Narzissmus-Test: Wie narzisstisch bin ich?

Narzisstische Persönlichkeitsstörung und narzisstisches Verhalten

Narzissmus an sich ist ein lebensnotwendiger Teil einer jeden Persönlichkeit – nur ist er ganz unterschiedlich stark ausgeprägt. Fachleute unterscheiden hier eine natürliche, angeborene narzisstische Abwehr als Selbstschutz, einen gesunden Narzissmus, der den Selbstwert stärkt und wachsen lässt, einen narzisstischen Persönlichkeitsstil mit verschiedenen narzisstischen Strategien, um erfolgreich und sicher durchs Leben zu kommen, sowie die sehr seltene narzisstische Persönlichkeitsstörung. 

Letztere ist eine Erkrankung mit ausgeprägtem Leidensdruck und erheblichen Problemen bei Betroffenen und deren Umfeld, nämlich dann, wenn die übertriebenen Annahmen und radikalen Kompensationen schädigen. Die Übergänge zwischen den narzisstischen Ausprägungen sind fließend. Aus einem noch erträglichen narzisstischen Stil kann unter bestimmten Umständen, bei Zunahme von Stressfaktoren, auch die Störung entstehen.  

In einer idealen Welt dürften soziale Beziehungen und deren Bedürfnisse nicht untergehen, wenn zu viel Selbstliebe und Selbstwichtigkeit ein bestimmender und erfolgreicher Teil einer funktionierenden Persönlichkeit sind.
Dr. med. Pablo Hagemeyer

An sich ist Narzissmus also nichts Negatives, solange er sich für den Betroffenen und sein Umfeld als nicht extrem störend entpuppt. Unangenehm fürs Umfeld wird es, wenn die Egozentrik der Narzisst:innen so stark überhand nimmt, dass sie Grenzen verletzt und erhebliche Nachteile wie emotionale, psychische und auch wirtschaftliche Schäden verursacht. Nervig, aber nicht unbedingt schädigend, wirkt ein:e Narzisst:in mit seinem bzw. ihrem Persönlichkeitsstil dagegen, wenn er »nur« alles bestimmt.

In einer idealen Welt dürften soziale Beziehungen und deren Bedürfnisse nicht untergehen, wenn zu viel Selbstliebe und Selbstwichtigkeit ein bestimmender und erfolgreicher Teil einer funktionierenden Persönlichkeit sind. Trotzdem geschieht manchmal genau das, denn Menschen passen sich eher an narzisstisch-dominante Persönlichkeiten an, um an ihrer Seite zu überstehen oder auch davon zu profitieren. Sich selbst aufgebend an dominante Narzisst:innen anzupassen ist aber nicht immer eine kluge Entscheidung.

Typisch narzisstisch ist das nach außen gewendete Bemühen, übertrieben gut wegzukommen, als Kompensation des gefürchteten, emotionalen Kontaktes mit den eigenen verborgen gehaltenen Inkompetenzen.
Dr. med. Pablo Hagemeyer

Selbsttest: Bin ich narzisstisch? 

 

 

Welche Narzissmus-Typen gibt es? 

Bevor du dich selbst testest, ist es sinnvoll die unterschiedlichen Narzissmus-Typen besser kennenzulernen.

Menschen mit einem narzisstischen Persönlichkeitsstil sind von ihrer eigenen Größe und Überlegenheit überzeugt, fallen aber gleichzeitig durch extrem egoistisches Verhalten auf. Vermutlich weniger als ein Prozent (je nach Studie) der Bevölkerung leidet an der schweren, narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS), dabei sind Männer etwas häufiger davon betroffen.

