Entwicklungstrauma und Bindungstrauma: Symptome erkennen und heilen

Der Begriff Trauma beschreibt ein großes Feld von seelischen und körperlichen Belastungen. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Traumata und verschiedene Symptome, die wiederum bei jedem Menschen anders ausgeprägt auftreten können. 

Wenn du immer wieder Probleme hast, Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen, oder starke Angst vor deinen eigenen Gefühlen hast, kann das auf ein Entwicklungs- und Bindungstrauma hinweisen. 

Dann ist es ratsam, dich mit den Ursachen dieses Traumas und Möglichkeiten der Aufarbeitung und Heilung auseinanderzusetzen. Denn ein unverarbeitetes Trauma kann Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche haben und deine Lebensqualität negativ beeinflussen.

 

Was ist ein Entwicklungstrauma? 

Von einem Entwicklungstrauma spricht man, wenn man als Kind nicht die nötige Unterstützung bekommen hat, um sich gesund zu entwickeln. Toxischer Stress, wie zum Beispiel durch Verlusterfahrungen, Vernachlässigung oder Gewalteinwirkungen, kann sich sowohl in der Schwangerschaft als auch in der frühen Kindheit direkt auf die Entwicklung des Kindes auswirken. 

Betroffene Kinder haben dann nicht die Chance zu lernen, wie sie mit anderen Menschen umgehen sollen oder wie sie ihre Gefühle selbst regulieren können. Bereits im Kindesalter sind die massiven Auswirkungen eines solchen Traumas zu erkennen. Werden diese nicht behandelt, bleiben sie bis ins Erwachsenenalter bestehen, wenn auch in abgewandelter Form. 

Frühe Erfahrungen bilden die Grundlage für jede weitere Entwicklung.
Verena König

Entwicklungstrauma-Symptome

Im Erwachsenenalter können die Anzeichen für ein Entwicklungstrauma unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Neben Angst-Störungen und Depressionen können folgende Anzeichen zum Beispiel auch vorkommen: 

 

Was ist ein Bindungstrauma?

Wenn in der Kindheit traumatische Erfahrungen gemacht werden, die unmittelbar auf die Beziehung zwischen dem Kind und einer Bezugsperson zurückzuführen sind, spricht man von einem Bindungstrauma. Das kann beispielsweise der Verlust eines Elternteils sein oder Zurückweisung, die das Kind innerhalb der Beziehung erfahren hat. 

Die Grenzen zwischen einem Entwicklungstrauma und einem Bindungstrauma sind oft fließend. Erleidet das Kind zum Beispiel einen Verlust, wird jedoch von einer anderen Bezugsperson liebevoll »aufgefangen«, muss nicht zwingend ein Bindungstrauma vorliegen. Die Grundlage beider Traumaformen sind jedoch ähnlich und beide haben ihre Ursachen (weitestgehend) im Kindesalter.

 

Bindungstrauma-Symptome

Es gibt  zwar eine Reihe von Anzeichen, die auf ein Bindungstrauma hinweisen, jedoch sind diese noch stärker als bei anderen Formen von Traumata von Mensch zu Mensch verschieden und kommen auch in unterschiedlicher Ausprägung vor. Anzeichen können zum Beispiel sein: 

 

Trauma-Behandlungen für Entwicklungs- und Bindungstraumata

Solltest du einige der oben genannten Anzeichen für Entwicklungs- und Bindungstraumata aus deinem Leben wiedererkannt haben und merken, dass sie dich stark beeinflussen, zögere nicht, dir (fachliche) Hilfe zu suchen. In einer Traumatherapie kannst du mögliche Störungen reflektieren und aufarbeiten. 

Der erste und wichtigste Schritt zur Heilung ist jedoch, wahrzunehmen, wie es dir wirklich geht. Nimm deine eigenen Bedürfnisse ernst und versuche, diese und dich selbst genauso anzunehmen. Das ist nicht leicht, doch mit dem Druck, sofort etwas ändern zu müssen, kann Heilung nur schwer gelingen.

 

Ein Entwicklungs- und Bindungstrauma heilen

Egal, ob ein Entwicklungs- oder ein Bindungstrauma vorliegt, die Grundthemen beider Arten von Traumata sind Schutz und Sicherheit, die in der frühen Kindheit und vor oder nach der Geburt nicht erfahren werden konnten. Um Traumata dieser Art bearbeiten zu können, ist deshalb ein Blick zurück in die Kindheit und auf den Start des eigenen Lebens hilfreich. Frag dich:

  • Wie verlief deine Geburt? 
  • Welche Kindheitserinnerungen sind besonders stark? 
  • Zu welchem Elternteil hattest du eine besonders starke Bindung? 
  • Wie war das Verhältnis deiner Eltern?

