Ist es Trägheit oder schon Faulheit?

Manchmal macht es uns das Leben wirklich nicht gerade einfach und wir wollen uns keine zusätzlichen Aufgaben aufbürden. Doch die Philosophie des Yoga sieht es vor, dir dein Leben zu erleichtern, Klarheit in deinem Kopf zu schaffen und dem Körper etwas Gutes zu tun. Und so musst du dir die Frage stellen: Habe ich wirklich keine Zeit oder meldet sich mal wieder mein innerer Schweinehund?

 

Trägheit und Schwere

Wer kennt sie nicht, diese Tage, an denen einem alles schwer fällt? Diese Tage, an denen man kaum in die Gänge kommt. Tage, für die man sich ganz viel vorgenommen hatte und dann kaum etwas geschafft hat.... Tausend Gründe wissen wir, warum wir z.B. unsere Yogapraxis nicht beginnen konnten: Zeitdruck, das Wetter, Unwohlsein, dringende Verpflichtungen und dergleichen mehr. Wenn wir jedoch aufmerksam in uns hineinspüren, werden wir merken, dass es vor allem Trägheit war, die uns hinderte, das zu tun, was wir vorhatten.

Das Schwere und Träge wird im Yoga tamas genannt. Das Wort tamas meint allerdings auch das, was uns beschwert – z.B. schweres, fettes Essen -, was uns belastet –z. B. düstere Gedanken und Sorgen und was uns betrübt, also unser Gemüt verdunkelt. Tamas ist auch das Trübe und das Dunkle. Es engt uns ein, lähmt uns und macht uns schlimmstenfalls handlungsunfähig.

 

Tamas als Hindernis

Deshalb wird tamas als ein wirklich gravierendes Hindernis nicht nur für unseren Yogaweg, sondern auch für unseren Lebensweg angesehen. Solange uns das tamas regiert, sind wir zu trübsinnig und schwerfällig, um Veränderungen einzuleiten. Tamas verbündet sich gerne mit der Depression. Die Depression erschafft das Schwere und Lähmende, das wiederum die Empfindung der Depression nährt und erhält.

Deshalb gilt für die Yogis, dass wir lernen sollen, solches tamas zu überwinden. Da das Problem der Schwere und Trägheit wohl so alt wie die Menschheit ist, entwickelten die Yogameister schon ganz früh Methoden, wieder aktiv zu werden und den inneren Prozess in Gang zu halten.

 

Tamas als Verbündeter

Manchmal allerdings raten sie auch, uns mit dem tamas zu verbünden. Dann nämlich, wenn wir uns gerade mal wieder selbst überholen, wenn wir uns im Aktionismus verlieren und drohen, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Dann plötzlich offenbart uns tamas seinen guten Aspekt, nämlich Stabilität, Ruhe, Standhaftigkeit und Beharrungsvermögen.

Es geht eben immer wieder darum, die goldene Mitte zu finden – zwischen den Extremen, in dem individuell richtigen Maß. Dann können wir lernen, solch einen trägen, schwerfälligen Tag zu nutzen, um uns in ihm zu erholen, ohne schlechtes Gewissen sich ganz der Trägheit und dem Nichtstun hinzugeben, um am nächsten Tag wieder richtig loszulegen. Dann können wir lernen, auch einmal in die Tiefe der düsteren Gedanken hinab zu steigen, um aus ihnen wieder aufzuerstehen wie Phönix aus der Asche.

Lerne dein tamas kennen. Behindert es dich oder hilft wes dir, dich auszugleichen und zu stabilisieren?

Im Faulsein riskiere ich zu faulen und abzusterben. Deswegen ist Faulheit ein ernsthaftes Hindernis auf dem Yogaweg.
Anna Trökes

Faulheit vs. Trägheit

Faulheit ist etwas anderes als Trägheit. Trägheit ist eine schwere, statische und langsame Energie. Sie entsteht im Menschen zum Beispiel aufgrund seiner Konstitution, seiner Hormone oder seiner Ernährung. Das Träge wird dabei Teil des Naturells und kann als dieses sich auch in vielen guten Eigenschaften äußern wie Standhaftigkeit, der Fähigkeit, sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen zu lassen oder einer großen Erdverbundenheit.

Faulheit dagegen entsteht in unserer Persönlichkeit – dem Ego – und ist deswegen stark dem Willen unterworfen. Menschen, die faul sind, haben sich meist bewusst oder unbewusst entschlossen, faul zu sein. Manche kultivieren ihre Faulheit regelrecht und schauen verächtlich auf diejenigen, die sich immer mühen. Hinter dieser Faulheit verbirgt sich häufig eine bestimmte Gleichgültigkeit. Um all das, was einem nicht wichtig erscheint, muss man sich nicht bemühen oder kümmern. Vielmehr überlässt man lieber alles sich selbst.

 

Gleichgültigkeit hindert dich zu wachsen

Wenn mir mein Garten nicht wichtig ist, dann werde ich eine faule Gärtnerin sein. Ich werde den Garten sich selbst überlassen und mich darauf verlassen, dass in ihm schon alles seinen Lauf nehmen wird. Es wird mir egal sein, wie es den Pflanzen in diesem verwildernden Garten geht und werde sie weder pflegen noch kultivieren. Spricht mich jemand auf den jämmerlichen Zustand des Gartens an, werde ich viele Ausflüchte finden, wie das beliebte: “Mir fehlt einfach die Zeit!“

Wenn mir mein Körper nicht wichtig ist, dann werde ich auf »der faulen Haut liegen« bleiben. Ich werde meinen Körper sich selbst überlassen und darauf vertrauen, dass er schon irgendwie klar kommt. Es ist mir egal, wie es mir geht oder wie ich aussehe. Ich werde es weder für wichtig befinden, mich gut zu ernähren noch mich zu bewegen, denn beides verursacht Mühe und braucht Zeit. Spricht mich jemand auf den jämmerlichen Zustand meines Körpers an, werde ich viele Ausflüchte finden, wie das beliebte: „Ich bin einfach nicht eitel genug, um so viel Wert auf Äußerlichkeiten zu legen!“ 

Wenn mir meine innere Entwicklung nicht wichtig ist, werde ich ganz faul werden, wenn der Yoga Früchte tragen möchte und Veränderungen meines Lebensstils oder meiner Ansichten herausfordert. Die Faulheit wird mir helfen, meine inneren Widerstände und meine Ängste zu überdecken. Faulheit hat viel mit bewusstem Vermeiden zu tun. Im Faulsein riskiere ich zu faulen und abzusterben. Deswegen ist Faulheit ein ernsthaftes Hindernis auf dem Yogaweg, denn sie behindert mich, zu wachsen und mich zu entfalten.

Lerne deine Faulheit kennen. Werde dir bewusst, was sie dir hilft zu vermeiden. Ergründe das Wesen deiner Faulheit und was sie nährt und was sie besiegt. Sinne darüber nach, in welchen Bereichen dir etwas mehr Interesse und Enthusiasmus wohl tun würde. 

 

©Mira Burgund

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