Fachleute unterscheiden drei Grundtypen von Narzissmus. Grandios, vulnerabel und kommunal. Ihnen allen ist gemein: Der Kern des narzisstischen Verhaltens ist immer die übertriebene Anerkennung und der besondere Schutz des eigenen Egos. Das Selbstwertgefühl von Narzisst:innen ist abhängig von Anerkennung, Bestätigung und auch Bewunderung und Lob durch andere. Während aber der eine Subtyp Anerkennung laut und deutlich einfordert, ist der andere Typ eher selbstunsicher, wertet sich selbst ab und ist gleichsam schwer emotional zu erreichen. Konkret werden diese drei Typen unterschieden: 

1. Grandios-stabiler Narzissmus: »Dickhäuter«

Diese Narzisst:innen halten sich selbst für absolut großartig, fühlen sich von ihren Mitmenschen eher wegen ihrer Großartigkeit beneidet und zeigen ein erhebliches Anspruchsdenken. Auf Kritik reagieren sie kaum, es juckt sie nicht. Die Inkompetenz sehen sie immer bei den anderen. Sie sind auffällig emotional unsensibel, unempathisch und manipulativ. 

Sie bevorzugen erfolgreiche Psycho-Strategien. Solange sie selbst sehr gut dastehen, ist alles sehr gut. Dabei sind sie auch gern große Selbstdarsteller:innen. Je kompetitiver ihr Umfeld, desto mehr blühen sie auf – oft sind sie beruflich sehr erfolgreich. Gerade im Privaten aber wirken Betroffene eher kühl und unnahbar. Gerät der/die grandiose Narzisst:in extrem unter Druck, was selten passiert, weil er/sie viel erträgt, kann es sein, dass dieser Druck über narzisstische Wutausbrüche oder perfide Angriffe kanalisiert wird.

 

2. Vulnerabel-fragiler Narzissmus: »Dünnhäuter«

Dieser Narzissmus-Typ wird auch als »verdeckter« Narzissmus bezeichnet: Betroffene sind eher neurotisch, schüchtern und ängstlich-vermeidend, oft leiden sie unter depressiven Verstimmungen. Sie nehmen sich Kritik anderer sehr zu Herzen und missverstehen noch so kleine Rückmeldungen als Angriff auf ihre Persönlichkeit. Sie sind häufig sehr sensibel, was man Narzisst:innen nicht pauschal unterstellen würde, und im Leben weniger erfolgreich. Je impulsiver und instabiler sie sind, desto bösartiger und zerstörerischer sind ihre Aktionen. Hieraus kann auch ein maligner Narzissmus entstehen, der körperlich gewaltbereit und emotional sehr impulsiv ist.

3. Selbstaufopfernder Narzissmus: »Mutter-Theresa«

Dieser Narzissmus-Typ ist der »Mutter-Theresa«-Typ. Menschen mit dieser Narzissmus-Ausprägung sehen sich als »Gottesgeschenk« für ihre Mitmenschen und streben nach anerkennender Selbstbestätigung. Ihr Engagement ist scheinbar frei von sichtbarem Egoismus. Sie sind in dem, was sie tun, ganz selbstlos und die Besten für die gute Sache. Sie sind die besten Zuhörer:innen, haben die besten Ratschläge, zeigen sich als die besten und aktivsten Aktivist:innen und halten sich für die fleißigsten Zuarbeiter:innen.

In Familiensystemen dienen sie fast selbstlos, fordern aber die Anerkennung stets ein und zeigen eine Straftendenz, wenn ihren überzogenen Ansprüchen an erwarteter Wertschätzung nicht Genüge getan wird. Häufig wählen sie Berufe im sozialen oder therapeutischen Bereich und belegen Ehrenämter.

Typisch narzisstisch ist nach moderner Lesart das nach außen gewendete Bemühen, gut und übertrieben gut wegzukommen, als Kompensation des gefürchteten, emotionalen Kontaktes mit den eigenen verborgen gehaltenen Inkompetenzen. Narzisstische Blender:innen können letztlich nicht immer liefern, was sie versprechen, und dadurch kann ihr Bemühen noch narzisstischer werden, bis sie daran zerbrechen.