Wenn wir eine tiefe und liebevolle Bindung zu einer anderen Person erfahren durften, gibt uns dies Stärke, Vertrauen und Sicherheit im Leben. Wir lernen durch die andere Person, uns selbst zu regulieren (Co-Regulation), und erkennen dadurch, dass wir wertvoll und vor allen Dingen nicht allein sind. 

Fehlt uns dieses Gefühl in den ersten Lebensjahren, entwickeln wir bestimmte Strategien zur Kompensation, die wir bis ins Erwachsenenleben mit uns tragen. Für die Heilung eines Traumas ist es wichtig, die Bedürfnisse hinter der Kompensation zu erkennen und ein neues Gleichgewicht zu schaffen. Dabei sollte man sich keinesfalls unter Druck setzen und seine Themen mit Geduld, Nachsichtigkeit und vor allem einem liebevollen Umgang mit sich selbst angehen. 
 

Zu verstehen, wie dein Start in dieses Leben war, kann dir eine Tür zu Wohlwollen und Mitgefühl für dich selbst öffnen.
Verena König

Kann man ein Trauma selbst heilen? 2 Übungen

Der Weg der Traumaheilung ist nicht immer einfach und erfordert viel Kraft und Durchhaltevermögen. Doch egal, an welchem Punkt der Behandlung du bist, es kann immer eine Hilfe sein, wenn du dich gut um dich selbst kümmerst. Das klappt oft schon mit ganz kleinen unterstützenden Handlungen und Körperarbeit, die du in deinen Alltag einstreust, um dich gut zu fühlen und deine positive Kraft zu nähren. 

Wir zeigen dir hier zwei einfache Übungen, die du in eine tägliche Routine einbauen oder einfach dann praktizieren kannst, wenn du es gerade brauchst. 

1. Sich selbst umarmen

Bei dieser Übung geht es darum, dich selbst und deinen Körper zu spüren. Wann immer du Halt oder Beruhigung brauchst, kannst du die Übung anwenden. Sie beruhigt die Atmung und das Nervensystem und lässt dich ganz bei dir selbst ankommen. 

  • Suche dir einen Ort, an dem du für ein paar Momente ungestört sein kannst.
  • Schlinge die Arme um deinen Körper und gib dir selbst eine Umarmung.
  • Spüre, wie dein Brustkorb sich mit deiner Atmung hebt und senkt.
  • Lass die Atmung tiefer werden und genieße das Gefühl des Gehaltenwerdens.

 

2. Der Body-Scan

Mithilfe eines Body-Scans kannst du die Anspannung im kompletten Körper loslassen und dein Nervensystem beruhigen, indem du die Konzentration jeweils nur auf eine bestimmte Körperstelle richtest. Wann immer du abschweifst oder den Faden verlierst, lenke deine Aufmerksamkeit wieder liebevoll auf deinen Körper zurück.

  • Setze oder lege dich bequem hin und schließe die Augen, wenn es sich für dich gut anfühlt.
  • Atme tief durch die Nase ein und durch den geöffneten Mund aus, lass alle Anspannung los.
  • Atme während der gesamten Übung ruhig und tief weiter.
  • Beginne, indem du mit deiner Aufmerksamkeit zum rechten Fuß wanderst, spüre deine Zehen, die Fußsohle, den Fußspann. Wie fühlt dein ganzer Fuß sich an? Kannst du ihn durch deine Aufmerksamkeit komplett entspannen? 
  • Wandere so langsam Stück für Stück durch deinen gesamten Körper, schenke jedem Körperteil einen kurzen Moment und spüre hinein.
  • Wenn du einmal durch den Körper gewandert bist, dann verweile noch einen Augenblick in der Entspannung. Spüre deinen ganzen Körper. Wie fühlt er sich jetzt an? 

Je nachdem, wie viel Zeit du gerade hast, kannst du die Übung länger oder kürzer gestalten. Hier kannst du Achtsamkeitsexpertin Britta Hölzel den Body-Scan als geführte Übung anhören praktizieren.

 

Fazit: Das Innere-Kind-Trauma heilen

Sich nach Geborgenheit und Schutz zu sehnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Ist dieses im Kindesalter nicht erfüllt worden, kann es zu einem Entwicklungs- oder Bindungstrauma kommen. Ein solches können wir zwar nicht ungeschehen machen, aber schon allein dies zu erkennen, sich seinen Themen liebevoll und geduldig zuzuwenden und sich Hilfe zu suchen, ist ein Schritt Richtung Heilung des inneren Kindes

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