Verantwortlichkeiten nicht nur nach traditionellen Geschlechterrollen verteilt, sondern auch eure persönlichen Fähigkeiten und Vorlieben mitdenkt. 

Nutzt digitale Einkaufslisten oder einen digitalen Kalender und setzt euch für bestimmte Aufgaben feste Termine mit Erinnerung. »Bettwäsche wechseln«, »Mülltonne rausstellen« oder »Rasen mähen« eignen sich perfekt für eine regelmäßige Erinnerung im gemeinsamen Kalender. 

Tipp 3:  Kommuniziert eure Erwartungen klar

Sprecht über die jeweiligen Aufgaben und lasst einander wissen, was euch wichtig ist. Vielleicht hat eine Person ein größeres Sauberkeitsbedürfnis als die andere oder einer Person ist gesunde Ernährung besonders wichtig – dann solltet ihr das in die Planung mit einbeziehen, damit sich alle im Alltag wohlfühlen und ihre Bedürfnisse erfüllt sind. Offene Kommunikation über euere Erwartungen ist hier der Schlüssel, um Stress und Frust vorzubeugen. 

Tipp 4: Bleibt in Verbindung

Mit einem einmaligen Gespräch wird das Thema Mental Load bei euch nicht erledigt sein – dazu sind die bisherigen Gewohnheiten und Rollenbilder zu tief in uns allen verankert. Setzt euch also regelmäßig zusammen und überprüft gemeinsam, wie es läuft. Wichtig ist, dass ihr flexibel bleibt. So könnt ihr auch reagieren, wenn eine Person mal mehr um die Ohren hat, wenn ein Kind krank wird oder andere unvorhergesehene Dinge passieren. 

 

Fazit: Raus aus der Mental Load-Falle!

Mental Load bezeichnet die Überbelastung durch Care-Arbeit, also die unsichtbaren Aufgaben in Haushalt, die Kinderbetreuung, die Familienorganisation und die Beziehungsarbeit. In vielen Fällen ist der Mental Load ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt, wobei Frauen oft einen Großteil dieser unsichtbaren Arbeit übernehmen. 

Das kann dazu führen, dass Frauen eine höhere mentale Belastung erfahren und sich dadurch gestresst und erschöpft fühlen. Eine offene Kommunikation und eine gerechte Verteilung der Aufgaben kann Entlastung bringen. 

Mit diesen 4 Tipps beugt ihr Mental Load vor und gelingt euch eine gerechte Arbeitsteilung:

  1. Macht Mental Load sichtbar: Schreibt alle mentalen und physischen Schritte auf.
     
  2. Teilt die Aufgaben gerecht auf: Wer hat welche persönlichen Stärken?
     
  3. Kommuniziert eure Erwartungen klar: Was ist wem wichtig?
     
  4. Bleibt flexibel und in Verbindung: Neue Gewohnheiten zu etablieren, braucht Zeit.

 

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