Die Auffälligkeiten im Hinblick auf die (biologischen) Geschlechter sind vernachlässigbar und werden mittlerweile mit der Prägung durch die Gesellschaft in Verbindung gebracht. 
Dr. med. Pablo Hagemeyer

Männlicher und weiblicher Narzissmus

Sprach man vor einigen Jahren noch von »männlichem« und »weiblichem Narzissmus«, wird dieser Unterschied nur noch beim komplementären Narzissmus der Frau gemacht, die sich durch eigene Abwertung einem dominanteren männlichen Narzissten unterordnet. Die Auffälligkeiten im Hinblick auf die (biologischen) Geschlechter sind vernachlässigbar und werden mittlerweile mit der Prägung durch die Gesellschaft in Verbindung gebracht. 

Männer wie Frauen wachsen in bestimmte erwartete narzisstische Rollenvorstellungen hinein oder suchen sich Jobs, die zu ihnen passen. So konnte gezeigt werden, dass in Führungspositionen Männer (65-69 %) wie Frauen (61 %) nahezu gleich hohe Narzissmus-Werte haben (Harvard Business Manager, Mai 2021).

Bei erfolgreichen Männern ist häufiger der grandios-stabile Narzissmus zu finden, bei weniger erfolgreichen und teilweise auch körperlich gewalttätigeren Männern eher der vulnerabel-fragile. Doch darf man hier nicht zu scharf trennen, denn beiden Narzissmus-Typen ist gemein, dass sie sozial nicht gut verträglich sind. Die Schattenseite dieses Erfolgsmodells zeigt sich im zweiten Gesicht, das meist reuelos und skrupellos ist.

 

 

Ursachen für einen ausgeprägten Narzissmus

Hinter einem narzisstischen Persönlichkeitsstil verbirgt sich nach psychoanalytischer Lesart oft eine im Kern selbstunsichere Persönlichkeit, die um soziale Anerkennung nahezu fleht oder sich vor zu viel Kritik schützt. Die Schutzpersönlichkeit im Außen ist narzisstisch-selbstsicher. Auch wenn dies nicht immer stabil bleibt, was sich besonders bei der Persönlichkeitsstörung zeigt. 

Obwohl die genaue Ursache für die Störung nicht eindeutig auf einen Faktor zurückzuführen ist, scheint ihr Ursprung in unserer genetischen Ausstattung und in unserer Gehirnstruktur (präfrontaler Kortex im Vorderhin) zu liegen, die unseren emotionalen Stil definieren. Entscheidend ist dabei auch die Prägung in der Kindheit – dann nämlich, wenn der Grundstein für unser Sozialverhalten gelegt wird. Hier können ganz unterschiedliche Verhaltensweisen der engen Bezugspersonen dazu führen, dass Kinder narzisstische Charakterzüge entwickeln: Sowohl extremes Verhätscheln als auch enormes Anspruchsdenken der Eltern können dazu führen. 

Ein bisschen Narzissmus steckt in allen 

Mit unserem Narzissmus-Test kannst du herausfinden, wie sehr der narzisstische Teil deiner Persönlichkeit ausgeprägt ist. ACHTUNG: Es handelt sich bei diesem Test um keine ärztliche Diagnose für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, sondern er dient lediglich zu einer ersten Einschätzung deines narzisstischen Persönlichkeitsstils, die dich und deine sozialen Beziehungen betreffen. 

Sieh diesen Selbsttest als Denkanstoß, dich mit dir, deinen Gefühlen und Denkmustern auseinanderzusetzen. Neben der Einschätzung, wie stark ein narzisstischer Persönlichkeitsanteil bei dir ausgeprägt ist, bekommst du außerdem noch ein paar hilfreiche Tipps, die du konkret in deinem Alltag umsetzen kannst, um die Balance in deinem Leben aufrechtzuerhalten.

 

Quellen:

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